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Kirche Prittitz Kirche Prittitz: Mit Spiel der Orgel erfüllt sich Vision

Von Sandra Littmann 15.07.2001, 14:12

Prittitz/MZ. - "Man sollte jeden Tag ein kleines Lied hören", hatte Goethe einst gesagt, als er von einer seiner Italienreisen nach Hause kam. Diesem Rat folgten am Sonnabendnachmittag so viele Menschen, dass die engen Holzbänke der kleinen Prittitzer Kirche restlos besetzt waren. Gehört wurden Stücke für Orgel und Flöten von Händel bis Buxtehude. Für einen wurde das Hören zu einem besonderen Genuss, nämlich zur Erfüllung einer Vision.

Professor Dr. Staudte aus Freiberg, der Teile seiner Jugend in der Gemeinde verlebt hatte, war zwei Jahre lang von einer leidenschaftlichen Besessenheit erfüllt, mit dem Ziel, die Orgel der Prittitzer Kirche wieder ordentlich bespielbar zu machen. 1995 zur Goldenen Konfirmation war dem inzwischen 70-jährigen Wissenschaftler der schlechte Zustand der Orgel aufgefallen. "Es fehlten Töne, sie drohte völlig zu verfallen", erzählte Staudte vor den zahlreichen Gästen.

Ein Kernstück seines Engagements war neben dem Bemühen um finanzielle Ressourcen die Recherche nach dem Erbauer des Instrumentes. Die ersten historischen Quellen hatten Hinweise darauf gegeben, dass es sich um eine Trampeli-Orgel handeln müsse. Doch vor allem Orgelbauer Georg Wünning aus dem erzgebirgischen Großolbersdorf bezweifelte dies. Nach derzeitigen Recherchen baute Mathias Vogler aus Naumburg 1793 das Instrument, der auch der Erbauer der Plennschützer Kirchenorgel ist.

Dass Vogler qualitativ hochwertige Arbeit geleistet habe, konnte nicht nur der jetzige Restaurator bestätigen, sondern wurde auch dadurch offenbar, dass der berühmte Weißenfelser Orgelbauer Friedrich Ladegast Mitte des 19. Jahrhunderts das Instrument reparierte und stimmte. "Ich denke, Ladegast hat diese Orgel gemocht", so Staudte, der herausgefunden hatte, dass Ladegast selbst in seinen Glanzzeiten, als er seine größte Orgel in Schwerin errichtete, für einen Obolus von nur vier Talern die Prittitzer Orgel stimmte.

Georg Wünning, der das Instrument in den letzten beiden Jahren restaurierte, zeigte sich ebenfalls begeistert. "Obwohl wir am Anfang fast mehr Holzwürmer als alles andere registrierten, ist es gelungen, einen gewaltigen Teil der Originalsubstanz zu erhalten," freute er sich. Über den Klang der Königin unter den Instrumenten bedurfte es keiner weiteren Worte, da das Trio mit Claudia und Oliver Lindner sowie Barbara Hahn auf eine faszinierende Art und Weise demonstrierte, wie die wirkliche Seele eines solch alten Instrumentes klingt. "Spuren sollen wir hinterlassen", meinte Staudte am Ende und hofft, dass auch seine zweite Vision, nämlich, dass die Orgel zum musikalischen Unterricht und für Konzerte genutzt wird, in Erfüllung geht. Mit Geschenken und Gratulationen wurde der Idealist danach überhäuft.