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Euthanasie Euthanasie: Gemischte Gefühle bei Sterbehilfe

Von Corinna Nitz 17.04.2001, 13:02

Wittenberg/MZ. - Mit Skepsis hat der Wittenberger Arzt Roland Rogge die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe (Euthanasie) in Holland beobachtet. Zwar sei die Verabschiedung dieses weltweit einmaligen Gesetzes nicht überraschend gekommen. "Anfreunden kann ich mich damit aber nicht", sagt der Internist, der im Paul-Gerhardt-Stift arbeitet. Er betont: "Ich möchte nicht entscheiden, was lebenswertes oder unwertes Leben ist. Letztlich würde ich immer für eine gute Schmerztherapie plädieren." Ob nun Schmerztherapie oder Tod auf Verlangen - das Euthanasie-Gesetz der Holländer wird auch unter Wittenbergern diskutiert. "Gut", findet es Mike Wünsche, der sagt: "Es bringt nichts, wenn alte Leute sich quälen."

Weniger sicher gibt sich der junge Mann, geht es um Leute seines Alters. "Da hätte ich Angst vor Missbrauch", räumt er ein. Von einer großen Verantwortung der Ärzte spricht darum der Pensionär Werner Hilprecht, der in diesem Zusammenhang an die Gräueltaten der Nazis im Dritten Reich erinnert. Dazu sagt Manfred Steinhoff, Richter am Landgericht in Dessau: "Es wird in diesem Land immer so getan, als könnte wegen der deutschen Vergangenheit das Thema hier nicht aufgegriffen werden. Nur darf nicht vergessen werden, dass die Menschen damals umgebracht worden sind, ohne dass jemand sie gefragt hat, ob sie sterben wollen." Einem Missbrauch dieser oder anderer Art habe der Gesetzgeber in den Niederlanden vorgebeugt: Der Patient muss todkrank sein und den Todeswunsch schriftlich formulieren. Zwei Ärzte bestätigen die Ausweglosigkeit der Situation. Sie dürfen von sich aus keinen entsprechenden Vorschlag unterbreiten. Dass jeder selbst entscheiden muss, ob er leben oder sterben will, findet auch Brigitte Kalbitz. Von einer "humanen Art zu sterben" spricht die Lutherstädterin, erklärt aber dann, "sehr christlich" zu sein. "Wir haben eigentlich kein Recht, ein Leben zu beenden."

Dass Ärzten so etwas leicht fallen würde, kann sie sich nicht vorstellen. "Ich habe den Eindruck, dass hier ein schwerwiegendes Problem an eine Berufsgruppe, nämlich die Ärzte abgeschoben wird. Meiner Meinung nach ist jedoch die ganze Gesellschaft gefragt", betont Internist Rogge. Dem stimmt auch der Jurist Steinhoff zu, der meint, dass sich in nicht wenigen Fällen, wo Alte oder seelisch Kranke sich den Tod wünschen, vor allem die Gesellschaft, in der diese Menschen leben, ändern muss. Positiv steht Katrin Dannenberg dem Thema gegenüber. Die junge Frau musste mit ansehen, wie ihre Mutter an Krebs gestorben ist. Sie sagt: "Für Schwerkranke finde ich das Gesetz auf jeden Fall sehr gut."