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Europameisterschaft 2012 Europameisterschaft 2012: Ukrainer bekommen bei Vorbereitungen kalte Füße

Von Ulf Mauder 18.09.2007, 14:48

Kiew/dpa. - Obwohl noch fünf Jahre Zeit sind, wachsen die Zweifel, ob das Land die EURO ausrichten kann. Der Präsident der Ukrainischen Fußball-Föderation, Grigori Surkis, tut sich schwer mit Optimismus für sein Land und Co-Ausrichter Polen. «Beide Länder haben vorgezogene Parlamentswahlen, und keiner der politischen Akteure bei uns kümmert sich derzeit um Fußball», sagt Surkis. Etwa 18 Milliarden Euro sollen in der Ukraine für die Europameisterschaft ausgegeben werden. Doch Machtspiele, politische Instabilität und Korruption verhindern die Vorbereitung.

Die Vereinigung der ukrainischen Sportjournalisten stellte fest, dass gegenwärtig kein Sender im Land im Stande sei, auch nur ein Spiel in die ganze Welt zu übertragen. Regelmäßig brechen in Kiew wegen Leitungsarbeiten Kommunikationsverbindungen zusammen. «Wir haben nur noch ganz wenig Zeit», warnt Surkis. Die Fans fragen sich vor allem, wie sie die Spielorte Kiew, Donezk, Dnjepropetrowsk und Lwiw erreichen sollen. Die Schienenwege sind marode, Unfälle keine Seltenheit. Die meisten Züge stammen noch aus Sowjetzeiten. Es fehlt an Autobahnen, Zufahrtstraßen zu den Stadien, Parkplätzen, Wasser- und Stromleitungen sowie Service. Flughäfen müssten erweitert werden.

«Wir brauchen schnelle Genehmigungsverfahren und harte Strafen für jeden, der Schmiergelder zahlt und jeden, der sie annimmt», betont Surkis. Die Beamten in den Behörden seien verunsichert, sagt ein Mitarbeiter der Kiewer Stadtverwaltung, der ungenannt bleiben will. «Keiner weiß, wie lange er seinen Posten hat, da hält sich das Engagement in Grenzen.» Auch Surkis fürchtet um den Erfolg des Großereignisses, das Wirtschaftskontakte vertiefen und das internationale Ansehen der Ukraine verbessern soll. Zum ersten Mal ist in einem früheren Ostblockstaat eine Fußball-EM geplant.

Nach den Wahlen soll sich im Oktober ein Koordinationsrat bilden, um mit den EM-Planungen durchzustarten. Vor allem müssten das Investitionsklima transparenter und Bürokratie abgebaut werden, unterstreicht die Delegierte der Deutschen Wirtschaft in Kiew, Karin Rau. Deutsche Unternehmen könnten die Erfahrungen von der WM 2006 einbringen. Beim ersten Treffen in diesem Monat in Kiew machten die Deutschen klar, dass sie gute Geschäfte machen wollen bis hin zu möglichen Namensrechten für Stadien. «Ukrainischen Unternehmen fehlt manchmal der Mut, in die eigene Wirtschaft zu investieren», sagt Architekt Karsten Fiebiger. Er ist seit Jahren in der Ukraine tätig und sieht «schwarz für die Fußball-EM, wenn sich nicht grundlegend alles ändert». Zur Unterstützung der Vorbereitungen hat der DFB seine WM-Unterlagen schon den ukrainischen Kollegen übergeben.

Die Stadt Lwiw hat laut ihrem Sprecher Ostap Prozik inzwischen alles selbst in die Hand genommen. Sie könne sich im Gegensatz zu anderen Spielorten nicht auf die Unterstützung reicher Oligarchen verlassen. Mehr als eine halbe Milliarde Euro sollen für den Fußball in die Stadt rollen. Ein ausländischer Investor werde von 2008 an ein neues Stadion bauen, zu den Bewerbern gehöre auch Hochtief. «Wir nehmen uns einfach einen erfahrenen Partner - ohne Ausschreibung», so Prozik. Der Flughafen solle bis 2012 ein neues Terminal erhalten, die Zahl der Hotelbetten auf 20 000 vervierfacht werden.

«Wir sind sehr motiviert, aber ein großes Problem ist auch, wer das alles bauen soll», betont Prozik. Das Land habe in den 90er Jahren Hunderttausende Arbeitskräfte verloren. «Wir brauchen ein staatliches Rückkehrerprogramm, um unsere Landsleute aus Portugal, Spanien, Italien und von anderswo zurückzuholen.» Die türkischen und moldawischen Gastarbeiter allein könnten die Projekte nicht stemmen.

Vor dem Olympia-Stadion in Kiew, wo das Finale geplant ist, können die Fans die EM kaum erwarten. «Natürlich werden wird das schaffen», sagt der 33-jährige Oleg mit Dynamo-Kiew-Schal um den Hals. Doch im Dauerstreit über Umbau oder Abriss und Neubau der Arena in der Stadt ist keine Lösung in Sicht. Schon jetzt ist das Stadion so unsicher, dass statt der möglichen 83 000 nur 50 000 Fans zugelassen werden.