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Boxen Boxen: In Bereitschaft

Von Petra Szag 12.03.2012, 22:05

Halle (Saale)/MZ. - Der Sandsack hilft, sich abzulenken. Immer wieder malträtiert Sebastian Knigge das Trainingsgerät, obwohl sein Puls längst rast und das T-Shirt klatschnass ist. Wenn das Training vorbei ist, er auf seinem Bett im Internatszimmer liegt, um sich von dem Gewaltakt in der Boxhalle zu erholen, dann kommen die Gedanken, gegen die man sich nur schwer wehren kann. Hoffentlich hat der Sandsack ab Mittwoch ein Gesicht, hoffentlich kann ich dann zeigen, was ich drauf habe - mag es dem Boxer durch den Kopf gehen. Beim Chemiepokal, seinem Heimturnier.

Nach außen hin gibt er sich gelassen. "Es bringt nichts, sich das Hirn darüber zu zermartern, ob ich beim Chemiepokal boxen darf", murmelt der Blankenburger. "Einfluss habe ich eh nicht darauf." Denn Knigge ist Standby-Boxer, also in Bereitschaft. Bewerben sich in seinem Limit bis 69 Kilo nicht mehr als 15 Kämpfer um die Trophäe, darf der Gastgeber das Teilnehmerfeld auffüllen. 16 ist die Obergrenze, will man in vier Tagen den Besten ermitteln. Die Chancen, dass Knigge dabei ist, stehen offenbar gut. "Sicher weiß ich das aber erst, wenn ich Mittwoch früh mit allen anderen über die Waage gegangen bin." Bis dahin heißt es, sich nicht verrückt zu machen.

Als der 22-Jährige mit seinen Vorbereitungen auf eines der weltgrößten Amateur-Turniere begonnen hat, war der Ausgang völlig offen. Den Jahresurlaub hat der Elektriker dennoch geopfert und so manche Arbeitsstunde über Gleitzeit verlegt. "Sich bei dem Turnier zu präsentieren, ist eine Riesenchance, gegen Weltklasseleute, vor den Augen der Auswahl-Trainer", erklärt der Weltergewichtler.

Dass es funktionieren kann, hat Knigges Trainingsgefährte Kevin Künzel bewiesen. Beim letzten Turnier im Vorjahr hatte es der gebürtige Merseburger als lokales Zugpferd in die Meldelisten geschafft - und sich mit einem Turniersieg für größere Aufgaben empfohlen. Mit seinen Siegen in der Weltliga etablierte er sich in der ersten Reihe, wird mittlerweile als Sportsoldat optimal gefördert. Auch Knigge hat das Zeug dazu, davon ist sein Heimtrainer Siegfried Vogelreuter überzeugt: "Er hat enormes Potenzial, ist ein guter Techniker und pflegt einen individuellen, guten Stil." So hat er es bis zum deutschen U-21-Meister und DM-Dritten bei den Männern gebracht. Was ihm noch fehlt, ist die Physis, die man sich als Feierabend-Boxer nur schwer antrainieren kann. "Und eine gewisse Reife", sagt Vogelreuter. Diese kann er sich bei Turnieren wie dem Chemiepokal holen. Das Heimturnier als Sprungbrett also.

Diese Strategie verfolgt das Landesleistungszentrum in Halle, in dem Talente aus ganz Sachen-Anhalt trainieren. Von denen soll der eine oder andere in den nächsten Jahren eine Turnier-Chance bekommen. "Wir haben uns beim Chemiepokal aufgedrängt, um dort unsere Fähigkeiten dokumentieren zu können", sagt Vogelreuter.

Knigge soll das - neben Künzel im Auswahltrikot - in diesem Jahr tun. Vogelreuter ist überzeugt, dass seine Jungs das schaffen. "Natürlich wird es schwer angesichts der starken Gegner. Und du kannst schnell gegen einen Weltmeister verlieren. Aber wir arbeiten ja auch nicht ins Blaue, orientieren uns am Spitzenniveau", sagt der Coach.

Der Chemiepokal im Maritim-Hotel Halle beginnt am Mittwoch 12 Uhr.