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Biathlon Biathlon: Neuner nimmt emotional Abschied

Von Andreas Morbach 29.12.2012, 18:31

Gelsenkirchen/MZ. - Irgendwann wurde es Herbert Fritzenwenger zu bunt. Ein paar Protagonisten seiner Veranstaltung wollte der Cheforganisator der Schalker Biathlon-Show schon neben sich auf dem Podium sehen. Weil aber einfach keiner kam, machte sich Fritzenwenger selbst auf die Suche. Aus dem zweiten Untergeschoss waberten noch die Rauchschwaden des vorangegangenen Stadionfeuerwerks langsam in die Höhe, als er Parterre das russische Sieger-Duo Jekaterina Jurlowa und Anton Schipulin sowie die viertplatzierten Deutschen Andrea Henkel und Andreas Birnbacher beim munteren Dinner aufgabelte.

Beim anschließenden Marsch vor die Mikrofone ebenfalls mit dabei: Magdalena Neuner, die strahlende Hauptdarstellerin des Abends, die ihr Weinglas noch einmal für ein paar Minuten beiseite stellte. Nach ihrem allerletzten Winken in Skijägerinnen-Montur, das, geschickt platziert zwischen den beiden Durchgängen des Hauptrennens, zum erwarteten Highlight der Biathlon-Sause im Ruhrpott geworden war.

Angefangen mit ihrer Lufteinlage à la Hollywood, als sie zur Musik des neuen James-Bond-Films Skyfall auf einem Trapez sitzend aus dem Gestänge des Hallendachs zur Erde schwebte. Gefolgt von Neuners separatem Abschiedswettkampf, bei dem sie trotz neunmonatiger Waffenabstinenz 22 von 25 Patronen ins Schwarze setzte und am Ende Zweite wurde. Und abgeschlossen mit Ehrenrunde, stehend dargebrachten Ovationen der 50 000 Zuschauer sowie lautstarker Gesangseinlage mit einem halben Dutzend ihrer liebsten Gefährtinnen aus der Skijägerei. "Mein Abschiedsrennen werde ich nie vergessen. Es war noch schöner als vorher gedacht", orgelte die 25-jährige Biathlon-Rentnerin aus dem Werdenfelser Land.

Neuner überwand bei ihrer Luftnummer, gestartet 42 Meter über dem Boden, nebenbei noch ihre Höhenangst - und verarztete zu guter Letzt auch erfolgreich die Achillesferse aus ihrer Zeit als Leistungssportlerin. "Ich habe mein letztes Biathlon-Rennen mit null Fehlern beim Stehendschießen aufgehört - das ist doch der Hammer", freute sich Neuner.

Greis' abruptes Laufbahnende

Weniger begeistert von seinem endgültigen Servus vom früheren Leben klang dagegen Michael Greis, der Dreifach-Olympiasieger von 2006. Anders als Neuner, die Doppel-Olympiasiegerin von 2010, die ihr Karriereende bereits zu Beginn ihres letzten Biathlon-Winters verkündet hatte, beendete der 36-jährige Allgäuer seine Laufbahn vor knapp vier Wochen abrupt. Weil er gleich auf der ersten Weltcupstation schmerzlich feststellen musste, dass die Jugend links und rechts an ihm vorbeigeschossen war. "Es ist schwer, wenn man mit dem Kopf nicht richtig dabei ist", erklärte Greis - als treueste Seele jener Gelsenkirchener Veranstaltung, an der er seit der Premiere 2002 immer teilgenommen hat.

"Hier hat meine Karriere vor zehn Jahren richtig begonnen", erinnerte Greis versonnen an seinen Sieg mit Martina Glagow, heute als Frau Beck verheiratet, bei der Premierenveranstaltung auf dem Berger Feld. Greis war damals 26 - ein Jahr älter als Neuner bei ihrer letzten WM, im März in Ruhpolding.

Auch deswegen bekam die volksnahe Gold-Lena am Ende die große Show. Sie, die das Biathlon-Theater im Revier stets mied - weil sie sich bei ihrem ersten Besuch vor sechs Jahren prompt erkältet hatte. Für ihren großen Tusch erschien Neuner nun zum zweiten Mal, wurde am Samstagabend am Ausgang des Stadions von Fan-Massen bedrängt und witzelte darüber, wie sie vor ihrem Rennen ratlos mit der Wachskiste im Keller der Schalker Arena stand und ihre Ski mit dem falschen Material malträtierte.

Während Michael Greis, der "wegen eines Kommunikationsproblems" ohne seinen Lieblings-Ski auskommen und stattdessen auf ein Trainingspaar zurückgreifen musste, sein Malheur leicht säuerlich kommentierte: "Ein paar schnellere Ski hätten mir das letzte Rennen schon versüßt."