Beratung zu Pflege Beratung zu Pflege: Wer erhält Pflegegeld?
Halle (Saale)/MZ. - Benötigen Menschen ständig Unterstützung bei der Körperpflege und im Haushalt, können sie Hilfe beantragen. Was zu beachten ist, erklären Experten:
Nicolette H., Mansfeld-Südharz:
Meine Mutter ist über 80 Jahre alt und langsam lassen ihre Kräfte nach. Würde es Sinn machen, eine Pflegestufe zu beantragen?
Die Gewährung von Leistungen aus der Pflegekasse hängen nicht vom Alter oder von bestimmten Krankheiten ab. Ausschlaggebend für das Zuerkennen einer Pflegestufe ist einzig und allein, wie viel Zeit für die Unterstützung in der Grundpflege (Ernährung, Körperpflege, Mobilität) sowie in der hauswirtschaftlichen Versorgung (Kochen, Einkaufen, Reinigung der Wohnung) benötigt wird. Für die Grundpflege ist ein täglicher Hilfebedarf etwa bei Pflegestufe I von mindestens 45 Minuten Voraussetzung. Für die hauswirtschaftliche Versorgung muss bei Pflegestufe I ein Mindestbedarf von 45 Minuten vorliegen. Wenn Sie meinen, dass bei Ihrer Mutter die Voraussetzungen für die Pflegestufe gegeben sind, sollte Ihre Mutter bei der Pflegekasse ihrer gesetzlichen Krankenkasse einen Antrag auf Pflegestufe stellen.
Iris F., Dessau-Roßlau:
Könnte ich als Tochter für meine Mutter einen Antrag auf Zuerkennung der Pflegestufe stellen?
Der Antrag auf Zuerkennung einer Pflegestufe muss in der Regel stets von dem Betreffenden selbst gestellt werden. Fungieren Sie als die Bevollmächtigte / Betreuerin Ihrer Mutter, können Sie den Antrag für Ihre Mutter stellen. Voraussetzung dafür ist, dass Sie über eine Vollmacht / Betreuerausweis verfügen. Diese müssten Sie als Kopie dem Antrag auf Pflegestufe beifügen. Den Antrag bekommen Sie bei der Pflegekasse der gesetzlichen Krankenkasse, bei der Ihre Mutter krankenversichert ist. Viele Kassen bieten die Anträge auch auf Ihren Internetseiten zum Herunterladen an.
Michaela S., Burgenlandkreis:
Ich möchte die Pflegestufe I beantragen. Wie läuft das praktisch?
Sie geben den ausgefüllten Antrag auf Pflegeleistungen bei Ihrer Pflegekasse ab. Diese beauftragt den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK) mit Ihrer Begutachtung. Der MDK stellt bei Ihnen zu Hause Ihren Hilfebedarf bei den täglichen Verrichtungen fest. Auf Basis dieses Gutachtens bekommen Sie von der Pflegekasse einen Bescheid über die Befürwortung oder Ablehnung der Pflegestufe.
Roswitha R., Bitterfeld-Wolfen:
Ich habe gehört, dass man bei Anerkennung einer Pflegestufe zwischen Sach- und Geldleistung wählen kann. Wovon ist das abhängig?
Wer eine Pflegestufe bewilligt bekommt, kann in der Tat zwischen einer Sach- und Geldleistung wählen. Sachleistung bedeutet: Ein ambulanter Pflegedienst übernimmt die häusliche Pflege. Daneben gibt es das Pflegegeld (Geldleistung). Dabei erhalten Pflegebedürftige einen entsprechend ihrer Pflegestufe festgelegten Betrag. Dieses Pflegegeld können sie zum Beispiel für die Betreuung durch einen Angehörigen oder Bekannten einsetzen. Es besteht zum Dritten aber auch die Möglichkeit, dass der Pflegebedürftige eine Kombination aus beidem, also aus Sach- und Geldleistung wählt. Die Leistungen werden dann anteilig gezahlt. Ein Beispiel: Kommt man zu einer Quote von 60 Prozent Pflegedienst und 40 Prozent Angehörigem in Pflegestufe I, bestünde ein Anspruch auf 270 Euro (60 Prozent von 450 Euro Sachleistung) für den Pflegedienst und 94 Euro (40 Prozent von 235 Euro Pflegegeld) als Pflegegeld. Gegebenenfalls kann man diese Leistung auch noch mit der teilstationären Pflege kombinieren, wobei man für einen Teil des Tages in einer Pflegeeinrichtung betreut wird. Dies ist für berufstätige Pflegepersonen eine gute Alternative, um Pflege und Beruf miteinander zu vereinbaren.
Margit F., Burgenlandkreis:
Ich habe gehört, dass nahestehende Verwandte weniger Geld bekommen, wenn sie die Verhinderungspflege übernehmen?
Das stimmt so nicht. Generell stehen für die Verhinderungspflege in allen Pflegestufen maximal 1 550 Euro pro Kalenderjahr für längstens 28 Tage zur Verfügung. Übernehmen Angehörige ersten oder zweiten Grades die Verhinderungspflege, dann wird jedoch die Höhe des Betrages grundsätzlich auf die Höhe des Pflegegeldes beschränkt, wenn keine weiteren Aufwendungen nachgewiesen werden, beispielsweise Verdienstausfall, Fahrtkosten. Anders verhält es sich bei stundenweiser Verhinderungspflege. Da hier nicht kalendertagemäßig abgerechnet wird, wird nur geschaut, dass der Aufwand-Höchstbetrag von 1 550 Euro pro Jahr für 28 Tage nicht überschritten wird.
Birgit M., Saalekreis:
Ab wann wird Pflegegeld gezahlt? Meinem Vater wurde die Pflegestufe I zuerkannt, aber er hat noch kein Pflegegeld bekommen.
Pflegegeld wird immer ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gezahlt, sobald eine Pflegestufe zuerkannt worden ist. In der Regel dauert es ein wenig, bis die erste Zahlung erfolgt. Auf jeden Fall bekommt Ihr Vater das Geld rückwirkend von dem Zeitpunkt an, zu dem die Pflegestufe beantragt wurde, wenn der MDK ab diesem Zeitpunkt das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit bestätigt.
Helga T., Wittenberg:
Für wie viele Tage kann ich Verhinderungspflege oder Kurzzeitpflege in Anspruch nehmen? Ich pflege meine Mutter.
Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege kann für jeweils maximal 28 Tage im Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Die Kosten dafür übernimmt Ihre Pflegekasse, maximal 1 550 Euro für 28 Tage im Kalenderjahr. Die Inanspruchnahme der Verhinderungspflege ist erst möglich, wenn die Pflegebedürftigkeit sechs Monate bestanden hat. Zur Unterscheidung: Bei der Verhinderungspflege kann ein Pflegedienst, ein Bekannter oder Verwandter an Ihrer Stelle die Pflege für diesen Zeitraum übernehmen. Bei der Kurzzeitpflege darf die Pflege des Betreffenden nur in vollstationärer Unterbringung erfolgen. Anträge sind bei der Pflegekasse des Pflegebedürftigen zu stellen.
Gerda F., Merseburg:
Kann man auf dem Antrag unter Punkt "Pflegeperson" auch mehrere eintragen?
Ja, es können sich mehrere Menschen um eine pflegebedürftige Person kümmern. Prinzipiell ist es sogar besser, die Belastung, die eine Pflege mit sich bringt, auf mehrere Schultern zu verteilen. Allerdings sollte man die Pflegezeiten dokumentieren, denn ab einem bestimmten Umfang besteht für die Pflegenden ein Anspruch auf eine Altersversorgung. Für Pflegepersonen in vielen Fällen sinnvoll ist es zudem, eine Vorsorgevollmacht zu besitzen.
Roswitha N., Wittenberg:
Ich pflege meinen Vater bereits mehrere Jahre. Nun musste er erneut operiert werden und ich würde gerne die Pflegezeit von einem halben Jahr in Anspruch nehmen. Muss mein Arbeitgeber zustimmen?
Ja. Für Arbeitnehmer besteht ein Rechtsanspruch auf die sogenannte Pflegezeit. Voraussetzung: Der Arbeitgeber beschäftigt mehr als 15 Mitarbeiter. Die Pflegezeit kann zwischen zehn Tagen und einem halben Jahr dauern. In dieser Zeit wird kein Gehalt gezahlt. Die Sozialabgaben übernimmt in dieser Zeit gegebenenfalls die Pflegekasse Ihres Vaters. Wenn Sie die Pflegezeit in Anspruch nehmen wollen, müssen Sie dies Ihrem Arbeitgeber spätestens zehn Tage vorher schriftlich anzeigen und ihn über die Dauer informieren. Er kann dann gegebenenfalls eine ärztliche Bescheinigung über die Pflegebedürftigkeit Ihres Vaters verlangen.
Martha F., Wittenberg:
Ich pflege meinen Mann seit Jahren. Er benötigt rund um die Uhr Betreuung. Ich kann langsam nicht mehr und brauche einfach mal ein paar Tage Ruhe nur für mich! Unsere Kinder wohnen weit weg. Und die Kurzzeitpflegeplätze in der Umgebung sind immer belegt. Was kann ich noch tun?
Wenn die Kurzzeitpflege für Sie nicht infrage kommt, besteht die Möglichkeit, dass Sie eine Verhinderungspflege beantragen. Hier stünden Ihnen jeweils für vier Wochen im Jahr maximal 1 550 Euro zur Verfügung, um einen Pflegedienst zu beauftragen, der Ihren Mann bei Ihnen zu Hause - zumindest tagsüber - pflegt. Eine andere Möglichkeit wäre die Reise in ein Pflegehotel. Solche Einrichtungen gibt es mittlerweile überall in Deutschland. In diesem Fall verreisen Sie mit Ihrem Mann gemeinsam (Fahrdienste werden angeboten), und er würde vor Ort rund um die Uhr von einem Pflegedienst betreut werden. Meist wird dies über die Verhinderungspflege abgerechnet. Allerdings sind die Kosten für Unterkunft und Verpflegung vom Pflegebedürftigen zu tragen.
Fragen und Antworten notierten Dorothea Reinert und Kornelia Noack.