ARD-Dokumentation ARD-Dokumentation: Mädchen in dunkler Welt
Köln/MZ. - Die in Bremen geborene Lorenz hat ein derart abenteuerliches Leben geführt, dass der Kontrast zu ihrer heutigen Existenz nicht größer sein könnte: Die einstige Geliebte Fidel Castros und spätere Agentin von CIA und FBI lebt heute 61-jährig in New York von der Sozialhilfe und ist nach mehreren Erkrankungen nicht mehr die Schönheit, die sie einst war. Doch wenn sie im Fernsehen Bilder des kubanischen Staatschefs in Badehose sieht, ruft sie lachend: "Süßer, Süßer! Alter Knacker, ich liebe dich noch." Als eine "ganz schwierige Persönlichkeit" bezeichnet sie Wilfried Huismann, der für seine Reportagen bereits mit drei Grimme-Preisen geehrt wurde und an diesem 1,3 Millionen Mark teuren Film zwei Jahre lang gearbeitet hat. Die "Unterwerfung unter starke Männer" ziehe sich wie ein roter Faden durch das Leben der Deutsch-Amerikanerin, doch Huismann spricht mit Sympathie und Mitgefühl von ihr. Als Kind wurde Marita Lorenz mit ihrer Mutter ins KZ Bergen-Belsen eingeliefert. Und nach Kriegsende wurde die Siebenjährige von einem US-Soldaten vergewaltigt. "Das hat mich stärker gemacht", behauptet sie im Film.
Huismann stellt auch Tochter Monica Mercedes vor, Maritas gemeinsames Kind mit Marcos Pérez Jiménez (von 1953 bis 1958 Diktator Venezuelas). Lorenz' unerhörte Karriere im Kalten Krieg beginnt 1959, als sie ihren Vater, einen Kapitän, nach Kuba begleitet. In Havanna taucht der junge Revolutionsführer Fidel Castro an Bord des Luxusschiffs "Berlin" auf und hat mit der hübschen "Alemanita" ein Techtelmechtel, das nicht folgenlos bleibt. Doch statt "Queen of Cuba" zu werden, wie Castro in Aussicht stellt, verlässt Marita Lorenz nach einer offenbar erzwungenen Abtreibung die Insel. Vom US-Geheimdienst wird sie mit Mordauftrag wieder zurück geschickt, aber sie zieht der Gewalttat eine weitere Liebesnacht mit Castro vor, kippt das Gift ins Bidet. Weitere Ereignisse klingen nicht minder abenteuerlich, besonders die Behauptung, sie habe Attentäter Lee Harvey Oswald ("eine Nervensäge") und noch andere Kennedy-Hasser kurz vor dem Präsidentenmord 1963 nach Dallas gefahren.
Huismann kann nicht jedes Detail erhärten, doch mit Hilfe von Zeugen die Stationen des unglaublichen Lebensweges von Marita Lorenz bestätigen. Am Ende reist Huismann mit ihr nach Kuba, um ihre alte Liebe wieder zu treffen. Ein Jahr lang warteten beide, doch nur Castros Sekretär empfing "Alemanita". "Es war ein einsames Leben", sagt sie, "weil ich ein Mädchen war in einer sehr dunklen Welt."