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Anbaden Anbaden: Signalhorn ruft zum Sprung in die Elbe

Von Karina Blüthgen 01.07.2001, 15:52

Wittenberg/MZ. - "Wir waren erst dann richtige Kerle, wenn wir einmal durch die Elbe geschwommen waren", erzählte Martin Baatzsch. Nur wenige Minuten später stürzte sich der gebürtige Wittenberger nach einem Hornsignal in die Strömung, zusammen mit rund 30 weiteren Mutigen. Nach fast 50 Jahren hieß es erstmals am Freitag wieder Anbaden vor der alten Wittenberger Strombadeanstalt aus den 30er Jahren, wo die Wassersport-Gemeinschaft (WSG) ihr Domizil hat. Etwa 200 Schaulustige verfolgten das Spektakel, manch einer zögerte noch vor dem Ausflug ins 22 Grad warme Wasser. "Ich habe zwar den Badeanzug mit, aber heute baden? Nein", meinte Annemarie Kaluza. "Als Kind habe ich hier schwimmen gelernt und bin auch rüber geschwommen."

Regelrecht begeistert waren Monika Konrad und Christa Oppermann. Auch sie seien schon als Kinder in der Elbe geschwommen. "Der Clou ist die Strömung", befand Christa Oppermann. Früher sei auf der anderen Elbseite ein richtiger Trampelpfad gewesen, auf dem die Schwimmer ein Stück stromaufwärts liefen, um durch die Strömung wieder an der richtigen Buhne zu landen. "Unsere Sportfreunde haben den Ehrgeiz, nicht mehr als zwei Buhnen weit abgetrieben zu werden", erzählte Wolfgang Knape von der WSG. "Man muss ja staunen, wie breit die Elbe ist. Vor allem wenn man drin ist." "Es war anstrengend, mehr als das", bekundete Uwe Gerlach, der zum ersten Mal durch die Elbe geschwommen war, seinen Respekt. "Ich traue mir schon zu, ordentlich schwimmen zu können. Aber das mit der Strömung muss man beachten." Martin Baatzsch erklärte, er habe die Strecke als Kind weiter empfunden. "Vor fast fünfzig Jahren bin ich zum letzten Mal durchgeschwommen. Das wollte ich mir heute nicht entgehen lassen." Baatzsch, seit 13 Jahren Winterbader am Bergwitzsee, ist ganz andere Temperaturen gewöhnt. "Aber heute war es wunderschön."

Es sei seit einigen Jahren wieder gang und gäbe, in der Elbe zu baden, erzählte Peter Bernhardt, Schatzmeister der WSG und Gründungsmitglied des Vereins. "Wir haben heute insgesamt mit 20 bis 30 Leuten gerechnet. Die Resonanz ist für uns Bestätigung, das Anbaden zur Tradition werden zu lassen." Eine Badeanstalt solle es jedoch nicht wieder werden. Dagegen will sich der Verein, der das Gelände hinter der Kuhlache seit 40 Jahren bewirtschaftet und auch Jugendlichen eine umfassende Ausbildung für das Verhalten auf dem Wasser zukommen lässt, an der alten Badeanstalt einiges tun. "Gaststätte, Klubraum für die Segler und Hausmeisterwohnung", breitete Bernhardt gedanklich Pläne aus. "Vor allem wollen wir uns für die Bevölkerung öffnen." Viele Wittenberger wüssten nämlich nicht, welch reizvolles Fleckchen Erde dort verborgen liege.