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Tabellenführer RB Leipzig Tabellenführer RB Leipzig: Und es ist nur die Spitze des Eisbergs zu sehen

Von Ullrich Kroemer 19.11.2016, 20:43
Jubelnde „Rote Bullen“ nach dem 3:2-Erfolg in Leverkusen.
Jubelnde „Rote Bullen“ nach dem 3:2-Erfolg in Leverkusen. GEPA pictures/Roger Petzsche

Leipzig - Als die Spieler von RB Leipzig am Samstagvormittag erstmals als Tabellenführer zum Auslaufen auf den Trainingsplatz schritten, brandete unter den paar Dutzend Trainingskiebitzen und Autogrammjägern Applaus auf. Der würdige Empfang für den auch nach elf Spielen noch immer ungeschlagenen Aufsteiger und neuen Tabellenführer.

Als dann Offensivspieler Marcel Sabitzer nach RB Leipzigs 3:2-Triumph bei Bayer Leverkusen als letzter auf den Rasen marschierte, raunten die Fans. Der 22-Jährige trug zwar eine Mütze, doch die zentimeterlange, genähte Wunde auf seiner Stirn war gut zu sehen. „Hast Du das gesehen?”, fragten sich die Fans erstaunt. „Der sah aus wie ein Zombie”, sagte ein Junge. „Dabei ist Halloween doch schon vorbei”, antwortete dessen Mutter.

Sabitzers Platzwunde in der Halbzeit genäht

Nach seinem Zusammenprall mit Leverkusens ungestümem Brasilianer Wendell hatte Sabitzer eine heftig blutende Platzwunde erlitten, die am Spielfeldrand getackert und später in der Halbzeit mit fünf, sechs Stichen genäht wurde. Sabitzer sah zwar reichlich blass aus, hielt aber über 90 Minuten hinweg durch. So taugte der ehrgeizige Österreicher am Tag nach dem Erfolg auch als Sinnbild für Einsatzbereitschaft, Moral und Willen, die RB Leipzig in dieser Saison so auszeichnen.

Trainer Ralph Hasenhüttl, der ebenfalls von den Fans beklatscht wurde, sagte nach der kurzen Einheit: „Wir haben dieses Spiel vor allem aufgrund unserer Mentalität gewonnen.” Ein paar ganz konkrete Beispiele dafür hatte der Erfolgscoach am Morgen seinen Spielern in der Kabine genannt und berichtete danach auch den Journalisten davon. „Es ist nicht selbstverständlich, dass sich ein Spieler wie Marcel Sabitzer mit einer solchen Platzwunde nicht auswechseln lässt, sondern in der zweiten Hälfte sogar noch eine Schippe drauf packt und 90 Minuten durchhält”, staunte Hasenhüttl.

Ralph Hasenhüttl: „Nicht akzeptieren, wenn etwas nicht läuft”

Als zweites Beispiel führte der Österreicher Ersatzspieler Benno Schmitz an, der in der 30. Minute für den verletzten Marvin Compper eingewechselt wurde. „Es ist auch nicht selbstverständlich, dass er derart gut ins Spiel kommt, nachdem ich ihm schon zwei oder drei Spieler vorgezogen und damit mehr oder weniger das Vertrauen entzogen hatte”, sagte Hasenhüttl. „Dass er dann so eine Leistung abruft und sich so zurückmeldet, das spricht für unsere Jungs. Das ist ein Schlüssel für unseren Mannschaftserfolg.”

Dabei hatte nach den ersten 45 Minuten einiges gegen Rasenballsport gesprochen. „In der ersten Hälfte ist so ziemlich alles gegen uns gelaufen, was man sich nur vorstellen kann”, sagte Ralph Hasenhüttl. „Wir waren nicht so mutig, nicht so ruhig am Ball, wie wir das in den vergangenen Spielen gemacht haben. Wir haben uns eine Spur beeindrucken lassen von Leverkusen. Doch der Trainer richtete das Team auf, appellierte an den Charakter seines Teams. „Es auf dem Spielfeld nicht zu akzeptieren, wenn etwas nicht funktioniert, ist eine Grundeinstellung, die wir versuchen zu predigen”, sagte er. Wie das Team die Partie in der zweiten Hälfte an sich riss und dominierte, sprach für sich.

Eisberg-Modell motiviert RB Leipzig

Hasenhüttl und Teampsychologe Sascha Lense hatten sich vor der Partie wieder eine treffende Motivations-Metapher einfallen lassen, um die Mannschaft zu pushen: Das Eisberg-Modell kennt man eigentlich aus der Freud’schen Psychologie. Das Trainerteam übersetzte das auf die Leistungsfähigkeit bei RB Leipzig, bei der aktuell nur die Spitze des Eisbergs zu sehen sei. Viel mehr schlummere noch unter der Oberfläche.

„Wir haben vor dem Spiel versucht, der Mannschaft ihr wahres Potenzial zu zeigen und dass wir heute alles davon brauchen werden, weil Leverkusen ein starker Gegner ist”, erklärte Hasenhüttl. „Vieles von dem, was wir an Potenzial haben, war noch gar nicht so sichtbar.” 

Vize-Kapitän Willi Orban: „Der Eisberg ist sehr, sehr groß”

Vize-Kapitän Willi Orban, der beim Siegtreffer zum 3:2 sein erstes Bundesligator erzielte, hilft solche Motivation. „Solche Bilder sind immer wieder eine schöne Inspiration, die uns verdeutlichen, wie viel Potenzial in uns steckt”, sagte der Innenverteidiger. „Gestern haben wir bewiesen, dass der Eisberg sehr, sehr groß ist. Einiges sieht man schon, unter Wasser ist noch sehr viel mehr.”

Zwar weiß Orban auch, dass RB „in den entscheidenden Momenten das Matchglück” hat, „dass du brauchst, um so ein Spiel auswärts zu gewinnen”. Doch dieses Glück müsse sich RB weiter erarbeiten, „dass wir unsere Serie so lang wie möglich aufrecht erhalten.”