RB Leipzigs Finanzen RB Leipzigs Finanzen: Wirtschaftlich gesund trotz hoher Schulden?

Leipzig - Als Oliver Mintzlaff am Sonntagvormittag in der Sendung von Sky-Talker Jörg Wontorra live zugeschaltet war, betonte RB Leipzigs Geschäftsführer gleich mehrfach, dass RBL nicht mehr ausgebe, als der Klub einnehme (Im Video oben ab 34:50 Minuten). Transfers in Höhe von 30, 40, oder 50 Millionen werde man auch in den kommenden Jahren nicht riskieren, betonte auch Sportdirektor Ralf Rangnick unlängst. Solides Wirtschaften am Cottaweg also?
Doch wie passt das mit den Zahlen des jüngst im Bundesanzeiger veröffentlichten Geschäftsberichts des Jahres 2016 zusammen, laut dem die RB Leipzig GmbH am 31. Dezember 2016 96,9 Millionen Euro Verbindlichkeiten hatte? Mehr als 83 Millionen Darlehensschulden allein bei Investor und Hauptsponsor Red Bull? Höhere Schulden drücken lediglich Schalke 04 (198,43 Mio.) und den Hamburger SV (105,5 Mio.). Basiert die Erfolgsgeschichte von RB Leipzig also auf Pump?
Red Bulls Anschubfinanzierung für RB Leipzig
Zumindest was den Aufstieg des Klubs in Bundesliga- und Champions-League-Sphären angeht. Getränkeriese Red Bull zahlte nicht nur einen hohen zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr – die genaue Summe offenbart der Bilanzbericht nicht – an Sponsoringleistungen. Sondern um das Start-up Rasenballsport am Markt erfolgreich zu machen, pumpte das Weltunternehmen Jahr für Jahr auch noch hohe Millionenbeträge als Darlehen in den Klub.
Im Vergleich zum Bilanzbericht von 2015 lieh Red Bull seinem Prestigeklub allein im Jahr 2016 etwa weitere 30 Millionen Euro. Anschubfinanzierung sozusagen – bis der Laden von alleine läuft.
Was die Financial-Fair-Play-Regeln des europäischen Fußballverbandes Uefa angeht, sei das Finanzierungsmodell a la RB laut Fußball-Finanzexperte Ludwig Hierl, Buchautor zum Thema und Professor an der DHBW in Heilbronn, „nicht bedenklich”. Hierl sagt: „Im Gegensatz zur TSG Hoffenheim, wo Dietmar Hopp Millionen-Verluste mit seinem in die TSG investierten Privatvermögen ausglich, muss RB Leipzig die Darlehen ja zurückzahlen.”
RBL will mit der Keita-Ablöse Schulden abbezahlen
Das tun die Leipziger nach eigenen Angaben inzwischen auch. Die Ablöse von etwa 70 Millionen Euro für Naby Keita (je nach aktueller Leistung von Keita – Einsätze, Tore und Assists – und RB – Punkte und Platzierungen) werde laut Mintzlaff auch dazu genutzt, um einen Teil der Schulden abzutragen. In der Bild-Zeitung gab Mintzlaff zu: „Wir haben eine finanzielle Starthilfe erhalten.”
Durchaus ein Vorteil im Vergleich mit anderen Klubs ohne Investor, da RB so unbürokratisch, schnell und mit Niedrigzinssätzen bei langen Laufzeiten (68,9 Millionen zurückzuzahlen in bis zu fünf Jahren) hohe Kredite bekam und bekommt. Laut Hierl, der den Zinsaufwand der Gewinn- und Verlustrechnung in Verbindung mit Höhe der Verbindlichkeiten des Vorjahres verglich, müsse RB lediglich ein Prozent Zinsen auf die geliehenen Millionen zahlen.
RB Leipzig: Kredite mit sehr niedrigen Zinsen
Ein kleiner Zinsvorteil gegenüber dem Darlehen bei einer Bank oder einem Unternehmen ohne Beteiligung. „Wenn wir theoretisch eine marktwertbasierte Bilanzierung machen würden, dann würde jeder sehen, dass unsere Vermögenswerte die Verbindlichkeiten deutlich übersteigen”, sagt Mintzlaff.
Generell bescheinigt Experte Hierl RB ein „weiter sehr solides und erfolgreiches Wirtschaften”. Dass RB Leipzig im Jahr 2016 1,12 Millionen Euro Gewinn gemacht hat, zeigt, dass es dem mittelständischen Wirtschaftsunternehmen – inzwischen wichtiger Wirtschaftsfaktor für Leipzig und die Region – trotz der hohen Schulden gut geht. Der Umsatz von knapp 120 Millionen Euro (Jahr 2015: 81,7 Mio.) zeigt steigende Einnahmen aus Sponsoring, Ticketing, Merchandising und TV-Geldern im Bundesliga-Aufstiegsjahr, in dem ja auch noch ein halbes Jahr zweite Liga mit verbucht wurde.
RB Leipzig nähert sich beim Umsatz den Top Five der Bundesliga
Henning Zülch, Wirtschaftsprofessor an der HHL, schätzt ein: „Mit einem Umsatz von 119,9 Millionen Euro nähert sich RB Leipzig bereits den Top Five in der Bundesliga.” Tendenz steigend, auch wenn der BVB (Umsatz 2016/17: 405,7) und der FC Bayern (2016/17: 640,5 Mio.) noch in anderen Ligen spielen.
So würde RB wirtschaftlich nur Ungemacht drohen – Argument vieler Kritiker –, wenn Red Bull das Interesse an seinem Fußballprojekt verlieren sollte. „Hauptrisiko des Klubs ist und bleibt, dass Herr Mateschitz sein Engagement einstellt, wovon aktuell allerdings auch nicht einmal ansatzweise auszugehen ist”, schätzt auch Experte Hierl ein. (mz)