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Oliver Burke im Interview RB Leipzig: Oliver Burke: "Zuschauen zu müssen ist eine unangenehme Sache"

Von Martin Henkel 14.07.2017, 07:15
Oliver Burke konnte sich bislang noch nicht bei RB Leipzig durchsetzen.
Oliver Burke konnte sich bislang noch nicht bei RB Leipzig durchsetzen. dpa-Zentralbild

Leipzig - Oliver Burke ist zurück im Training von RB Leipzig. Nach einer langen Sommerpause ist der Schotte diese Woche in die Saisonvorbereitung eingestiegen. Mit frohem Mut, seinen Posten auf der Reservebank des Vizemeisters nach einer Vorsaison voller Höhen und Tiefen mit Beginn seiner zweiten Spielzeit in Leipzig zu verlassen.

Die Erwartungen sind groß – auf beiden Seiten. Der Verein hofft auf einen Durchbruch des 15 Millionen Euro teuren Vorsommerzugangs, Burke auf die Chance, endlich konstant zu spielen.

Im Gespräch mit der Mitteldeutschen Zeitung skizzierte der 20-Jährige seinen Plan, sprach über Eltern im eigenen Haus und ob ein Leihgeschäft oder ein Verkauf eine Option ist, um an mehr Spielzeit zu gelangen.

Wie fühlt es sich an nach sechs Wochen Urlaub wieder in Leipzig zurück zu sein?
Es ist schön, die anderen Jungs nach so einer langen Zeit wieder zu sehen.

Fühlt es sich an wie nach Hause kommen?
Um ehrlich zu sein: Ja. Komisch, oder?

Kommt drauf an...
Ich habe jetzt meine Familie hier, das macht es noch gemütlicher.

Wer gehört dazu?
Meine Mutter, mein Stiefvater, meine kleine Schwester, meine Freundin. Und meine zwei Hunde.

Sie alle bleiben länger da?
Ja. Sie sind zu mir in mein Haus gezogen.

Manche Ihrer Kollegen haben sich beschwert, die Zeit sei zu lang gewesen.
Mir fehlt Fußball immer. Die erste Zeit war’s okay, ich war in Griechenland, der Schweiz und Dubai – hat Spaß gemacht. Nach vier, fünf Wochen aber habe ich schon gedacht: Okay, jetzt kann’s auch wieder losgehen. Ich will trainieren!

Sie sind vor einem Jahr von Nottingham Forrest nach Leipzig gekommen versehen mit dem Label „Naturereignis“. Viel gespielt aber haben Sie nicht. Was ist Ihre sportliche Situation nach der freien Zeit?
Ich bin auch in dieser Frage wirklich glücklich, zurück zu sein. Es beginnt mein zweites Jahr bei RB. Jetzt ist es an der Zeit, meine Qualitäten zu beweisen. Dafür muss ich öfters spielen. Ich denke, in meinem Alter ist es jetzt entscheidend, dass ich Spielerfahrung sammeln kann.

Würden Sie so weit gehen und sagen: Ich brauche einen Stammplatz?
Niemals. Ich weiß, dass ich immer noch in der Lernphase bin. Ich bin erst 20. Ich sage nur, ich brauche für meine Entwicklung jetzt Spielpraxis. Das gilt für alle Fußballer in meinem Alter.

Sehen Sie eine Lücke für sich in der Stammelf?
Lücken gibt es immer. Okay, die Mannschaft hat vergangene Saison großartig gespielt, aber das ist jetzt ein Neustart, eine neue Saison. Mal sehen was passiert.

Sie waren Stammspieler in der zweiten englischen Liga, wechseln für 15 Millionen Euro zu einem deutschen Aufsteiger, weil sich die Klubleitung enorm um Sie bemüht hat – und sitzen dann die meiste Zeit auf der Bank. Wie ist das für Sie?
(lacht) Ich würde nicht sagen, ich habe als Fußballer gerade die beste Zeit meines Lebens. Aber ich bin auch nicht naiv, so ist der Fußball, durch solche Zeiten muss man durch. Und ich habe auch kein Problem damit. Nur ich weiß, jetzt kommt eine Phase, da geht es um Einsatzzeiten, um Kontinuität, um Entwicklung. Ich glaube an mich, und ich werde so hart wie möglich an mir arbeiten.

Kann man auf einer Reservebank auch eine gute Zeit haben?
(lacht) Kann man bestimmt.

Sie auch?
Ich eher nicht. Zuschauen zu müssen, wie die Kollegen spielen, ist eine ziemlich unangenehme Sache für mich. Am Anfang konnte ich damit noch gut umgehen. So ist das Leben. Ich war auch bei Nottingham Reservespieler für eine Weile, aber dann hatte ich meinen Durchbruch und habe es in die Startelf geschafft habe. Aber gegen Ende der Saison war es sehr hart. Auch deshalb will ich jetzt natürlich mehr spielen. Ich hoffe, dass ich das umsetzen kann. Deswegen bin ich ja Fußballer. Und deswegen bin ich hier.

Sie haben bei ihren Einsätzen mal außen, mal in der Mitte gespielt. Wo fühlen Sie sich am wohlsten?
Ich denke, auf dem Flügel bin ich am besten aufgehoben. Dort habe ich bei Nottingham gespielt. Hier bei RB hat sich die Position etwas verschoben, was am Spielstil liegt. Man ist nicht so festgelegt auf eine fixe Position. Ich war mal Stürmer, mal auf der Zehn, mal auf dem Flügel.

Wie finden Sie das?
Das ist absolut okay für mich. Ich habe überhaupt gar nichts dagegen, neue Positionen zu testen. Das vervollständigt mein Spiel. Aber der Flügel, das ist schon am meisten meins.

Marcel Sabitzer hat diese Position vergangene Saison besetzt.
Stimmt. Marcel hat eine großartige Saison gespielt. Und er ist ein großartiger Fußballer. Wenn Sie jetzt vielleicht fragen wollen, ob mich das demotiviert - tut es nicht. Für Fußballer ist ein guter Kontrahent ein guter Anlass, selbst besser zu werden. Und wir beide haben ein gutes Auskommen miteinander. Ich habe mir vieles von ihm abschauen können.

Was kann Marcel Sabitzer, was Ihnen noch fehlt?
Fehlen würde ich nicht sagen, aber sein Positionsspiel vor allem beim Gegenpressen und in der Rückwärtsbewegung ist schon etwas, wo ich noch einiges lernen kann.

Wie groß war die Umstellung von Forrest zu RB?
In Sachen Stil: ziemlich groß. Das Tempo in Leipzig ist viel höher. Überhaupt ist der Stil ein ganz anderer. Das Gegenpressen im Kollektiv, das Umschaltspiel, das Positionsspiel. Ich hatte in Nottingham eine eher fixe Rolle, konnte meine Position oft halten und auf Konter lauern. Hier sind die Positionen und die Rollen viel fließender. Das waren alles sehr neue Inhalte für mich. Ich musste viel lernen. Und tue es immer noch.

Bekommen Sie Einzelunterricht?
Beides, wir schauen uns jedes Spiel noch mal in der Analyse an. Und ich tue das auch in Einzelsessions. Das Herausfordernde hier bei RB ist das Positionsspiel vorwärts und rückwärts. Wann sich bewegen, wie und mit wem. Jeder Fehler kann uns eine Menge kosten. Das ist faszinierend und macht uns so erfolgreich. Aber es ist auch komplett neu für mich gewesen.

Ist die Lernphase abgeschlossen?
(lacht) Nein. Aber ich verstehe immer besser, was ich wann wie tun muss und was von mir erwartet wird. Aber wie gesagt, ich muss das jetzt auf dem Platz umsetzen, um Sicherheit in meine Bewegungen und mein Spiel zu bekommen. Ich kann ja auch viel geben: vor allem Speed.

Wo liegen Ihre Schwächen?
Noch ist es vermutlich das Spiel gegen den Ball. Darauf wird mein Schwerpunkt jetzt liegen, um auf das Level der anderen zu kommen.

Mögen Sie das Leipziger Gegenpressing?
Sehr. Das macht uns aus und gefährlich. Mich macht das kompletter, es ist nur ziemlich neu für mich. Andere Spieler haben da definitiv einen Erfahrungsvorsprung. Deshalb auch die Spielpraxis. Wenn du vier, fünf Spiele auf der Bank gesessen hast und spielst dann von Beginn an, ist die Umstellung enorm. Du hast dann nicht die 100-prozentige Sicherheit bei Spielsituationen, die ohnehin neu für dich sind.

Wie ist Ihr Deutsch nach einem Jahr?
Um ehrlich zu sein, sprechen kann ich es noch nicht so gut, aber ich verstehe im Training die meisten Dinge. Das ist schon ein großer Vorteil. (lacht) Also ich neu war, dachte ich nur: Wo soll ich jetzt anfangen?! Bitte, kann mir jemand helfen!

Wäre ein Leihgeschäft eine Option, mehr Spielpraxis zu bekommen?
Im Moment nicht. Ich bin auf RB fokussiert. Und wenn es hier in Leipzig klappt, wäre das fantastisch. Ich fühle mich sehr wohl im Verein. Ich möchte hier allerdings nicht auf der Bank sitzen. Ich möchte spielen!

(mz)