Kommentar zu Martin Hinteregger Kommentar zu RB Leipzig: RBL-Fans sollten Pfiffe gegen Martin Hinteregger überdenken

Leipzig - Martin Hinteregger war mal wieder in der Stadt, und wie der junge Österreicher in der Red Bull Arena empfangen wurde, verleiht der Frage nach den fehlenden Traditionen bei RB Leipzig eine ganz neue Facette.
Martin Hinteregger nämlich ist bereits im zweiten Jahr hintereinander der Lieblingsbuhmann der Leipziger Fans, was sich durchaus als Einstieg in eine traditionelle Beziehung lesen lässt, und man darf es ruhig sagen: Martin Hinteregger ist der einzige Buhmann der Leipziger Fans.
Freitagabend beim Spiel gegen den FC Augsburg, bei dem Hinteregger seit Sommer 2016 angestellt ist, wurde der Innenverteidiger ausgepfiffen, sobald sich der Ball seinen Füßen näherte. Nichts Ungewöhnliches, möchte man meinen. Pfiffe gegen einzelne Spieler gehören zur Bundesliga-Folklore.
Leipziger Fans kennen sich aus mit Pfiffen gegen die eigenen Spieler
Und wo sonst wüsste man besser um dieses Brauchtum als im Umfeld des Red-Bull-Klubs vom Elsterflutbecken. Timo Werner hat damit vergangene Saison Bekanntschaft gemacht, er war der Lieblings-„Urensohn“ einer ganzen Nation, die den RB-Stürmer selbst bei der Darts-WM und einem Länderspiel im fernen Prag für das Kapitalvergehen schmähte, im Spiel gegen den FC Schalke nicht regelkonform und moralisch integer einen Strafstoß ermogelt zu haben.
Hinteregger auszupfeifen, hat also durchaus etwas Systemnormales, es gehört praktisch zum Kulturgut des deutschen Fußballs. Nur, wofür wird er eigentlich ausgepfiffen?
Hinteregger hat von 2009 bis 2016 für den Red-Bull-Mutterklub Salzburg gespielt. Sieben Jahre, das macht in der Summe einen Begriff, der nur noch selten im Zusammenhang mit Fußballprofis auftaucht: Jugendklub, Heimatklub. Hinteregger ist bei Salzburg „groß“ geworden.
Hinteregger wird für seine Loyaliät ausgepfiffen
Das muss man wissen, um zu verstehen, warum der kantige Verteidiger Sommer voriges Jahr seinen Wechsel nach Augsburg zum Anlass nahm, um gegen RB Leipzig auszutreten. Dorthin nämlich ist in den vergangenen Jahren eine ganze Riege ehemaliger Mitspieler gewechselt. Darunter Spieler wie Keita, Upamecano, Laimer, Ilsanker, Sabitzer, Gulacsi, Schmitz, Bernardo. Hinteregger hat das kritisiert, und zusammengefasst RB vorgeworfen, es würde Salzburg ausbluten.
Ist daran was falsch? Das Drama in der Aussage vielleicht. Aber dass das ein Problem für Salzburg gewesen ist, wenn in den vergangenen Jahren Sommer für Sommer die besten Spieler nach Leipzig übersiedelten, liegt auf der Hand. 14 Profis waren es. 14, nicht zwei.
Was Hinteregger tat, ist nicht verwerflich
Mehr aber noch zeigt Hinteregger mit seiner Kritik an Leipzig etwas, was man auch in der Messestadt durchaus zu schätzen weiß, weshalb das kaputte Verhältnis zu Hinteregger, sofern die Pfiffe nicht Folklore, sondern ernst gemeint sind, auf den Prüfstand gehört. Es ist etwas, das äußerst selten geworden ist im Profifußball, und deshalb eigentlich unter besonderen Schutz gehört: Loyalität.
Hinteregger, wenn man so will, hat also nichts anderes verbrochen, als sein Habitat zu verteidigen – ganz und gar unabhängig von der Haltbarkeit seiner Vorwürfe. Er hat Partei für seine Sache ergriffen, und diese Sache ist der Klub, bei dem er groß geworden ist. Ist das verwerflich? Mitnichten. Ist es ehrenswert? Man könnte drüber nachdenken.
(mz)