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Fanstand im Stadion Fanstand im Stadion: So emanzipieren sich kritische Fans von RB Leipzig

Von Ullrich Kroemer 10.03.2016, 16:25
Alternative Fankultur bei RB Leipzig: Fanstand der Rasenballisten
Alternative Fankultur bei RB Leipzig: Fanstand der Rasenballisten Rasenballisten e.V.

Leipzig - Fans von RB Leipzig werden überregional zwar als friedlich und selbstironisch, aber auch als unkritisch, konsum- und kommerzorientiert abgestempelt. Dabei ist die wachsende Rasenballsport-Fanszene mit ein paar Vorurteilen nur ungenügend beschrieben. Gerade weil sich die Anhängerschar der Leipziger in den vergangenen Jahren so rasant entwickelt hat – mittlerweile gibt es knapp 5000 organisierte Anhänger –, wird die Fanszene auch immer heterogener. Darunter sind längst nicht nur bedingungslose Befürworter des künftigen Bundesligisten, sondern auch kritische Köpfe, die den Klub hinterfragen.

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So wie Graham Kaufmann, Sprecher der Rasenballisten. Die laut Webseite „kritisch-fanatische Instanz” der rot-weißen Fanszene versteht sich als Korrektiv für eine „bunte, kreative und vielfältigere Kurve”. Kaufmann sagt: „Wir haben an uns selbst und an die Kurve den Anspruch, kreative und selbstbestimmte Wege zu gehen, Alternativen aufzuzeigen und die Wege dorthin möglich zu machen.” 

Erlöse aus dem Fanartikel-Verkauf fließen zurück in die Kurve

Seit mittlerweile sechs Jahren prägen die Rasenballisten einen Teil der RB-Fanschar. „Der Rasenballismus ist von Anfang an wichtiger Bestandteil der Kurve und darüber hinaus”, sagt Kaufmann. „Unser eigener Anspruch ist hoch, unser Engagement vielschichtig und mehrgleisig, und wir scheuen uns nicht davor, Kritik zu üben, falls es nötig ist.” Zur Not auch mit deutlichen Worten. „Die Identitätsbildung eines Fußballvereins kann und darf nicht allein einem Geldgeber überlassen werden”, sagt der Rasenballismus-Sprecher. „Selbst bei einem konstruierten Verein wie dem Rasenballsport bilden die Fans und ihr Wirken das Rückgrat.”

Seit Beginn des Jahres nun firmieren die Rasenballisten auch als eingetragener Verein (e.V.). Hintergrund: Seit dem ersten Heimspiel dieses Jahres sind Kaufmann & Co. mit einem eigenen Fanstand auf dem Stadiongelände präsent. Ein weiterer Schritt der Emanzipation der Fanszene vom Verein. Auf dem Stadionwall direkt hinter Fansektor B dürfen sie selbst entworfene, alternative RBL-Fanartikel anbieten – bei anderen Fanszenen hierzulande längst übliche Praxis. Kaufmann erklärt: „Wer sich aus gewissen Gründen vielleicht kein offizielles Vereinstrikot kaufen möchte, findet bei uns Alternativen, deren Erlöse zu 100 Prozent zurück in die Fankurve fließen. Für uns steht Leipzig, Rasenball und eine selbstbestimmte Fankultur im Vordergrund.” Dazu gehört auch eine klare politisches Bekenntnis. Auf einem Schal steht etwa: „Gemeinsam für Leipzig – Rasenball gegen Rassismus”.

„Wir pumpen Blut in die Venen, in denen vorher keines floss”

Auch wenn RB Leipzig sicher nicht alle Ansichten der Rasenballisten teilt, akzeptiert und toleriert der Klub das Engagement der Rasenballisten. Nach längeren Verhandlungen wurde schriftlich vereinbart, den Fanstand beziehungsweise Fanartikel aus der Kurve zunächst bis Saisonende zuzulassen. Dabei gibt es diverse Vereinbarungen, aus markenrechtlichen Gründen etwa dürfen die Rasenballisten nicht den begriff Rasenballsport, sondern nur Rasenball verwenden. „Wir unterstützen den Fanstand, weil dieser einfach seinen Teil zu einer gemeinsamen, aktiven und bunten Fankurve beiträgt”, sagt RBL-Pressesprecher Benjamin Ippoliti.

Nach der Testphase resümieren aktive Fans und RB Leipzig die ersten Monate. Ziel der Rasenballisten ist natürlich, das Projekt fortzuführen. „Durch den Fanstand können wir nun direkter mit den Menschen in den Dialog treten, aufzeigen welche Möglichkeit die aktive Fanarbeit bietet und in welchem Rahmen diese stattfinden kann”, sagt Kaufmann. Nach den ersten Wochen zieht er ein positives Fazit; viele Sticker und Schals seien bereits vergriffen und müssten nachbestellt werden. Rasenballismus kommt offenbar an in der Red-Bull-Arena. Ganz konkret dient die Initiative der teils ultraaffinen Fans dazu, die aufwändigen Stadionchoreografien zu finanzieren. Das ideelle Ziel der Rasenballisten formuliert Kaufmann unmissverständlich: „Wir sehen uns in der Pflicht, den Begriff ,Rasenballsport’ mit Leben zu erfüllen, wir pumpen quasi Blut in die Venen, in denen vorher keines floss. Rasenballsport und Rasenballismus funktionieren für uns nur zusammen.” (mz)