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Hallescher FC Hallescher FC: Tobias Müller - Vom Shootingstar zum Reservisten

Von Daniel George 26.08.2015, 06:05
Tobias Müller traf in Münster.
Tobias Müller traf in Münster. Archiv/Schulz Lizenz

Halle (Saale) - Tobias Müller fühlt sich ertappt. Sofort stellt der Stürmer des Halleschen FC seine Apfelschorle auf den Tisch. Er grinst. „Immer, wenn mir jemand diese Frage stellt“, sagt er, „dann bin ich sauer auf mich selbst.“

Die Frage ist eigentlich banal. Ob er neben dem Fußball noch studiert? Doch er muss ehrlich zugeben: „Ich habe mir bestimmt schon ein Jahr lang vorgenommen, ein Fernstudium zu beginnen. Aber bislang habe ich noch nicht den richtigen Studiengang gefunden. Und irgendwie habe ich das auch immer ein bisschen aufgeschoben.“ Nun sitzt der 22 Jahre alte Fußball-Profi in einem Innenstadt-Café und meint: „Ich sollte das jetzt ernsthaft in Angriff nehmen.“

Vom Shootingstar zum Reservisten

Böse Zungen würden behaupten, dass sich Tobias Müller schleunigst um ein Studium bemühen sollte, weil es auf dem Fußballplatz zurzeit so gar nicht läuft. Dabei ist vielleicht sogar das genaue Gegenteil richtig: Eine Abwechslung neben dem Sport könnte ihm helfen, zurück zu alter Stärke zu finden. Denn: „Ich bin ein Typ, dem es gut tut, sich abseits des Platzes mit etwas anderem zu beschäftigen. Wenn sich mein Leben 24 Stunden nur um Fußball drehen würde, wäre ich nicht glücklich.“ Um das nicht falsch zu verstehen: Er liebt den Sport. Aber: „Es kann nicht schaden, auch andere Sachen wahrzunehmen.“

Der Sommerneuzugang des HFC wurde in der Drittliga-Saison bislang nur zweimal eingewechselt, 32 Minuten stand er auf dem Platz. Im DFB-Pokalspiel gegen Eintracht Braunschweig saß er sogar nur auf der Tribüne. „Das ist das schlimmste Gefühl für einen Fußballer“, gibt der 22-Jährige zu, „wenn dir der Trainer das mitteilt, ist es schon sehr frustrierend.“

Für Tobias Müller liefen die vergangenen zwei Jahre häufiger ziemlich frustrierend. In der Spielzeit 2013/2014 machte er für Dynamo Dresden kein Spiel über 90 Minuten. Auch in der vergangenen Saison wurde es kaum besser, ein Syndesmosebandriss setzte ihn drei Monate außer Gefecht.

Am Mittwoch kehrt er mit seinem neuen Klub nach Dresden zurück. Dorthin, wo er einst als Shootingstar gefeiert wurde. In der Rückrunde der Zweitliga-Spielzeit 2012/2013 wurde Müller vom damaligen Dynamo-Trainer Peter Pacult ins kalte Wasser geworfen - und trumpfte auf: vier Tore und drei Vorlagen. Tobias Müller wurde gefeiert, Dresden sicherte sich den Klassenerhalt. „Das war eine sehr aufregende und prägende Zeit für mich“, sagt der Angreifer. Eine Zeit, in der alles so einfach war. „Da hieß es nur: Fußball spielen und den Kopf ausschalten. Ich denke, das ist bei vielen jungen Spielern so, von denen nichts erwartet wird und die einfach ins kalte Wasser geworfen werden.“ Kein Druck, keine Last, keine Erwartungen. Wobei: „Ich würde nicht sagen, dass ich ein Problem damit habe, mit Druck umzugehen.“

Extraschichten im Kraftraum

Aber in den vergangenen zwei Spielzeiten hat sich etwas verändert. Das weiß auch Tobias Müller. „Mir ist diese Selbstverständlichkeit, diese Lockerheit und vielleicht auch ein bisschen Selbstbewusstsein abhanden gekommen.“ Aber ein Kopfproblem? Müller lächelt. „Ich würde mich ganz und gar nicht als psychisch kranken Spieler oder so etwas bezeichnen.“ Und dieser Eindruck entsteht auch zu keiner Zeit - weder auf dem Trainingsplatz, noch im Gespräch.

Tobias Müller ist sich seiner unbefriedigenden Situation bewusst. Seine Sternstunden vor zwei Jahren trägt er trotzdem wie einen kleinen Rucksack mit sich herum. Aber er ist noch immer jung. Und: „Ich will mir nicht nachsagen lassen, dass das damals nur ein einmaliger Ausreißer nach oben war.“

Deshalb schiebt er regelmäßig Extraschichten im Kraftraum. Weil Trainer Sven Köhler ihm gesagt hat, er müsse körperlich robuster werden. „Wer nicht spielt, muss immer ein bisschen mehr arbeiten als die Stammspieler“, weiß Müller. „Ich lasse mich nicht entmutigen und versuche einfach, mein Ding durchzuziehen.“

Sein Vertrag beim HFC gilt bis zum 30. Juni 2017. Müller hat sich in seiner Innenstadt-Wohnung inzwischen eingerichtet, seine Freundin lebt dort mit ihm. Der junge Stürmer möchte sich in der Saalestadt durchsetzen. „Umso mehr Einsatzminuten ich bekomme, desto besser finde ich meinen Rhythmus.“ Am liebsten schon bei einer Einwechslung am Mittwochabend gegen seinen Ex-Klub. Ein Erfolgserlebnis wäre gut, vor allem für den Kopf. Denn was er noch ernsthafter als seine Studiengangsuche in Angriff nehmen möchte, ist sein Durchbruch beim HFC. (mz)

Die MZ tickert live aus dem Stadion in Dresden. Der MDR überträgt ab 20.15 Uhr im TV und im Livestream.