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Saison-Abbruch oder Geisterspiele? Saison-Abbruch oder Geisterspiele?: Auf diese Klubs kommt es in der 3. Liga jetzt an

Von Christoph Karpe 20.04.2020, 08:36

Halle (Saale) - Jens Rauschenbach, der Präsident des Halleschen FC, gilt als Rädelsführer. Jedenfalls bekommt er gerade über diverse Kanäle Nachrichten von mehr oder weniger wichtigen Menschen aus Fußball-Deutschland, die ihn als Anstifter für jenes „Positionspapier“ sehen, das am Freitag die dritte Fußball-Liga erschütterte. Einige Reaktionen sind nicht freundlich.

Rauschenbach lässt sich von Kritik, wie sie zuvor schon Günther Gorenzel, Sportchef von 1860 München , an ihm geäußert hatte, zwar nicht erschüttern. Er will sie aber trotzdem so nicht stehen lassen. Der Hallesche FC sei schließlich wie der 1. FC Magdeburg nur einer der acht Klubs, die sich den Plänen des Deutschen Fußball-Bundes und einiger Mitkonkurrenten widersetzen und die Saison möglichst alsbald per Abbruch beenden möchten.

Corona-Krise DFB will über Insolvenzen großzügig hinwegsehen

Der DFB hatte zuvor in Person von Vize-Präsident Rainer Koch, auch Landeschef in Bayern, die bayerischen Klubs auf gegensätzlichen Kurs gebracht. Das Quintett möchte die Serie notfalls mit Geisterspielen beenden. Das sei wirtschaftlich vernünftig und vor allem sportlich fair - so ihre gemeinsame Position. Und falls die wirtschaftliche Rechnung dann doch nicht aufgeht, will der DFB über eventuelle finanzielle Defizite oder gar Insolvenzen großzügig hinwegsehen.

Was auch Magdeburgs Coach Claus-Dieter Wollitz irritiert. „Viele Vereine müssten bei Geisterspielen eventuell Insolvenz anmelden. Daher kann ich es nicht nachvollziehen, Vereine bewusst in Insolvenzen führen zu wollen“, sagte er beim Online-Portal „Spox.com“. Wollitz bestätigte mit dieser Aussage die Stimmungslage in der Gruppe der Abbruchbefürworter.

Aber es muss eine Entscheidung her - sobald wie möglich. Und die möglichst unabhängig von politischen Dekreten. Am kommenden Freitag - einen Tag nachdem die Deutsche Fußball-Liga (DFL) zur ersten und zweiten Bundesliga eine Entscheidung fällen möchte - soll es die nächste offizielle Beratung geben.

Abbruch oder Geisterspiele? Entscheidung für 3. Liga soll am Freitag fallen

Wirft dann jeder Klub einen Zettel auf den virtuellen Tisch mit seinem Votum, Abbruch oder Weitermachen (sofern behördlich genehmigt)? Und wird dann entscheiden, je nachdem welche Gruppe die Mehrheit hat? Womöglich kommt es so. Dann könnten die weiteren Rahmenbedingungen ausgehandelt werden. Vor diesem Hintergrund ist es spannend, die Stimmungslage bei nach außen hin unentschlossenen Klubs auszuloten.

Duisburg ist der Spitzenreiter. Natürlich käme den „Zebras“ ein Abbruch gelegen - sofern die Saison nicht annulliert wird. Was die acht Abbruch-Befürworter ja auch nicht wollen. Duisburg würde sich wohl auf deren Seite schlagen, möchte das vermutlich nur nicht so sagen, um dem Vorwurf zu entgehen, man schlage bereitwillig Kapital daraus.

Von Viktoria Köln war zuletzt zu hören, es gelte, „sich nach den behördlichen Vorgaben zu richten, damit zu gegebener Zeit die bestmögliche Entscheidung getroffen werden kann“. Das sagte Geschäftsführer Axel Freisewinkel im Kölner Stadtanzeiger. „Ich kann jeden verstehen, der sagt, dass es für sie besser ist, wenn man abbrechen würde“, hatte der sportliche Leiter Franz Wunderlich im Express gesagt. Der abstiegsbedrohten Viktoria käme ein Abbruch nicht ungelegen.

Wie entscheiden sich FCK und Uerdingen?

Kaiserslautern hält sich raus. Man werde in keine Richtung eine Meinung abgeben. Doch der viermalige Meister steht zum einen mit Roten Zahlen im zweistelligen Millionenbereich, wirtschaftlich vor dem Kollaps. Ihm würden nur Spiele mit Zuschauern - Lautern ist mit im Schnitt 19.275 Fans pro Spiel in diesem Punkt Liga-Primus - ein wenig helfen.

Zum anderen: Sportlich kann der Klub nichts mehr gewinnen. Mit nur 34 Punkten hat der FCK als Tabellen-14. nur einen Zähler mehr als der FCM und der HFC. Das Risiko eines Abstiegs ist also auch in der Pfalz gegeben. Und deshalb käme ein Abbruch hier auch nicht ungelegen.

Der KFC Uerdingen liegt als Elfter der Tabelle fünf Zähler hinter einem Aufstiegsplatz. Die Verantwortlichen des Klubs halten sich zurück. Nur ein Spieler preschte vor: „Es hat aus meiner Sicht keinen Sinn, in der dritten Liga und der Regionalliga weiterzuspielen“, sagte Abwehrmann und Weltmeister Kevin Großkreutz im Sport1-Interview.

Eintracht Braunschweig ändert Meinung zum Abbruch der 3. Liga

Der SV Meppen hat als Tabellenvierter Aufstiegschancen. Für ihn wäre eine Absage bitter. Doch Trainer Christian Neidhardt hatte beim NDR schon gesagt: „Ich weiß nicht, wie die Saison wieder aufgenommen werden kann.“ Finanziell kämen die Meppener bei einem Abbruch besser weg.

Eintracht Braunschweig gilt seit Freitag offiziell als Befürworter einer Fortsetzung der Saison mit Geisterspielen. Aber nur, weil der Vorstand des BTSV den Vereinspräsidenten inzwischen wieder auf die Linie des DFB eingenordet haben soll. „Ich halte es für unverantwortlich, jetzt kurzfristig mit Ligaspielen zu beginnen und befürworte auch keine Geisterspiele“, hatte Klub-Chef Sebastian Ebel vor gut einer Woche gesagt. In einer Klub-Mitteilung heißt es nun, er möchte einen „sportlichen Wettbewerb“.

3. Liga: Mehr Aufsteiger aus Regionalligen durch Aufstockung?

Den möchten ja auch die acht Klubs, die für einen Abbruch plädieren. So steht es in jenem „Positionspapier“: „Sportliche Wettbewerbe sollten auf dem Rasen entschieden werden und nicht am grünen Tisch.“ Andererseits: „Aber wir sind auch davon überzeugt, dass der Preis für eine Fortsetzung der Saison nicht unverantwortlich hoch sein darf“, heißt es mit dem Hinweis auf nicht abschätzbare gesundheitliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Risiken.

Also unterbreiteten die Klubs den Vorschlag, „dass der aktuelle Tabellenstand im Hinblick auf den Aufstieg gewertet wird, der Abstieg dagegen ausgesetzt wird“. Die dritte Liga soll mit den Topteams der Regionalligen aufgestockt werden.

Anfang Mai könnte der Trainingsbetrieb wieder aufgenommen werden - mit allen Einschränkungen, die die Corona-Krise verlangt. Ein Spielbetrieb wird aber immer unwahrscheinlicher. Zumal die Wankelmütigen anscheinend eher zum Abbrecher-Lager neigen. (mz)

Abbruch oder Forsetzung der 3. Liga: Die aktuelle Interessenslage

Für Abbruch (8 Vereine): Hallescher FC, 1. FC Magdeburg, Carl Zeiss Jena, Waldhof Mannheim, Großaspach, Chemnitzer FC, FSV Zwickau und Preußen Münster

Für Fortsetzung mit Geisterspielen (7 Vereine): Unterhaching, 1860 München, Würzburger Kickers, FC Ingolstadt, Bayern München II, Hansa Rostock und Eintracht Braunschweig

Noch unentschieden (5 Vereine): MSV Duisburg, 1. FC Kaiserslautern, SV Meppen, KFC Uerdingen und Viktoria Köln

Halle und 1860 prallen auch außerhalb des Spielfeldes zusammen.
Halle und 1860 prallen auch außerhalb des Spielfeldes zusammen.
H. John