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Auszüge aus Buch „Keine Kraft“: Warum Hitzfeld nicht Bundestrainer wurde

Ottmar Hitzfeld berichtet offen wie nie über die Herausforderungen seines Jobs. Mental ging es ihm nicht nur ein mal schlecht. Auch deswegen wurde er nie Trainer der Nationalmannschaft.

Von dpa Aktualisiert: 11.08.2025, 08:30
Hat sich offen über mentale Probleme während seiner Karriere als Trainer geäußert: Ottmar Hitzfeld
Hat sich offen über mentale Probleme während seiner Karriere als Trainer geäußert: Ottmar Hitzfeld Robert Ghement/epa/dpa

Berlin - Mentale Probleme und Erschöpfung haben in der Vergangenheit ein Engagement von Ottmar Hitzfeld als Fußball-Bundestrainer verhindert. Das geht aus Auszügen des am 18. August erscheinenden Buchs „Mensch Fußballstar“ des Schweizer Journalisten Andreas Böni hervor, die von der „Bild“-Zeitung veröffentlicht wurden.

„Drei Tage lang liege ich fast nur im Bett und grüble. Es ist brutal. Auf der einen Seite ist das Angebot als deutscher Nationaltrainer verlockend“, wird der mittlerweile 76 Jahre alte Hitzfeld zitiert: „Auf der anderen Seite weiß ich, dass ich keine Kraft habe. Ich hätte am liebsten nur die Decke über den Kopf gezogen und weitergeschlafen.“ Hitzfeld berichtet von Rückenschmerzen und Schlafproblemen: „Es ist grausam, wenn du plötzlich keine Kraft mehr hast.“

Hitzfeld wollte „nie mehr Trainer sein“

Für ihn sei wegen der psychisch und körperlich belastenden Situation klar gewesen, „dass ich das Angebot als deutscher Nationaltrainer ablehne. Für einen neuen Job musst du ausgeruht sein. Und ganz ehrlich: Zu jenem Zeitpunkt will ich nie mehr Trainer sein.“ 

Eineinhalb Jahre zieht sich Hitzfeld nach Engelberg in die Schweizer Berge zurück und nimmt eine bewusste Auszeit. „Erst fast drei Jahre später bin ich wieder so richtig bereit zu arbeiten“, berichtete er: „Seither habe ich übrigens auch das Handy lautlos gestellt. Früher dachte ich immer: Jede Nachricht ist wichtig, ich muss Tag und Nacht erreichbar sein. Das war der größte Fehler.“

„Da realisiere ich: Ich brauche Hilfe“

Der frühere Trainer von Borussia Dortmund und Bayern München berichtete von einem besonders einprägsamen Moment. „Mein Schlüsselerlebnis habe ich dabei im Auto. Ich habe plötzlich ganz schlimme Platzangst. Ich bekomme Atemnot, alles wird eng, ein furchtbares Gefühl. Erst durch das Runterkurbeln der Scheiben wird es besser“, hieß es von Hitzfeld: „Da realisiere ich: Ich brauche Hilfe. Ich brauche einen Psychiater. Dieser verschreibt mir Tabletten, Antidepressiva. Sie helfen mir, mich zu beruhigen.“

Immer wieder habe ihm sein Körper Signale gesendet, dass alles zu viel wird. „Das Problem als Fußballtrainer ist, dass dein Innen- und dein Außenbild bisweilen weit auseinanderklaffen. In der Öffentlichkeit kannst und willst du keine Schwäche zeigen. Du frisst vieles in dich hinein“, hieß es von Hitzfeld. 

Die Signale ignoriere man. „Weil du denkst: Es ist unmöglich, dass ich jetzt mal drei, vier Wochen nichts mache und mich einfach nur erhole“, betonte Hitzfeld. „Du bist im Hamsterrad gefangen. (...) Damals, vor dem Jahr 2004, verlor ich langsam und kontinuierlich die Kraft: Ich schaffe es nicht mehr abzuschalten.“