Nach Erdogan-Affäre Erdogan-Affäre: Mesut Özil äußert sich zu Treffen mit türkischem Präsidenten

London - Mesut Özil tritt aus der Fußball-Nationalmannschaft zurück. Der 29 Jahre alte Weltmeister zog in seiner Erklärung am Sonntag via Twitter damit die Konsequenzen aus der öffentlichen Kritik und den Attacken wegen seiner Fotos mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan vor der WM.
Özil hatte sich auf seinen Social-Media-Profilen erstmals öffentlich zur Erdogan-Affäre geäußert und sich zu dem Foto mit dem türkischen Staatspräsidenten bekannt. Özil erklärte, er habe sich im Mai zu dem Foto mit Recep Tayyip Erdogan aus Respekt vor dessen Präsidenten-Amt bereit erklärt - unabhängig von der Person. Ähnlich hätten die Queen oder die englische Premierministerin Theresa May gehandelt, als sie sich mit Erdogan trafen.
Das Foto habe aber keine politische Botschaft oder sei als Wahlhilfe zu verstehen gewesen, betonte Özil. Er habe sich mit Erdogan wie bei früheren Treffen nur über Fußball unterhalten. Zudem betonte Özil: „Was auch immer das Ergebnis der letzten Wahlen gewesen wäre, oder der Wahlen davor, ich hätte das Bild trotzdem gemacht.“
Özil verweist auf seine Wurzeln
Außerdem verwies der 29-Jährige auf seine Wurzeln. „Ich habe zwei Herzen, das eine ist deutsch, das andere türkisch“, schrieb er. Seine Mutter habe ihn stets gelehrt, Respekt zu zeigen und nie zu vergessen, „wo ich herkomme“. Hätte er sich geweigert, Erdogan zu treffen, hätte er seine Wurzeln verleugnet, meinte Özil.
Kritik an Medien und Sponsoren
Im zweiten Teil einer Erklärung zu den umstrittenen Erdogan-Fotos hat Özil deutsche Medien und einen Sponsor der Fußball-Nationalmannschaft für ihr Verhalten scharf angegriffen. Der 29-Jährige warf „bestimmten deutschen Zeitungen“ am Sonntag rechte Propaganda vor, „um ihre politischen Interessen voranzutreiben“. Er sei enttäuscht über die „Doppelmoral“ in der Berichterstattung über seine Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und betonte, Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus sei für Fotos mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht kritisiert worden.
Özil schrieb zudem, er sei nach den Bildern von einem DFB-Sponsor nachträglich aus Werbekampagnen entfernt worden. Alle weiteren PR-Aktivitäten, für die er eigentlich vorgesehen gewesen war, seien gestrichen worden. „Für sie war es nicht länger gut, mit mir gesehen zu werden. Sie nannten diese Situation „Krisenmanagement“, ließ Özil wissen, ohne den Namen des Sponsors konkret zu nennen. Özil fragte: „Was hat der DFB zu all dem zu sagen?“
Auch eine geplante Aktion für einen guten Zweck in seiner früheren Schule in Gelsenkirchen sei wegen des Wirbels um die Fotos nicht zustande gekommen. Seine Partner für die Benefiz-Aktion hätten ihm wenige Tage vorher gesagt, derzeit nicht mehr mit ihm arbeiten zu wollen. Auch von der Schule habe er eine Absage bekommen. „Ganz ehrlich, das tat wirklich weh“, schrieb Özil.
Dritter und entscheidender Tweet am Abend
Am Sonntagabend dann der dritte Tweet, in dem der 29-Jährige seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft verkündet.
Zuvor hatte Özil den Deutschen Fußball-Bund und vor allem dessen Präsidenten Reinhard Grindel, deutsche Medien und Sponsoren für ihren Umgang mit ihm kritisiert. „Mit schwerem Herzen und nach langer Überlegung werde ich wegen der jüngsten Ereignisse nicht mehr für Deutschland auf internationaler Ebene spielen, so lange ich dieses Gefühl von Rassismus und Respektlosigkeit verspüre“, schrieb Özil.
Scharfe Attacken gegen Grindel
Mesut Özil greift besonders DFB-Präsident Reinhard Grindel scharf an. „Ich werde nicht länger der Sündenbock sein für seine Inkompetenz und Unfähigkeit, seinen Job gut zu machen“, schrieb Özil in seiner Rücktrittserklärung auf seinen Social-Media-Kanälen. Grindel hätte ihn seit Beginn der „Erdogan-Affäre“ mit der Veröffentlichung der Fotos mit dem türkischen Staatspräsidenten und dem ebenfalls türkischstämmigen Nationalspieler Ilkay Gündogan nicht mehr in der DFB-Auswahl haben wollen, meinte Özil weiter.Der Mittelfeldspieler vom FC Arsenal warf dem Verbandschef vollkommenes Desinteresse an seinen Beweggründen für das Bild mit Erdogan vor und stellte Grindel im Zusammenhang mit der Visite gemeinsam mit Gündogan bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Berlin als karrieresüchtig dar. Bei einem Gespräch über das Foto wäre Grindel mehr an der Darstellung politischer Ansichten und „an der Herabsetzung meiner Meinung interessiert“ gewesen, beschrieb Özil die damalige Situation.
(sid, dpa, red)