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Halles Ex-Nationalspielerin Conny Pohlers zu WM-Aus: "Frauen-Fußball in Deutschland stagniert"

Von Wolfram Bahn 02.07.2019, 10:27
Conny Pohlers 2008 im Trikot der deutschen Frauen-Nationalmannschaft,
Conny Pohlers 2008 im Trikot der deutschen Frauen-Nationalmannschaft, imago/Team2

Halle (Saale) - Die Gefühlslage bei Conny Pohlers schwankt noch zwischen Enttäuschung und einer gehörigen Portion Wut. Nach dem Aus der DFB-Frauen bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Frankreich kann die frühere Weltklasse-Stürmerin aus Halle mit ihren Nachfolgerinnen in der Nationalelf mitfühlen.

„Das tut schon weh, wenn man nach dem Viertelfinale wieder nach Hause fahren muss“, so die 40-Jährige, die 2003 mit den DFB-Frauen in den USA den ersten Weltmeister-Titel für Deutschland geholt hatte und zwei Jahre später Europameisterin geworden war.

Conny Pohlers lobt Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg

Zugleich zieht sie ein ernüchterndes Fazit: „Der Frauen-Fußball in Deutschland stagniert.“ Sie habe schon vor Anpfiff der Partie befürchtet, dass es gegen die Schweden schwer werden würde. „Und das hat sich leider bestätigt, obwohl die Mannschaft in den ersten 20 Minuten top gespielt hat“, sagte sie der MZ nach einem Besuch bei ihren Eltern in Halle-Reideburg, wo sie die Partie verfolgte.

Doch nach dem 1:2 für die Schweden sei das Spiel entschieden gewesen, „auch weil danach die deutschen Frauen kaum noch einen gelungenen Angriffszug zeigten“, bedauert Conny Pohlers, die in 67 Einsätzen für die Nationalmannschaft 28 Treffer erzielte.

Pohlers will das Scheitern nicht an Trainerin Martina Voss-Tecklenburg und ihrer Aufstellung festmachen. „Sie leistet sehr gute Arbeit, gleichwohl der Schachzug mit Dzsenifer Marozsan nicht wie erhofft aufging“, so die Hallenserin, die viermal die Champions League beziehungsweise den Uefa Womens Cup und fünf Deutsche Meisterschaften gewann.

Pohlers wünscht sich mehr Geld vom DFB für Frauen-Fußball

Die dreifache Liga-Torschützenkönigin spielte 13 Jahre für Turbine Potsdam, vier Jahre beim 1. FFC Frankfurt (Main) und bis 2014 drei Jahre für den VfL Wolfsburg. Dort, wo sie noch heute lebt. Beim VfL gehört sie zum Allstar-Team aus 20 Jahren Bundesliga.

Über all diese Zeit hinweg hat sie miterlebt, wie der Frauenfußball in Deutschland an Stärke verloren hat. Andere Nationen wie England, Spanien, Frankreich und die Niederlande hätten dagegen enorme Anstrengungen unternommen, um in die Phalanx der Deutschen einzubrechen, sagt sie. Und das mit Erfolg, wie die WM wieder einmal bewiesen habe.

„Doch das sieht der DFB nicht und da können auch die Vereine wenig machen“, beklagt Conny Pohlers. Es würden nur wenige Spiele der Frauen-Bundesliga im Fernsehen gezeigt, wodurch der Frauenfußball kaum noch in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde. Sie würde es begrüßen, wenn der DFB den Vereinen mit Frauenteams mehr Geld bereitstellt. Ihre klare Forderung lautet deshalb: „Dem Frauenfußball muss beim DFB einfach ein höherer Stellenwert eingeräumt werden.“

Pohlers: „Horst Hrubesch sollte DFB-Präsident werden“

Sie wünscht sich ein Umdenken für mehr Gleichberechtigung. „Eigentlich müsste jeder Bundesligaverein auch eine Frauenmannschaft haben“, verlangt Pohlers. Und sie schaut da auch auf Real Madrid, wo die Königlichen gerade dabei sind, sich als letzter der drei großen spanischen Klubs ein Frauen-Team „anzuschaffen“.

Auch was den vakanten Posten des Spitzenfunktionärs des größten deutschen Sportverbandes anbelangt, hat die Hallenserin eine eindeutige Präferenz: „Horst Hrubesch sollte DFB-Präsident werden, dafür bin ich.“ Die inzwischen 68 Jahre alte HSV-Legende, die auch schon mit Nachwuchs-Teams der Männer viele Erfolge feiern konnte, hatte im Vorjahr in einer Notlage kommissarisch das Traineramt bei den Frauen übernommen und sie ganz sicher zur WM gebracht. Das Qualifikationsspiel gegen Tschechien erlebte Conny Pohlers selbst live im Erdgas Sportpark in Halle. Mit Hrubesch an der DFB-Spitze, so ist sie sich sicher, würde auch dem Frauenfußball in Deutschland endlich wieder mehr Beachtung geschenkt.

Man könne den Frauenfußball von heute ohnehin nicht mit Zeiten vergleichen, als in der DFB-Elf viele besondere Spielertypen standen. So wie in der „Traumelf“ von 2003 mit Silke Rottenberg im Tor, Birgit Prinz im Angriff, Rekord-Nationalspielerin Bettina Wiegmann (154 Spiele), Maren Meinert oder Nia Künzer. Die heutige TV-Expertin der ARD erzielte damals in der Verlängerung das Golden Goal zum 2:1-Finalsieg über Schweden. Im Halbfinale hatte Deutschland Gastgeber USA mit 3:0 aus allen Titelträumen gerissen. Jetzt in Frankreich, glaubt Pohlers, werden sich die Amerikanerinnen nicht wieder überrumpeln lassen und die WM-Trophäe holen. (mz)