Damen-Basketball-Bundesliga Damen-Basketball-Bundesliga: Hilflose Lions erleben ein Desaster

Halle (Saale) - Es gab ein paar Minuten am Sonnabend, da hatten die Zuschauer in der Erdgas Arena tatsächlich gute Laune. In der Halbzeitpause. Da duellierten sich Markus und Patrick von der Freiwurflinie um ein Trikot von Ex-Lions-Spielerin Michaela Abelova, den ausgelobten Preis für den Sieger. Die beiden Fans zeigten sich bei diesem beliebten Spaß, der bei Heimspielen des SV-Halle-Teams dazugehört, durchaus treffsicher. Sie verwandelten sehr zur Freude der Basketball-Liebhaber ihre Würfe in Serie - bis Markus dann das bejubelte Stechen gewann. Peinlich nur sein schwarzes T-Shirt mit großem „Russia“-Aufdruck und darunter einem Kalaschnikow-Bild.
Höchste Heimpleite aller Bundesliga-Zeiten
Allerdings: Peinlich war vor allem das eigentliche Hauptgeschehen in den 20 Minuten zuvor und in denen danach. Hätten die Lions-Spielerinnen ähnlich gut getroffen, wie die beiden Halbzeit-Akteure, hätte sich die Niederlage gegen die Avides Hurricanes vielleicht noch im Rahmen gehalten. So leuchtete schließlich ein 56:82-Endstand auf der Anzeige-Tafel. Die Hallenserinnen hatten gegen den Aufsteiger aus Rotenburg ihre höchste Heimpleite aller Bundesliga-Zeiten kassiert. Jedenfalls konnte sich niemand unter den etwa 600 Fans an ein ärgeres Debakel erinnern - und auch das Blättern in Statistiken brachte nur eine ähnlich hohe Niederlage mit 22 Punkten gegen Freiburg aus dem November 2011 zu Tage.
Entsprechend waren die Reaktionen. Die drei Trommler des FanCourts verharrten nach der Schlusssirene minutenlang mit versteinerten Mienen auf ihren Plätzen. Die Mannschaft verschwand, angeführt von Trainerin Jennifer Kerns, stehenden Fußes in der Umkleide. Das Führungstriumvirat des Vereins mit Cornelius Damm, Axel Barth und Geschäftsführer Lukas Balser traf sich zu einer Manöverkritik, deren öffentliches Resultat noch aussteht. „Wir werden uns am Montag noch einmal in Ruhe zusammensetzen“, sagte Balser. Er sagte aber auch: „Diesmal ist alles schief gelaufen.“
Im Angriff reihte sich Fehler an Fehler
Denn diesmal hatten die Lions ihr bisheriges Glück vollkommen aufgebraucht und die zuvor bekannten spielerischen Defizite mündeten im Desaster. Nach einem Start zum Staunen, bei dem Laura Hebecker gleich zwei Dreier lupenrein versenkte und die Lions 7:2 führten, brach das Gefüge auseinander. Die Hurricanes wirbelten fortan durch die hilflose Defensive der Hallenserinnen, die in der Woche zuvor sogar noch Extra-Einheiten für die Abwehrarbeit geschoben hatten. Und im Angriff reihte sich Fehler an Fehler. Irgendwann war das Selbstvertrauen völlig entwichen. Schon zur Halbzeit, beim Stand von 29:47, glaubte diesmal niemand mehr daran, dass dieses gruselige Tohuwabohu auf wundersame Weise ein positives Ende finden würde.
Das Spiel zeigte zugleich schonungslos die eigentlich schon bekannten Schwächen der Mannschaft auf. Jasmine Newsome kann die Rolle der Anführerin immer noch nicht ausfüllen. Dass sie diesmal aus dem Start-Fünfer verbannt wurde, dürfte ihrem Selbstvertrauen auch nicht zuträglich gewesen sein. Jessica Höötmann findet überhaupt nicht zur Normalform. Mekia Valentine fehlte das Behauptungsvermögen. Und Tiffany Porter-Talbert spielt derzeit völlig ohne Feuer. Seit ihrer Suspendierung durch die Trainerin vor vier Wochen wirkt sie so lustlos wie gebremst. Bei so vielen Baustellen kann dann auch der Rest um Laura Hebecker das fragile Gebilde nicht mehr aufrecht erhalten.
Es ehrt die Trainerin, dass sie dann später mitteilen ließ, sie nehme die Niederlage auf ihre Kappe: „Wenn deine Mannschaft mit fast 30 Punkten aus der eigenen Halle geschossen wird, hast du als Trainer ganz offensichtlich dein Team nicht richtig vorbereitet.“ Doch das ist nur ein kleiner Teil der Wahrheit. Der andere: Die Lions sind kein Spitzenteam, weil der Kader auf den Profipositionen zu schwach ist. Vielleicht wird ja im Winter nachgerüstet. Die treffsichern Fans kommen allerdings nicht in Frage. (mz)
