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Zeppelin Zeppelin: Eine Legende fliegt wieder

Von KLAUS ADAM 16.04.2010, 17:16

Halle/MZ. - Vorsicht beim Einsteigen! Es kann schon geschehen, dass die Treppe dem Passagier ein paar Meter entgegenkommt. Oder ihm entrinnt, während er sie gerade betreten möchte, um die Gondel zu erklimmen. Ein Tribut an die Größe und Leichtigkeit des Zeppelin NT zugleich, der, vorn an seinem Haltemast verankert, dennoch dem Wind ausgesetzt bleibt. Und dessen Heck der Windrichtung folgen muss. Wäre das Luftschiff auch hinten verankert, könnte es von starken Böen durchaus umgeworfen werden. Also achtet der Steward von der Deutschen Zeppelin-Reederei penibel darauf, dass immer nur zwei Passagiere aus der "Sicherheitszone" in der Nähe des Haltemastes zügig zur Passagiergondel laufen. Sobald der erste Fuß auf der untersten Stufe steht, kann schon nichts mehr passieren.

Zwölf Fluggäste können es sich in der Gondel an den großen Plexiglasscheiben bequem machen. Und sogar dem Piloten über die Schulter schauen, denn sein Platz und der des Flugbegleiters sind nicht abgeteilt. Ansonsten herrschen aber die gleichen Sicherheitsregeln wie bei jedem anderen Flug. Also: Handy aus und anschnallen. Nachdem sich Bodencrew und Pilot verständigt haben, löst sich das Luftschiff vom Mast, der Pilot stellt die seitlichen Propeller nach oben und ganz sanft hebt sich das Schiff in die Lüfte über dem Bodensee.

Während der Zeppelin in gut 300 Metern - drunter darf er nicht - über dem Ufer in Richtung Vorarlberg schwebt, wird Pilot Hans Ströhle schon mit den ersten Fragen bestürmt. Fliegt so ein Luftschiff nun oder fährt es? Ganz klar, es fliegt! Trotz seines Hüllenvolumens von knapp 8 500 Kubikmetern ist es schwerer als Luft, im Gegensatz zu einem Ballon. Das Gas trägt zwar, muss aber quasi mit Hilfe der Propellermotoren "angestubst" werden. Anders als bei den historischen Zeppelinen wird übrigens unbrennbares Helium verwandt.

Die Geschichte des Luftschiffes LZ 129, besser bekannt als "Hindenburg", das am 6. Mai 1937 bei der Landung in Lakehurst bei New York in Brand geriet, bewegt die Luftschiffpassagiere noch heute. Die genauen Umstände des Unglücks, bei dem 36 Menschen starben, lassen sich wohl selbst mit heutigen Möglichkeiten kaum noch enträtseln. Im Zeppelinmuseum in Friedrichshafen können sich die Interessierten darüber genau informieren.

Obwohl der heutige Zeppelin das Aussehen mit seinen Vorgängern von jenseits der 40er Jahre des vergangenen Jahrhunderts gemein hat, trennen ihn Welten von seinen Vorfahren. Nicht nur die beiden Buchstaben "NT", die seinen Rumpf bislang zierten. Im Zuge einer einheitlichen Vermarktung werden die beiden Buchstaben künftig ausgeschrieben: "Neue Technologie". Und die zeigt sich im Äußeren und verbirgt sich auch im Innern der "Zigarre" wie die Luftschiffe früher gerne genannt wurden. Obwohl es mit seinen 75 Metern Länge gegenwärtig das größte Luftschiff der Welt ist, sind seine Ausmaße deutlich geringer, als seinerzeit die der "Hindenburg", die fast 247 Meter lang war und 190 000 Kubikmeter Gasvolumen über den Atlantik trug.

Wie LZ 129 damals, so stellt der NT heute den neuesten Stand der Technik dar. Sein Skelett besteht aus leichten Kohlefaserstoffen und Aluminium. Das gibt ihm eine halbstarre Charakteristik. Und: An dem Gerüst sind die beiden Außenmotore befestigt, die ihre Propeller in die Horizontale und Vertikale schwenken können, sowie die bei

den Propeller am Heck. Genau darin liegt auch das Geheimnis des Zeppelin neuester Generation. In Verbindung mit den beiden Heckrotoren ist es voll manövrierbar. In der Saison, die dieser Tage begann, muss das Luftschiff nicht einmal mehr am Mast festmachen, wenn es die eine Passagiergruppe verabschiedet, um die nächste an Bord

zu lassen. Die schwenkbaren Propeller halten es am Boden.

Seit 2001 kurvt der NT auf mehr als zehn verschiedenen Flugrouten im Süden der Republik. Die Passagierluftfahrt zählt nach wie vor zu seinen vordringlichen Zwecken. Zu besonderen Anlässen geht er schon mal auf größere Reisen. Um seine Nutzungsmöglichkeiten auszubauen, absolvierte der Zeppelin vor wenigen Tagen einen 24-Stunden-Testflug. Dazu wurden extra Tanks in die Passagiergondel eingebaut. Anschließend hieß es dann aus Friedrichshafen: "Testflug erfolgreich bestanden." Insbesondere für wissenschaftliche Messungen und Überwachungen ist dies von großem Belang. Sie sind neben der Passagierluftfahrt und der Werbung ein weiterer wichtiger Nutzungszweck.

Noch ist es der einzige NT in der Bundesrepublik. Seit 2004 fliegt ein zweiter über Tokio in Japan und seit 2008 ein weiterer über San Francisco in den USA. Der 24-Stunden-Test soll das Luftschiff natürlich auch für künftige Nutzer interessant machen. Der Bau könnte sofort losgehen, sobald ein Auftrag vorliege, erklärt Luftschiffpilot Hans Ströhle.

Derweil hat der Zeppelin auf seiner Tour zur Saisoneröffnung das österreichische Bregenz lange hinter sich gelassen, den Bodensee überquert und schwebt zur Platzrunde in Richtung Hangar ein. Selbst bei einer Geschwindigkeit von nur 80 Stundenkilometern ist die eine Stunde im wahrsten Sinne wie im Fluge vergangen.