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Abschied von der Insel Abschied von der Insel: «Langes Werder» für 680 000 Euro versteigert

Von Birgit Voelsch und André Stahl 23.06.2002, 12:35
Blick von einem Motorbot aus auf die Insel Lange
Blick von einem Motorbot aus auf die Insel Lange ZB

Berlin/dpa. - Um 15.48 Uhr fiel der Hammer, der Abschied fürHarald Jancke war endgültig besiegelt. «680 000 Euro zum Ersten, zumZweiten, zum Dritten» - der letzte Schlag von Auktionator Hans-PeterPlettner knallte im Schöneberger Rathaus in Berlin unaufhaltsam aufden Pult: Die Insel «Langes Werder» im Großen Lychensee in derUckermark hat nach einer der spektakulärsten Versteigerungen inOstdeutschland einen neuen Besitzer. Der Preis war viereinhalb malhöher als das Mindestgebot. Da konnte auch der 47-jährige PächterJancke nicht mithalten, der zum Jahresende die Insel verlassen muss.

   Das rund 52 000 Quadratmeter große Eiland 90 Kilometer nördlichvon Berlin ging am Sonnabend in neue Hände. Das Mindestgebot lag bei150 000 Euro. Den Zuschlag erhielt nach einem knapp 20-minütigenBieterduell ein durch eine Rechtsanwältin vertretener Unbekannter.Seine Vertreterin wollte zu den künftigen Plänen des neuenEigentümers nichts sagen. Auch die Deutsche Grundstücksauktionen AGhielt sich bedeckt, war aber selbst überrascht über den Preis. Siehatte maximal nur das Dreifache des Mindestgebots erwartet.

Mitgeboten hatten für die bundesweit einmalige Immobilie 13Interessenten, davon sieben per Telefon. Die Versteigerung verfolgtenetwa 300 Geschäftsleute und Neugierige in dem brechend vollen Saal.Vor der Auktion hatten sich mehr als 700 Interessenten aus dem In-undAusland gemeldet. Als gegen 15.30 Uhr Objekt 152 aufgerufen wurde,stieg die Spannung merklich.

Vielen Ungeduldigen schien die obligatorische Beschreibung derTrauminsel überflüssig, sie verlief denn auch im Schnelldurchlauf:Nach der Wende ist die zu DDR-Zeiten vom VEB Binnenfischerei genutzteInsel von der bundeseigenen Immobiliengesellschaft TLG übernommenworden. Auf dem idyllischen Areal - umgeben von glasklarem Wasser undvielen weiteren Seen - stehen die Villa des «Insel-Entdeckers» undMedizinprofessors Gotthold Pannwitz (1861-1926) sowie ein Tee- undein Bootshaus. Die Bieter wollten sich nicht lange mit derMindestsumme aufhalten und überholten selbst Auktionator Plettner mitihren Geboten.

   Noch-Pächter Jancke wollte sich das Treiben nicht antun. Er genossden Sommertag in Badehose vor dem etwa 1900 gebauten Insel-Haus. DieTLG habe warten müssen, bis sein zehnjähriger Pachtvertrag auslief,erzählt er. Den hatte er mit dem Fischerei-Betrieb abgeschlossen.Janckes Bruder war Binnenfischer, er hatte nach der Wende denSchlüssel für das Inselhaus.

   Laut Pachtvertrag wurde Jancke die Insel unentgeltlich zur Nutzungüberlassen. Als Jancke einzog, brüteten die Vögel im Wohnzimmer. MitHilfe seiner Freunde brachte der selbstständige Tischler das Haus inOrdnung, legte Wasserleitungen selbst. Er lebte zumeist allein in demHaus. Einen Kaufantrag habe er gestellt, sagt Jancke, aber die TLGwollte die Insel meistbietend veräußern.

   Jancke vermutet, dass die Insel künftig nur für Privatzweckegenutzt wird. Neu gebaut werden dürfe nichts, nur die beiden Gebäude- das Wohnhaus und ein Teehäuschen - hätten Bestandsschutz. LychensBürgermeister Sven Klemckow hätte wohl gern eine Nutzung alsAusflugsort gesehen, aber darüber entscheidet nun mal der Eigentümer.

   Wie sein Nachfolger auf der Insel klar kommt, darauf ist Janckegespannt. Ständig dort zu wohnen, vielleicht mit Kindern, sei schwer.Man brauche auch ein Grundstück an Land, um das Auto zu parken oderdas Motorboot. Am schwierigsten sei es im Winter bei Eis, wenn esnoch nicht fest genug ist, um darauf zu laufen. Oder wie 1996, als ermit dem Wagen auf die Insel fahren konnte. «Da standen imBootsschuppen Autos.» Alles Erinnerung. Jancke wendet sich ab.