MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 1. Mai 2025 Arbeitnehmerrechte: US-Workers erstritten den Tag der Arbeit
Weitere Themen: Dow will Anlagen schließen / Grundstein für Flugzeugwerk / Hochhaus für Halle / Frischli erweitert / Nissan baut aus / Textilfirma am Ende

die USA gelten als das kapitalistischste aller Länder. US-Präsident Donald Trump tut derzeit eine Menge, dass dieser Ruf erhalten bleibt. Was wenige wissen: Der Tag der Arbeit hat seinen Ursprung in den USA. Am 1. Mai 1886 streikte die Arbeiterbewegung in Chicago – an einem Samstag - für einen Acht-Stunden-Tag. Die mit diesem und den darauffolgenden Tagen verbundenen Ereignisse werden als Haymarket Riot bezeichnet.
In Deutschland führten die Nationalsozialisten 1933 den 1. Mai als dauerhaften, gesetzlichen Feiertag ein. Am 2. Mai 1933 wurden die Gewerkschaften in Deutschland gleichgeschaltet, die Gewerkschaftshäuser gestürmt und die Vermögen beschlagnahmt.
Die alljährlichen Mai-Demonstrationen der Gewerkschaften heute in Deutschland sind lediglich laue Lüftchen im Vergleich zu den damaligen Protesten in den USA. Insgesamt ist die Lage der Arbeitnehmer nicht schlecht. Auch wenn aktuell einige Industriebranchen in der Krise stecken, sind die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt bisher begrenzt. Die Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt ist im April sogar gesunken. Es waren 88.300 Arbeitslose gemeldet – zwei Prozent weniger als im Vormonat. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es 4.200 Arbeitslose mehr.

Wie ist diese Stabilität zu erklären? Zum einen stecken nicht alle Branchen in der Krise. Bei Banken und Versicherungen, IT-Firmen sowie anderen Dienstleistern läuft es insgesamt gut. Betroffen von den hohen Energiekosten und einem harten Wettbewerb mit China ist vor allem die Industrie. Zum anderen wirkt die demografische Entwicklung dämpfend. Auf zwei Arbeitnehmer, die in Rente gehen, kommt in Sachsen-Anhalt nur ein junger nach. Selbst bei Stellenabbau steigt die Arbeitslosigkeit daher nicht. Das Phänomen wird etwas sichtbarer beim Blick auf die Beschäftigtenzahlen. Im Februar 2025 waren laut Hochrechnung in Sachsen-Anhalt 789.000 Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Im Vorjahresmonat waren es noch 6.900 mehr.
Viele Beschäftigte konnten sich in den vergangenen Monaten sogar über merkliche Lohnsteigerungen freuen. „Die realen Lohnverluste in der Pandemie und zu Beginn des Ukraine-Krieges werden bei vielen Beschäftigten jetzt ausgeglichen“, sagt der Tarifexperte Thorsten Schulten, Leiter des WSI-Tarifarchivs der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.
In Sachsen-Anhalt sind die Löhne im Vorjahr laut Statistischem Landesamt um 5,6 Prozent gestiegen. Das lag deutlich über dem Anstieg der Verbraucherpreise (Inflation) von 2,5 Prozent (siehe Grafik). Effektiv lag der Reallohnzuwachs bei drei Prozent. Während normalerweise die Industriebranchen wie die Metall- und Chemieindustrie die höchsten Abschlüsse vorweisen, ziehen aktuell die Löhne in Branchen mit niedrigeren Gehältern, wie Gastgewerbe und Handel, besonders stark an.

Für viele Firmen im Land werden die Lohnerhöhungen nach Einschätzung von IHK-Geschäftsführer Hendrik Senkbeil aber auch zum Problem: „Die Arbeitskosten werden aktuell von mehr als der Hälfte der Unternehmen im IHK-Bezirk Halle-Dessau als Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung angesehen.“
Am 1. Mai sollten wir uns aber einen Tag darüber keine Gedanken machen. Der Lohn sollte in Bratwurst, Bier und Eis investiert werden. Das stärkt dann auch die heimische Wirtschaft.
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Bis kommende Woche, herzlich Steffen Höhne
Weitere wichtige Wirschaftsthemen aus Mitteldeutschland in dieser Woche:
Dow will Chemieanlagen stilllegen
Der US-Konzern Dow kündigt an, wichtige Anlagen in Schkopau und Böhlen abschalten zu wollen. 500 Mitarbeiter sind direkt betroffen, aber auch viele Partnerfirmen in der Region.

Vorerst letzte Schicht
Europas größtes Solarzellenwerk in Bitterfeld-Wolfen hat am Montag vorerst die Produktion eingestellt. Die 300 Mitarbeiter müssen in Kurzarbeit. Werkleiter Jochen Fritsche erklärt, warum er dennoch an den Standort glaubt. (MZ)

Hochhaus für Halle
Das könnte Halle gut kleiden. Das Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und europäische Transformation soll eine imposante Erscheinung werden. Geplant ist ein 60 Meter hoher Bau, der an ein elegantes, weich fallendes Kleid erinnern soll. (MZ)

Abwanderung befürchtet
Der Wirtschaftsstandort Mitteldeutschland erhält von Firmen nur die Note 2,9. Kammern machen hohe Strompreise, Steuerlast und Fachkräftemangel verantwortlich. Die neue Koalition müsse laut IHK dringend gegensteuern, um Abwanderung zu verhindern. (MZ)
Frischli erweitert
Das Weißenfelser Frischli-Werk plant seinen Standort auszubauen. Die Molkerei will künftig verstärkt auch ins europäische Ausland exportieren. Fachkräfte sind auch kleine Mangelware mehr. Ehemalige Mitarbeiter von Autozulieferern klopfen an das Molkereitor. (MZ)
Textilfirma stellt Betrieb ein
Voriges Jahr meldete das Textilunternehmen Curt Bauer Insolvenz an. 90 Mitarbeiter fertigen vor allem Tisch- und Bettwäsche. Jetzt steht fest: Es gibt keine Zukunft für die Traditionsfirma. (MZ)
Grundstein für Flugzeugwerft
Hunderte Tonnen Erde wurden bisher am Flughafen Leipzig/Halle für ein Flugzeugwerk bewegt. Bald will die Deutsche Aircraft hier das Regionalflugzeug D328 bauen. 350 Jobs sollen zunächst entstehen.350 Jobs sollen zunächst entstehen. (MZ)

EEX kündigt neue Produkte an
Die Energiebörse EEX baut ihr Geschäft massiv aus. Neben Strom und Gas werden hier auch CO₂-Zertifikate gehandelt – bald sollen weitere Produkte dazukommen. (VS)
Nissan baut aus
Die japanische Nissan-Gruppe hat ihren Produktionsstandort im thüringischen Waltershausen erweitert. In einer neuen Fertigungshalle stelle das Unternehmen nun auch Folien für den Frontbereich von Elektroautos her. 20 Millionen Euro werden investiert. (MZ)
200 Jobs auf Kippe
Der erst 2023 nach Österreich verkaufte Hersteller feuerfester Materialien in Puschwitz bei Bautzen steht vor der Schließung. Die zuständige Gewerkschaft ist alarmiert. (LVZ)
600-Millionen-Auftrag
Der Bahntechnikkonzern Alstom baut in Bautzen 35 Elektrozüge für Bulgarien, um dessen veraltete Flotte zu erneuern. Das neueste Zukunftsprojekt bringt dem Werk volle Auslastung und sichert Arbeitsplätze für Jahre. (SZ)