MZ-Wirtschaftsnewsletter vom 30. Mai 2024 5.000 Euro Antrittsgeld: Mehr Firmen bieten Willkommensprämie für neue Mitarbeiter
Weitere Themen: Intel-Baustart verzögert sich weiter / Envia-Tel investiert kräftig / Merz verlagert Pharmawerk nach Dessau / Solarwatt schließt Speicherproduktion

Nicole Friedrich geht bei der Personalsuche neue Wege. Erstmals hat die Geschäftsführerin der Kfz-Werkstatt Automobile Zeitz eine Stellenanzeige mit Willkommensprämie ausgeschrieben. Sie sucht einen Kraftfahrzeugtechnikmeister. Geboten werden unter anderem eine Vier-Tage-Woche und ein Antrittsgeld von 3.000 Euro. „Wir kommen mit den Reparaturen kaum nach, weil wir keine ausgebildeten Mitarbeiter finden“, sagt sie.
Aufgrund des Fachkräftemangels schreiben immer mehr Unternehmen in Sachsen-Anhalt Stellen mit Antrittsbonus aus. Für die MZ hat die Berliner Personalmarktforschung Index exklusiv eine Auswertung von Stellenanzeigen in 200 Printmedien, 305 Online-Medien wie Jobbörsen und dem Portal der Agentur für Arbeit vorgenommen. Demnach boten im vergangenen Jahr 348 Firmen in Sachsen-Anhalt 2.823 Stellen mit einer Antrittsprämie an. Im Jahr 2022 waren es erst 238 Firmen mit 2.168 Stellen. Ein Plus von 30 Prozent. Details werde ich dazu in den kommenden Tagen in der MZ veröffentlichen. Die Antrittsgelder liegen im Schnitt zwischen 1.000 und 5.000 Euro.

Einzelbetrieblich lassen sich mit solchen Prämien Personalengpässe vielleicht lösen oder lindern. Die Fachkräftelücke insgesamt bleibt. Die zur Verfügung stehende „Personaldecke“ ist zu kurz, egal wie sehr einzelne Unternehmen daran auch ziehen.
Doch die Instrumente zur Entspannung der Gesamtlage liegen auch auf dem Tisch: Erstens hat der Anteil der Teilzeit stark zugenommen. Das liegt nicht nur am gesetzlichen Anspruch, sondern weil es für die Unternehmen teilweise auch finanziell interessant ist, Mitarbeiter in Teilzeit zu beschäftigen. Eine Eindämmung der Teilzeit hätte enorme Effekte. Zweitens muss Sachsen-Anhalt weiter offen für qualifizierte Zuwanderung sein. Ohne Ausländer geht in Branchen wie Gastronomie und Verkehr schon heute kaum mehr etwas. Drittens können digitale Systeme und Roboter noch stärker als bisher menschliche Arbeitskraft ersetzen.
Doch anstatt die Bundesregierung die politischen Rahmenbedingungen so gestaltet, dass die Instrumente wirken können, will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Mindestlohn auf 15 Euro je Stunde anheben. Vor allem bei Gastronomen, Händlern und Landwirten sträuben sich die Nackenhaare. Sie verweisen darauf, dass ihre Dienstleistungen und Produkte so teuer werden, dass die Kunden sie nicht mehr kaufen. Die Folge staatlich festgelegter Löhne ist hierzulande in den ländlichen Regionen schon zu besichtigen, wo ein Landgasthof nach dem anderen schließt. Auch so lässt sich natürlich der Fachkräftemangel beheben – doch es ist der schlechteste Weg von allen.
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Bis kommende Woche, herzlich Steffen Höhne
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