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Ihr Wochenende mit der Mitteldeutschen Zeitung Der Zug ist abgefahren

25.07.2025, 08:00
Stellvertretender MZ-Chefredakteur Kai Gauselmann
Stellvertretender MZ-Chefredakteur Kai Gauselmann (Foto: Tobias Büttner/Andreas Stedtler)

Man kann sich in Ruhe die Landschaft anschauen, lesen, telefonieren, problemlos essen und trinken oder - wenn es länger dauert - auch ein Nickerchen machen. Jedenfalls muss man nicht konzentriert auf den Verkehr achten. Ich mag Bahnfahren. Eigentlich. In der Theorie. In der Praxis habe ich mich schon häufig über die Deutsche Bahn geärgert. Ich musste beruflich bedingt insgesamt elf Jahre täglich zwischen Halle und Magdeburg pendeln. Viel zu oft hing ich nach der Arbeit abends auf dem Magdeburger Hauptbahnhof fest, weil der Zug Verspätung hatte. Als Gründe wurden damals meist nur die legendären „Störungen im Betriebsablauf“ angegeben. Einmal verspätete sich der aus Hannover kommende Zug um eine Stunde, weil jemand in Niedersachsen den Zug beschossen hatte. Einmal bin ich auf halber Strecke in Köthen gestrandet, weil die Lok den Geist aufgab.

Leider keine große Ausnahme: Eine Anzeigetafel mit Zugverspätungen der Deutschen Bahn, hier im Hauptbahnhof Frankfurt (Main).
Leider keine große Ausnahme: Eine Anzeigetafel mit Zugverspätungen der Deutschen Bahn, hier im Hauptbahnhof Frankfurt (Main).
(Foto: imago images / Ralph Peters)

Mittlerweile brauche ich die Bahn eher, wenn ich privat mal weiter weg fahren will. Mit Fernverkehrsverbindunden nach Berlin, Hamburg, München und Frankfurt (Main) ist Halle dafür ein geradezu idealer Ausgangspunkt. In der Theorie. Neulich wollte ich mal nach Wien, weil ein dort lebender Freund einen runden Geburtstag feierte. Schon Monate vorher habe ich mir ein Ticket gebucht: Direktverbindung Halle - Wien in sechseinhalb Stunden. Eher zufällig habe ich einige Wochen vor der Fahrt festgestellt, dass die Verbindung ausfällt. Die neue Verbindung bestand aus einmal umsteigen in Nürnberg. Umsteigen macht mich bei der Bahn aus Erfahrung immer etwas nervös, in zu vielen Fällen endete das damit, dass der erste Zug so viel Verspätung hatte, dass ich den zweiten verpasste. So weit kam es nicht, denn kurz vor der Fahrt wurde ich informiert, dass auch diese Verbindung ausfällt. Die neue Verbindung sollte nun zwei Umstiege beinhalten und planmäßig etwa acht Stunden dauern. Und für die Teilstrecke zwischen Naumburg und Nürnberg - wofür die Bahn-Navigator-App eine hohe Auslastung vorhersagte - war es nicht möglich, einen Sitzplatz zu reservieren. Statt also vermutlich stundenlang stehend das Leben in vollen Zügen zu genießen, habe ich die Fahrt dann schweren Herzens gelassen. Den Grund für diese Probleme habe ich nicht von der Bahn erfahren, sondern von meinem Kollegen Alexander Schierholz, der für die MZ den Bahnverkehr in der Region im Auge behält. Hier geht es zu seinem damaligen Text.

Eigentlich eine tolle Zugstrecke - wenn sie denn befahren wird: Die ICE-Schnellstrecke Halle-München, hier die Saale-Elster-Brücke bei Halle.
Eigentlich eine tolle Zugstrecke - wenn sie denn befahren wird: Die ICE-Schnellstrecke Halle-München, hier die Saale-Elster-Brücke bei Halle.
(Foto: dpa)

Aber meine kleine Bahngeschichte ist noch nicht zu Ende. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, habe ich dem Wiener Freund versprochen - und will nun bald den Besuch in Österreichs Hauptstadt nachholen (wenn man es mal hingeschafft hat, ist es in Wien sehr schön). Also wollte ich eine neue Fahrt buchen. Aber keine Spur von der tollen Direktverbindung in sechseinhalb Stunden. Stattdessen gibt es nur Verbindungen mit einem bis drei Umstiegen, die schon planmäßig zwischen acht und fast neuneinhalb Stunden dauern sollen. Was ist da los, habe ich erst mich gefragt - und dann die Bahn.

Also: Anruf bei der Service-Hotline. Ich (mit kleiner Einleitung, wann ich wohin will): "Gibt es die Direktverbindung Halle-Wien nicht mehr?" Bahnmitarbeiter: "Sagen Sie mir nochmal den Abfahrtsort." Ich: "Halle. Halle an der Saale. Saale in Klammern." Bahnmitarbeiter: "Da müssen Sie in einem Reisecenter nachfragen." Ich: "Warum? Warum sollen die das denn eher wissen?" Bahnmitarbeiter: "Da müssen Sie in einem Reisecenter nachfragen." Ich: "Warum sollen die das denn eher wissen?" Bahnmitarbeiter: "Sie müssen in einem Reisecenter nachfragen." Ich: "Danke und tschüss."

Die Antwort auf meine Frage habe ich dann nicht von der Bahn bekommen, sondern erneut von meinen Kollegen Alexander Schierholz. Bei der Bahn gilt offenbar: Nach der Baustelle ist vor der Baustelle, hier geht es zu seinem Text.

Bahn-Bauarbeiten sind der Grund, warum Halle erneut vom ICE-Netz abgekoppelt wird.
Bahn-Bauarbeiten sind der Grund, warum Halle erneut vom ICE-Netz abgekoppelt wird.
(Foto: Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild)

Aus all dem ziehe ich persönlich die Schlussfolgerung, dass die Bahn kein verlässliches Verkehrsangebot mehr bietet. Für mich ist der Zug abgefahren. Wenn ich nicht unbedingt muss, werde ich auf die Bahn verzichten und sie nicht nutzen. Das wird die Bahn wohl nicht jucken, so oft habe ich so weite Reisen nicht vor. Und selbst wenn der Bahn Geld fehlt, weil noch mehr Leute so reagieren, gibt es ja notfalls frisches Steuergeld vom Staat. Gesamtgesellschaftlich gesehen finde ich das alles sehr schade. Längst nicht jeder kann es sich leisten, ersatzweise mit dem Auto zu fahren oder gar zu fliegen. Und nicht zuletzt wäre die Bahn ja eigentlich ein zentraler Akteur, um den Verkehr in Deutschland umweltbewusster zu organisieren. Geradezu deprimierend finde ich Politikeraussagen, dass wir noch lange, bis in die Dreißigerjahre hinein mit solchen Problemen der Bahn leben müssen.

Phänomen der Woche: Die Gondel-Panne

Aber nicht nur auf der Schiene bei der Deutschen Bahn hakt es. Auch bei anderen Transportmitteln sieht es mittlerweile schwierig aus. Etwa auf dem Wasser. Im Kleinen musste das gerade eine lustige Ausflugsrunde im Welterbe erleben: Im Wörlitzer Park haben Mitglieder der Hornbläsergruppe aus Zörnigall eine Gondelfahrt unternommen - das ist prinzipiell eine tolle Sache und dringend zur Nachahmung zu empfehlen, wenn man es noch nicht gemacht hat. Leider blieb die Gruppe stecken, die Gondel lief auf Grund. Meine Kollegin Corinna Nitz hat den ungewöhnlichen Vorfall hier aufgeschrieben.

Der Grund hängt zusammen mit einer anderen Geschichte. In der Region, konkret in der Elbe ist es im Sommer nicht mehr gut bestellt um den Wasserstand. Eine mittlerweile schon recht deutliche Folge des Klimawandels. Und das bedroht nicht nur das Welterbe in Wörlitz, sondern hat auch Auswirkungen auf Ökologie und Ökonomie entlang des größten Flusses in Sachsen-Anhalt. Der Strom ist längst nicht mehr ganzjährig für Frachtschiffe zu befahren. Wenn die Strömung nicht wäre, könnte man die Elbe zeitweilig zu Fuß durchwaten. Mein Kollege Jan Schumann erläutert den Zustand der Elbe und die Auswirkungen hier.

Ist normalerweise komplett von Wasser bedeckt: Der Domfelsen der Elbe in Magdeburg.
Ist normalerweise komplett von Wasser bedeckt: Der Domfelsen der Elbe in Magdeburg.
(Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

Sachsen-Anhalter der Woche: Bert, der einsame Riese

Einsamkeit, so sie nicht selbst gewählt ist, ist nicht schön. Bert kann davon ein trauriges Liedchen singen, wenn er denn singen könnte. Beziehungsweise ein Liedchen röhren. Denn Bert ist ein Elch, und zwar nicht irgendeiner, sondern der einzige, der dauerhaft in Deutschland lebt - konkret: Vor allem in Brandenburg, aber manchmal durchstreift er auch Sachsen-Anhalt. Experten vermuten, dass er bei seinen Touren Anschluss sucht, eine Elchkuh. Das elektrisiert Biologen, denn ein Elchpärchen, das der Natur seinen Lauf lässt, könnte die Rückkehr der in Deutschland ausgestorbenen Art einläuten. Und die Chancen stehen nicht schlecht, denn zuletzt wurden einige aus dem Osten kommende Elchdamen in Sachsen-Anhalt gesichtet. Woran es bisher haperte, warum der schon wieder heimische Wolf Bert kalt lässt und warum die Zeit drängt, hat mein Kollege Max Hunger hier aufgeschrieben.

Tierisch einsam: Bert
Tierisch einsam: Bert
(Foto: Anton Lehnig)

Aufreger der Woche: Kein Geld für Solarstrom

Reformen sind manchmal politisch relativ fix beschlossen, nur das mit der Umsetzung ist so eine Sache. Ein gutes, beziehungsweise schlechtes Beispiel ist die Energiewende. Um Verbrauchern den Umstieg auf Erneuerbare Energien schmackhaft zu machen, wurde die sogenannte Einspeisevergütung eingeführt. Wer überschüssigen Strom ins Stromnetz abgibt, soll dafür bezahlt werden. Nicht so üppig, dass man als Privatmann damit richtig reich würde, aber immerhin. Gerd Böttcher nun hat auf seinem Haus in Elsteraue im Burgenlandkreis eine stattliche Photovoltaik-Anlage installiert - und speist auch fleißig überschüssigen Strom ein. Insofern hat er seinen Beitrag zur Energiewende längst geleistet - allein, es wird ihm nicht vergolten. Seit zwei Jahren wartet er darauf, dass der Versorger Mitnetz ihm die Vergütung zahlt. Das ist kein Einzelfall. Mein Kollege Julius Lukas hat hier aufgeschrieben, woran das liegt.

Sein Einsatz wird nicht belohnt: Gerd Böttcher hat vor Jahren schon in eine Photovoltaikanlage investiert - die Vergütung für ins Netz eingespeisten Strom lässt auf sich warten.
Sein Einsatz wird nicht belohnt: Gerd Böttcher hat vor Jahren schon in eine Photovoltaikanlage investiert - die Vergütung für ins Netz eingespeisten Strom lässt auf sich warten.
(Foto: René Weimer)

Ausflugstipp der Woche: Der Mondsee

In unserer Serie „Die Freizeitmacher“ stellen wir den ganzen Sommer über Freizeitattraktionen in Sachsen-Anhalt und die Macher hinter den Kulissen vor. Aktuell schauen wir auf einen der ehemaligen Tagebaue, der nun zu einem Naherholungsbgebiet geworden ist. Kirsten Reichert aus Naumburg leitet den Erholungspark bei Hohenmölsen im Burgenlandkreis. Mein Kollege Alexander Schierholz hat sie besucht, erzählt was man dort erleben kann und warum man rund um die Uhr heiße Pommes bekommt. Hier geht es zu seinem Text. Außerdem bieten meine Kolleginnen Jessica Quick und Canan Edemir einen schönen Überblick über Freizeitaktivitäten in ganz Sachsen-Anhalt - die Palette reicht vom Maislabyrinth in Aschersleben (Salzlandkreis) bis zu kostenlosem Sommerkino im Saalekreis. Hier geht es zu ihrem Text.

Am Mondsee gibt es eine große Rutsche - allerdings ist sie zeitweilig gesperrt.
Am Mondsee gibt es eine große Rutsche - allerdings ist sie zeitweilig gesperrt.
(Foto: Meike Ruppe-Schmidt)

Das war meine MZ-Woche. Ich freue mich über Anregungen, Fragen und Kritik unter: [email protected]

Ich wünsche Ihnen ein friedliches und schönes Wochenende!

Ihr Kai Gauselmann