Wolfgang Böhmer wird 80 Wolfgang Böhmer wird 80: "Ich schlamper ein bisschen vor mich hin"

Magdeburg - Wolfgang Böhmer verkörperte den Landesvater wie kaum ein anderer Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt. Der einstige Chefarzt regierte mit ruhiger Hand - Selbstdarstellung oder auch bundespolitisches Engagement waren nicht seine Stärken. Unpopuläre Entscheidungen setzte der selbstbewusste Mediziner angesichts leerer Landeskassen viele durch. Am 27. Januar wird Böhmer 80 - die CDU lädt genau zu diesem Tag zum Neujahrsempfang in Böhmers Wohnort in Wittenberg.
Noch kurz vor seiner Wahl 2002 galt es eigentlich als undenkbar, dass Böhmer den Einzug in die Staatskanzlei schaffen würde. Zwar war Böhmer seit 1990 Landtagsabgeordneter und von 1991 bis 1994 erst Finanz- und dann Sozialminister in einer CDU/FDP-Regierung. Doch den letzten großen Sprung zur Ablösung der von der PDS tolerierten SPD-Minderheitsregierung unter Reinhard Höppner hatte ihm eigentlich niemand zugetraut.
Die schlechten Aussichten hätten ihn damals angestachelt, erinnert sich Böhmer in dem kürzlich erschienenen Interview-Buch „Auf ein Wort, Herr Böhmer“. „Nachdem ich mich hatte überreden lassen, es zu machen, wollte ich es auch wissen. Wenn man nicht ein Mindestmaß an Ehrgeiz hat, sollte man besser zu Hause bleiben“, sagte Böhmer.
"Stammtischpolitik war nie mein Stil"
Zu seinen Hauptaufgaben zählt Böhmer im Rückblick die Senkung der damals bei 20 Prozent liegenden Arbeitslosenquote. „Sachsen-Anhalt hatte 96 Monate ohne eine einzige Unterbrechung die höchste Arbeitslosigkeit in Deutschland gehabt“, erinnert sich Böhmer. „Und ganz erfolglos waren wir auch nicht. Irgendwann waren wir nicht mehr Schlusslicht, sondern zumindest auf den zweitletzten Platz vorgerückt.“
Eine tiefe Verwurzelung in seiner Partei hatte Böhmer nicht, auch mit seiner Landtagsfraktion lag er häufig im Streit. „Das ist eine Typ-Frage. Stammtischpolitik war nie mein Stil“, meint Böhmer heute dazu. Auch nach seinem Abtritt als Regierungschef war Böhmer für die Regierenden nicht immer bequem. „Ich bezweifle nicht, dass sich die Verantwortlichen Mühe geben“, sagte Böhmer kürzlich unterkühlt in einem Interview der „Magdeburger Volksstimme“.
Die Politik hat er aber weitgehend hinter sich gelassen, auch wenn er noch der Kommission zum Umgang mit den Stasi-Akten vorsteht. „Man kann sich auch ans Nichtstun gewöhnen“, sagte Böhmer ein Jahr nach seinem Ausscheiden der dpa. „Ich schlamper ein bisschen vor mich hin.“
Der langjährige Frauenarzt war nach der Wende in die Politik gegangen. Als Gynäkologie-Chefarzt in Wittenberg hatte er da schon eine andere Karriere hinter sich. Die Chefarzt-Attitüde konnte der Professor aber auch als Politiker nie ganz ablegen, wie nach Kabinettssitzungen angemerkt wurde, in denen Böhmer im Umgang mit Ministern gerne einmal belehrend auftrat. Immer wieder fühlte sich Böhmer auch missverstanden oder falsch wiedergegeben.
Zur Landtagswahl 2011 trat Böhmer nicht wieder an - und gab den Stab an seinen Nachfolger Reiner Haseloff (CDU) weiter. Böhmer war verwitwet und heiratete 2004 ein zweites Mal. Dabei gab er seiner langjährigen Lebensgefährtin Brigitte Klein das Jawort. Kennengelernt hatten sich Böhmer und die Krankenschwester in dem Krankenhaus, in dem Böhmer vor seiner politischen Karriere Chefarzt war. (dpa)