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Gebäudeenergiegesetz Vor dem Verbot: Ansturm auf Erdgasheizungen in Sachsen-Anhalt

Handwerker werden mit Aufträgen zum Einbau fossiler Wärmetechnik überschüttet, die wohl ab 2024 verboten wird. Ist diese „Torschlusspanik“ angebracht?

Von Steffen Höhne Aktualisiert: 26.05.2023, 10:00
Schnell noch raus mit ihr und durch eine neue ersetzen. Eine neue Gastherme wird installiert.
Schnell noch raus mit ihr und durch eine neue ersetzen. Eine neue Gastherme wird installiert. Foto: Jan Woitas/dpa

Halle/MZ - Die Bundesregierung will aus Klimaschutzgründen den Einbau neuer Gas- und Ölheizungen verbieten. Noch ringt die Ampel-Koalition um den genauen Termin, 2024 ist bisher vorgesehen. Die Hausbesitzer reagieren bereits, doch nicht wie von der Politik gewünscht: Die Heizungsbaufirmen erhalten laut Fachverband Sanitär Heizung Klima Sachsen-Anhalt aktuell massiv neue Aufträge für den Einbau von Gas- und Ölheizungen.

„Unsere Betriebe werden mit Aufträgen überschüttet“, sagt Verbandsgeschäftsführer Hans-Michael Dimanski der MZ. „Es herrscht Torschlusspanik.“ Vor allem Besitzer älterer Häuser, bei denen der Einbau moderner Wärmepumpen technisch nicht so einfach sei, würden jetzt noch neue Gas- oder Ölheizungen einbauen lassen.

Das Unternehmen Schmidt Haustechnik aus Halle hat nach Angaben von Inhaber Steffen Schmidt die Auftragsbücher bis Jahresende mit Erdgasheizungen voll. „Neue Aufträge kann ich kaum noch annehmen“, so Schmidt. Der Betrieb Thriene Heizungs- und Badinstallationen aus Halle spricht davon, dass sich die Aufträge beim Einbau neuer Gasheizungen verdoppelt hätten.

Vor dem Verbot: Aus finanziellen Gründen werden noch Gasheizungen eingebaut

Es gibt bisher wenige statistische Erhebungen, wie stark die Nachfrage zugenommen hat. Laut Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie wurden von Januar bis März in Deutschland 168.000 neue Gasheizungen verkauft, das ist ein Plus von 14 Prozent zum Vorjahr. Allerdings: Bei Wärmepumpen verdoppelten sich sogar die Verkaufszahlen auf 96.500. Ebenfalls eine Verdopplung des Absatzes gab es bei Ölheizungen auf 21.500.

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Das heißt, sowohl erneuerbare als auch fossile Energieträger sind gefragt. Diese Erfahrung macht auch der Heizungsbauer Gebhard aus Wiederstedt (Mansfeld-Südharz). Alle ein bis zwei Wochen werde derzeit eine Wärmepumpe von der 25-Mitarbeiter-Firma installiert, sagt Projektleiter Adrian Gebhard.

Das sei sehr viel mehr als früher. Allerdings würden auch „bis zu drei Gasthermen pro Woche neu eingebaut“. Laut Gebhard seien oft die Finanzen der Grund, warum Hausbesitzer jetzt noch eine neue Gasheizung installieren lassen. Auch mit Förderung sei eine Wärmepumpe aktuell noch etwa doppelt so teuer wie der Austausch der Gasheizung.

Der Heiungsmarkt wächst insgesamt sehr deutlich.
Der Heiungsmarkt wächst insgesamt sehr deutlich.
Grafik: BDM

Doch ist der Einbau einer neuen Gas- oder Ölheizung noch sinnvoll? Der hallesche Heizungsbauer Dirk Jangel würde es seinen Kunden pauschal nicht mehr empfehlen. „Bei den aktuellen Gas- und Strompreisen ist die Gasheizung auch im Betrieb günstiger als die Wärmepumpe“, sagt der Heizungsfachmann.

Allerdings werde in den kommenden Jahren der staatlich festgelegte CO2-Emissionspreis auf fossile Energieträger erhöht. „Erdgas und Öl werden in Zukunft teurer, das ist aus Klimaschutzgründen auch vernünftig“, sagt Jangel. Dies müsse jeder beachten, „der jetzt eine neuen Gasheizung einbaut, die 20 Jahre laufen soll“.

Verbraucherschützer raten zur Energieversorgung: Nicht nur auf die erste Investition schauen

Energieexperte Hans Weinreuter von der Verbraucherzentrale erklärt: „Die Menschen sind zu sehr auf die Kosten für die erste Investition fixiert.“ Die vergangenen Monate hätten gezeigt, dass stabile und erschwingliche Gaspreise keine Selbstverständlichkeit sind.

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Das geplante Gebäudeenergiegesetz sieht vor, dass ab 2024 nur noch neue Gasheizungen zugelassen werden, die über das Jahr mindestens einen Anteil von 65 Prozent an erneuerbaren Energien nutzen. Das gilt auch beim Austausch von Heizungen. Installiert werden können damit weiter sogenannte Hybridmodelle mit Gasheizung und Wärmepumpe.

Auch der Einsatz von Bioerdgas oder grünem Wasserstoff als Erdgasersatz soll möglich sein. Nach Jangels Einschätzung muss genau geschaut werden, welches Modell zur jeweiligen Immobilie passt. „Es gibt keine pauschalen Lösungen.“