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Wie eine Badewanne Wie eine Badewanne: Naherholungsgebiet Löbitzsee steht unter Wasser

Von Helmut Dawal 26.06.2013, 09:08
Das Wasser zwischen den Bungalows am Löbitzsee kann auch fast drei Wochen nach dem Beginn der Flut nicht weichen.
Das Wasser zwischen den Bungalows am Löbitzsee kann auch fast drei Wochen nach dem Beginn der Flut nicht weichen. NICKLISCH Lizenz

Trebbichau/MZ - „Als ich die Tür aufgemacht habe, kam mir das Sofa entgegen geschwommen.“ Das sei schon ein komischer Anblick gewesen, erinnert sich Günter Kniestedt. Doch eigentlich war ihm eher zum Weinen zumute. Der Rentner aus Köthen (Anhalt-Bitterfeld) sah das Wasser in seinem Bungalow mehr als einen Meter hoch stehen. Schnell wurde ihm klar, dass hier nichts mehr zu retten und das von der Familie so geliebte Freizeitdomizil am Löbitzsee zerstört ist. „Den Bungalow können wir abreißen, das steht schon mal fest“, sagt der 72-Jährige verbittert.

Der Löbitzsee ist ein Naherholungsgebiet bei Köthen. Hier gibt es jede Menge Wochenendhäuser, die von Bäumen umgeben und direkt am See gelegen sind - hier kann man Ruhe finden, baden, rudern oder angeln. In der grünen Idylle haben sich Menschen aus Halle, dem Saalekreis und der Region Köthen ihr kleines Paradies geschaffen, wo sie sich den Sommer über aufhalten. Derzeit aber ist dort an Erholung nicht zu denken. Das Naherholungsgebiet, es liegt am tiefsten Punkt in der Umgebung, ist vollgelaufen wie eine Badewanne. Die Wassermassen strömten aus dem Elbe-Saale-Winkel dorthin.

Wie eine Welle

„Am 11. Juni ist die Flut gekommen, am frühen Morgen. Das war eine richtige Welle“, hat sich Bernd Godziszewski von Nachbarn, die gerade vor Ort waren, berichten lassen. Innerhalb weniger Stunden sei alles überflutet gewesen. Der Unternehmer aus Sennewitz, der seit 2008 ein Anwesen am Löbitzsee hat, wollte noch am selben Tag nach dem Rechten schauen, kam aber nicht mehr durch. Alles stand unter Wasser, die Zufahrtsstraße war mit dem Auto nicht passierbar. Erst vier Tage später gelang es ihm und anderen, zu den Grundstücken vorzudringen. „Mit zwei Kähnen haben wir noch einige Habseligkeiten retten können, Bekleidung oder Fernseher, eben Dinge, die oben standen und vom Wasser verschont geblieben waren.“

Auch jetzt, 14 Tage nach dem Hochwasser, kommt nur der zu seiner Parzelle, der sich eine Wathose überzieht oder einen Kahn oder ein Schlauchboot hat. Das Wasser ist zwar etwas zurückgegangen, allerdings nur sehr langsam. Die Wochenendsiedler werden daher allmählich unruhig.

Der Löbitzsee liegt im Biosphärenreservat, so steht es jedenfalls auf einem Schild. „Wenn hier nicht bald etwas getan wird, um das Wasser wegzukriegen, dann verreckt dieses Erholungsgebiet“, befürchtet Godziszewski. Nicht nur die Bungalows und Wochenendhäuser nehmen Schaden, weil sie schon länger als zwei Wochen im Wasser stehen. „Auch für die Bäume und Hecken ist das nicht gut, die werden wohl eingehen“, sagt der Sennewitzer. Zudem schwimme ausgelaufenes Öl auf dem Wasser, Fäkalien seien ausgetreten. Der Löbitzsee, er ist zu einem stinkenden Gewässer geworden. „Und es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis die Fische sterben.“

Harry Scholz ist der Vorsitzende des Vereins Löbitzsee, der 175 Mitglieder zählt und dem fast alle Grundstücksbesitzer angehören. Seit Tagen patrouilliert er durch das Gebiet. „Das Wasser muss so schnell wie möglich aus der Siedlung abgeleitet werden“, betont auch er. „Nur so kann man noch größere Schäden abwenden.“ Vorstellungen, wie der Abfluss beschleunigt werden kann, hat er bereits. So müsse ein unterirdisches Rohr, das Wasser vom Löbitzsee in einen nahen Teich und später in den Landgraben führen könne, von Steinen befreit werden. Notfalls könne man auch einen Radweg aufschlitzen, damit noch mehr abfließen kann.

„Wir stehen mit dem Vereinschef ständig in Verbindung“, versichert Stefan Hemmerling, Bürgermeister der Gemeinde Osternienburg Land. Er kennt die Pläne - aber eben auch die Probleme. „Die Aufnahmekapazitäten für das Wasser sind einfach erschöpft“, betont er und spricht von einer dramatischen Situation. So sei der Wulfener Bruch, ein großes Feuchtwiesengebiet, das Wasser aufnehmen könnte, selbst noch überflutet. Auch der Landgraben, der als Abfluss dienen könnte, sei noch randvoll.

Hoffen auf Schöpfwerk

Daher hat die Osternienburger Verwaltung beim Landesbetrieb für Hochwasserschutz angefragt, ob das abgestellte Schöpfwerk in Breitenhagen in Betrieb genommen werden könne. Auch Vereinschef Scholz macht sich dafür stark - eine Antwort steht aber noch aus.

Günter Kniestedt hat unterdessen schon einmal überschlagen: Allein sein Schaden dürfte bei 30 000 Euro liegen. „Ich bin gegen alles versichert, nur nicht gegen Hochwasser“, sagt er sarkastisch. Trotzdem will er nicht aufgeben. Seit 1968 hat er hier sein Grundstück und möchte die schöne Landschaft weiter genießen. „Ich baue noch mal, oder besser, ich lasse bauen.“