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Unternehmerinnen des Jahres Unternehmerinnen des Jahres: 55 Jahre im Geschäft

Von Andreas Braun 29.09.2006, 19:45

Nienburg/MZ. - "Hier habe ich meine erste Eisenbahn gekauft." Damals war der Käufer ein zehnjähriger Junge. Heute ist er ein gestandener Mann. Doch an "Günthers Eck" kann er sich nach über 20 Jahren immer noch erinnern. Ebenso wie an die nette Frau, die ihm die Spur N verkaufte. Das war Elisabeth Jannsen, die seit 1978 das von ihrem Großvater Franz Günther gegründete Geschäft in Nienburg (Landkreis Bernburg) führt.

Jannsen steht immer noch im Geschäft und die Eisenbahn des jungen Mannes ist auch noch intakt. "Man muss Qualität bieten, wenn man so lange mit einem kleinen Laden überleben will", sagt die 75-Jährige, die 1951 im Geschäft ihrer Eltern zu arbeiten begann. Mit den Preisen der großen Märkte kann sie nicht mithalten. Also heißt es, Service und gute Ware anbieten. "Ich fahre selbst zu den Einkaufsmessen nach Bielefeld oder Leipzig", so die Geschäftsinhaberin. Nur dort könne sie die Konditionen aushandeln, die sie dann an die Kunden weiter gebe.

Wer Frau Jannsen zuhört, merkt, dass sie auch in den nächsten Jahren weitermachen möchte. "Das muss ich doch. Ich bin mit dem Laden groß geworden. Leider will von meinen zwei Mitarbeiterinnen keine das Geschäft übernehmen", erzählt die Nienburgerin, die seit 51 Jahren mit Ehemann Walter verheiratet ist und zwei Söhne groß gezogen hat. Die Söhne schlugen eine

andere Richtung ein, studierten und haben gute Jobs. Von den drei Enkeln, alles Mädchen, ist noch keins so weit, um sich über eine Geschäftsübernahme Gedanken zu machen. So steht Elisabeth Jannsen eben jeden Tag selbst hinter der Ladentheke und verkauft Haushaltswaren, Spielzeug, Leitern, Glühlampen oder Fahrradreifen.

Dafür, dass sie das Geschäft so lange, auch über die DDR-Zeit, als selbstständige Unternehmerin gehalten hat, bekam Elisabeth Jannsen jetzt einen Preis. Der Arbeitskreis Magdeburger Unternehmerinnen / Verband selbstständiger

Frauen in Sachsen-Anhalt, würdigte die Leistung der Nienburgerin mit einem Sonderpreis als "Unternehmerin des Jahres 2006". "Damit habe ich nie gerechnet", sagt Frau Jannsen, für die ihre Arbeit eine Selbstverständlichkeit ist. Und der Name Günther hat in Nienburg Tradition. Bald ist Geburtstag - 115 Jahre Firmengeschichte sind zu feiern. Großvater Franz gründete am 13. Oktober 1891 einen Nähmaschinenhandel. Zusätzlich wurden Eisen- und Stahlwaren sowie Fahrräder verkauft. 1899 wurde noch eine Schlosserei gegründet. 1921 kam ein Elektroinstallationsgeschäft dazu. Ein Jahr später stieg Sohn Franz Günther jun. mit ein.

Dass das Geschäft noch viele Jahre am Leben bleibt, darauf hofft nicht nur ein Nienburger, der sich als Kind die Nase am Schaufenster platt gedrückt hat. Jedes Jahr bewunderte er die Weihnachtsdekoration: Ulrich Gerstner, Landrat in Bernburg. Und wenn er sich an diese Zeit erinnert, ist immer noch ein Funkeln in seinen Augen zu sehen.