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Ströbeck Ströbeck: Schach auf dem Stundenplan

Von Maria Schulzki 27.02.2006, 19:42

Ströbeck/MZ. - Pferde, Königinnen und Türme - aus Märchen wie Rapunzel kennt sie jedes Kind. Auch dem neunjährigen Felix Mann aus Ströbeck (Landkreis Halberstadt) sind diese Figuren vertraut. Nur dass er sich auch noch bestens mit Springern und Läufern auskennt. Denn Felix spielt Schach. Schon seit der zweiten Klasse und bald auch in einer neuen privaten Sekundarschule im Ort. Eine ungewöhnliche Freizeitbeschäftigung für einen Neunjährigen? Nicht in Ströbeck, das sich selbst "Schachdorf" nennt. Dort hat das Spiel mit den weißen und schwarzen Feldern eine lange Tradition.

Schach ist in der Grundschule Unterrichtsfach. Bis vor zwei Jahren auch in einer Sekundarschule. Die musste dann jedoch schließen, weil die Schülerzahlen drastisch zurückgingen. Auch ein langer Streit zwischen Kultusministerium und Dorf, der sogar in einer Klage auf Erhalt der Schule mündete, konnte das nicht verhindern. Ab dem kommenden Schuljahr gibt es wieder eine Sekundarschule im Ort, die an die Tradition anknüpfen möchte. Eine private Schule. Andreas Schraknepper ist Geschäftsführer der Oskar-Kämmer-Schule, dem privaten Betreiber. "Die Schachtradition des Ortes hat uns gereizt, die alte Sekundarschule zu übernehmen", sagt der 54-Jährige. Er will den Denksport in das besondere pädagogische Konzept der neuen Schule integrieren. "LebenLernen", soll sie heißen, nach dem Prinzip der Betreibergesellschaft.

Die hat das Ziel, "Schüler fit zu machen für die Herausforderungen des Lebens", heißt es auf der Internet-Seite des Betreibers. Das Konzept: Klassen von maximal zwölf Schülern, das soll auch das Problem des Schülermangels lösen. Und stufenübergreifender Unterricht. Schraknepper erklärt: "Wenn ein Schüler gut in Mathe ist und schlecht in Deutsch, dann wird er in Mathe besonders gefordert und in Deutsch gefördert." Indem er zum Beispiel den Matheunterricht einer höheren Stufe mitmache. Die Individualität jedes Schülers stehe im Mittelpunkt: "Jeder Schüler bekommt für eine Woche ein Lernziel, zum Ende der Woche präsentiert er den anderen seine Ergebnisse", erläutert der Geschäftsführer. So lernten die Kinder eigenverantwortlich zu arbeiten.

Das Konzept hat auch Rudi Krosch überzeugt. Der Bürgermeister von Ströbeck freut sich aber vor allem über eines: "Endlich wird wieder Schach gespielt", sagt er stolz. "Die Schachtradition muss einfach erhalten bleiben. Wir wollten schon eine eigene Stiftung gründen." Über das Angebot der Oskar-Kämmer-Schule freue man sich sehr im Ort. Auch Olaf Mann freut sich. Der Vater von Felix hat schon die Anmeldung für die neue Schule ausgefüllt. "Natürlich ist es toll, dass die Kinder weiter Schachspielen", sagt er. "Wichtiger ist uns aber noch die Pädagogik der Schule." Die Projekte, das selbständige Arbeiten: "Das ist doch genau das, was man heute braucht in der Arbeitswelt."

Gerhild Mehle-Mann aus Halberstadt ist indes skeptisch und weiß noch nicht, ob sie ihre Tochter Marie im Sommer auf die neue Schule schicken möchte. Sie ist selbst Lehrerin, hat an der alten, staatlichen Sekundarschule unterrichtet. "Ich denke, dass nach dem Konzept eine ungeheure Verantwortung auf den Lehrern lastet", sagt sie. Es gebe ja auch noch nicht so viele Schulen nach dem neuen Konzept. "Ich möchte erstmal abwarten, wie das in der Praxis funktioniert."

Schraknepper wartet indes noch auf die Genehmigung des Kultusministeriums. Das sei aber nur eine Formsache, betont er. In Schönebeck stehe schließlich schon eine seiner Schulen. Und so kann sich Felix schon auf die neue Schule freuen. Und darauf, ein Profi in Sachen Pferden, Königinnen und Türmen zu werden.

Infos im Internet:

www.lebenlernen.de