"Beleidigung für jeden Handwerker" Tischler kritisiert Sonnendach im Kindergarten Schadeleben: Schützen Klarsichtplatten gar nicht vor Strahlung

Nachterstedt/Schadeleben - Die Praxis der Auftragsvergabe für Handwerkerleistungen in der Stadt Seeland sorgte in der jüngsten Stadtratssitzung für Kritik. Norbert Kern, seit 27 Jahren Tischler im Ortsteil Schadeleben, fragte in der Einwohnerfragestunde stellvertretend auch für eine zweite Tischlerei aus dem Seeland nach der Vergabestruktur des Bauamtes.
Als ortsansässiges Unternehme sei er gezwungen, hier Steuern zu zahlen. Da wäre es schön, „wenn wir als Firma wenigstens mal aufgefordert werden, ein Angebot zu machen“. Das sei in den letzten Jahren sehr selten passiert.
Norbert Kern weist darauf hin, dass das Dach mit Hilfe von Spendengeld gebaut wurde
Kern berichtete, dass er von Eltern angesprochen wurde, weil in der Kindertagesstätte ein Dach gebaut wurde. Er sei gefragt worden, „warum wir das Dach nicht gemacht haben“, erklärte der Tischler. Warum, so Kern, sei ihm eigentlich egal. Aber in der Kita wurde ein Dach gebaut, das letztendlich aus Spendengeldern finanziert worden sei, berichtete Kern.
Kern kam nach eigenem Aufmaß und Recherchen auf einen Materialpreis von etwas mehr als 3.000 Euro. Da der Bauunternehmer öffentlich geäußert hatte, dass er nur für den Materialpreis arbeitet, sah Kern eine erhebliche Differenz.
Auch sah der Tischler einen Widerspruch in der Aussage, dass es sich laut einem MZ-Bericht um ein Sonnenschutzdach handelt. „Das Dach hat Klarsichtplatten, da scheint die Sonne durch.“
Bürgermeisterin Heidrun Meyer (parteilos) verbat sich gegenüber Kern weitere Ausführungen zu den Zahlen. „Die Summen stimmen nicht“, meinte sie. Kern sah in dem Dach „eine Beleidigung für jeden Handwerker, der sich das angucken muss“, und führte weitere Details als Begründung an. „Bitte prüfen Sie das, das stößt bitter auf und ärgert einen“, wünschte sich Kern.
„Das Dach hat Klarsichtplatten, da scheint die Sonne durch“, kritisiert der Handwerker
Die Kritik an der Art und Weise der Vergabe durch die Verwaltung sah Mario Kempe, der Vorsitzende des Stadtrates, als berechtigt an. Kritik am Umgang mit Handwerkern aus dem Stadtgebiet sei schon einmal in den Stadtrat getragen worden. Seine Frage, wie Firmen aus der Stadt Seeland beteiligt werden an solchen Ausschreibungen, gab Kempe an die Bauverwaltungschefin weiter. „Wir halten uns an Vorschriften“, betonte Andrea Kretschmer. Mit den Spendengeldern sei dies „ein spezieller Fall“. Sie sicherte eine Auswertung zu. Inwieweit der Bau fachlich in Ordnung ist, vermochte Mario Kempe nicht einzuschätzen.
Auf eine telefonische MZ-Nachfrage zu den Ergebnissen der Auswertung wollte sich Bürgermeisterin Heidrun Meyer nicht äußern. „Wir sind dabei, die Behauptungen zu widerlegen. Aber wir haben noch nicht die endgültigen Ergebnisse“, bat Meyer um Verständnis. Und auch wenn die Ergebnisse vorliegen, möchte die Bürgermeisterin diese zuerst dem Stadtrat vorlegen. Dessen nächste Sitzung ist am 10. Dezember, vertröstete die Bürgermeisterin.
(mz)