1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Salzlandkreis
  6. >
  7. Schützenverein Friedrichsaue: Schützenverein Friedrichsaue: Von NVA und GST kamen die ersten Waffen

Schützenverein Friedrichsaue Schützenverein Friedrichsaue: Von NVA und GST kamen die ersten Waffen

Von Regine Lotzmann 31.05.2016, 15:40
Ein altes Foto zeigt die Schützen in Friedrichsaue im Jahr 1938
Ein altes Foto zeigt die Schützen in Friedrichsaue im Jahr 1938 Schützenverein

Friedrichsaue - Mohnblumen tupfen ein knalliges Rot zwischen dürre Grashalme, die den letzten Regen förmlich aufgesaugt haben. Das Grün der Bäume und Büsche, die den Feldweg gleich hinter Friedrichsaue säumen, ist dagegen dunkel und satt. „Alles, was es hier gibt, haben wir selbst angepflanzt“, deutet Ulrich Harke mit einer weit ausladenden Armbewegung auf die idyllische Zufahrt zu Schießstand und Schützenhaus, die der „Schützenverein Friedrichsaue 1903“ fast vollständig in Eigenleistung errichtet hat.

„Das hier war eine Müllkippe, die nach der Wende geschlossen wurde“, erzählt der Friedrichsauer und schmunzelt: „Zu unserem Glück! Weil wir damals nämlich ein passendes Gelände für unseren Schießstand gesucht haben.“ Und dort, vor den Toren des kleinen Seeland-Ortes, bot sich das förmlich an, findet Harke.

Der ist der Vorsitzende des Vereins, der 1903 gegründet, nach dem Zweiten Weltkrieg verboten und 1991 unter Vorsitz von Karl Wilke wiedergegründet wurde. Also vor genau 25 Jahren. Ein Grund zum Feiern - am 20. August - und zum Zurückschauen, meinen er und seine Schützenbrüder.

Die wollten als Schützenverein nicht nur die Tradition wahren, sondern natürlich auch das Sportliche, das Schießen in den Mittelpunkt rücken. „Dafür brauchten wir Sachkundeprüfungen, ärztliche Atteste, polizeiliche Führungszeugnisse“, zählt Adolf Bendik, der zu den Gründungsmitgliedern gehört, die Bedingungen für eine Waffenbesitzkarte auf. „Ich hatte meine erste Waffe von der Treuhand, die die Bestände von GST und NVA auflöste“, erinnert sich Ulrich Harke, der seit 2004 der Vereinschef ist.

Doch die Waffen waren nur das eine. „Wir mussten ja auch irgendwo schießen.“ Dafür zogen die Friedrichsauer vom Ascherslebener Salzkoth über Ballenstedt nach Staßfurt und Quarmbeck. Immer unterwegs und auf andere Vereine angewiesen. „Das war manchmal ein heilloses Durcheinander“, weiß Bendik.

Und Harke nickt: „Eine wilde Zeit. Da kam uns 1993 die geniale Idee: Lasst uns doch was Eigenes bauen.“ Bis die umgesetzt werden konnte, gingen allerdings einige Jahre ins Land. Die Männer zeigen Fotos von 1995, wo das Gelände einer Mondlandschaft glich.

Doch die Friedrichsauer hatten immer auch Glück. Denn die Erde für die vorgeschriebenen Schutzwälle war eigentlich der Aushub aus dem Bau der Ditfurter Kanalisation - ein Glück für beide Seiten. Auch die Öseg half bei den schweren Arbeiten. Ansonsten packten die Vereinsmitglieder selbst mit zu.

Baustelle und jede Menge Behördengänge

„Im April 1995 haben wir jeden Sonnabendnachmittag gearbeitet, Hänge abgeharkt, Gras gesät, aber schon im Mai haben wir gemerkt, dass die Zeit knapp wird“, berichtet Ulrich Harke. Denn das Projekt war an Fördermittel gebunden, musste bis Ende des Jahres fertig sein. Und so rackerten die Schützen bis Dezember jeden Sonnabend den ganzen Tag. „Wir haben wochenlang an den Hülsenfundamenten geschachtet, doch bei starkem Regen war immer wieder alles zugeschwemmt.“

Die umfangreichen Behördengänge übernahm der damalige Vereinschef, für die baulichen Dinge zeigte sich Gerhard Witte zuständig. „Ohne ihn würde es heute hier oben nicht so aussehen.“ Ab Januar ’96 durfte dann geschossen werden: erst mit Kleinkaliber, dann auch mit Langwaffen. Das nutzen nun auch viele andere Vereine - zum Üben und für Wettkämpfe. Dafür ist immer einer der Friedrichsauer am Schießstand, als Aufsichtsperson.

So wie der 75-jährige Bendik, der seit 1996 jeden Freitag hier oben ist. Die älteren Vereinsmitglieder treffen sich zudem jeden Mittwoch, um die Anlage in Schuss zu halten - und das schon seit 20 Jahren. Natürlich wurde weitergebaut und modernisiert. „Anfangs mussten wir noch zu Fuß laufen, um die Scheiben zu holen, heute haben wir eine elektronische Rückholanlage“, erzählt Bernd Thielemann, der - wegen seiner Frau nach Friedrichsaue gezogen - seit 2000 im Verein dabei ist, wo sein Schwiegervater Gründungsmitglied war.

Auch ein Vereinsraum wurde angebaut - für Treffen, Versammlungen, Schulungen, für die kalte Jahreszeit. Und für Feiern der Dorfbewohner. „Wir hatten kein Wasser hier und kein Telefon.“ Hilfe gab es oft von Harzer Volksbank und der Hederslebener Agrargenossenschaft, die den Winterdienst übernimmt. Aber auch einen Rückschlag, der die Schützen fast zum Aufgeben zwang. „2011 wurde hier eingebrochen und alles, was hier drinnen war, zerstört“, erzählt Harke.

„Das Schlimmste aber war das Wasser“, findet Thielemann. „Alle Fußböden waren überschwemmt und mussten ausgewechselt werden, die Heizung kaputt getreten, Fenster zerstört.“ „Das ging an unsere finanzielle Substanz“, gesteht der Vereinschef. Hilfe kam da vom Landtagsabgeordneten Detlef Gürth, der finanzielle Unterstützung vermittelte, und dem Schadelebener Tischler Andreas Lindau, der umgehend Fenster und Türen reparierte. Inzwischen kann hier wieder geschossen werden. Und gefeiert. Im August, wenn der Verein 25 wird. (mz)

Die älteren Schützen bringen jeden Mittwoch das Gelände auf Vordermann.
Die älteren Schützen bringen jeden Mittwoch das Gelände auf Vordermann.
Gehrmann
Die Mitglieder bei einem Arbeitseinsatz.
Die Mitglieder bei einem Arbeitseinsatz.
Gehrmann