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Bahnstrecke gesperrt Nachterstedt: Wieder Erdrutsch am Concordiasee

Von Kerstin Beier 28.06.2016, 17:47
Am Concordiasee rutschte ein Radlader ab. Das Foto zeigt einen Blick auf die Unglücksstelle.
Am Concordiasee rutschte ein Radlader ab. Das Foto zeigt einen Blick auf die Unglücksstelle. Thomas Tobis

Nachterstedt - In Nachterstedt (Salzlandkreis) hat es am Concordiasee, einem gefluteten Tagebau, am Dienstag kurz vor 18 Uhr erneut einen Erdrutsch gegeben.

Dabei ist der Fahrer eines Radladers leicht verletzt worden. Der 51-Jährige konnte sich mit Hilfe eines Sicherheitsseils selbst befreien und kam zur Beobachtung ins Krankenhaus.

Nach dem Unglück wurde die Bahnstrecke zwischen Frose und Wegeleben gesperrt. Ein Gutachter vom Bergbausanierer Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau -Verwaltungsgesellschaft (LMBV) analysiert die Schäden. Es wird dauern, ehe eine Entscheidung darüber fällt, wie es weitergehen soll.

Auf welcher Länge die Böschung eingebrochen ist, war am Dienstagabend noch nicht klar. Die Rettungskräfte sperrten die am See entlang führende Straße aus Sicherheitsgründen  ab. Die Anwohner an der Straße sind noch am Abend vorsorglich in Sicherheit gebracht worden.

Nach derzeitigem Kenntnisstand war eine Firma mit Verdichtungsarbeiten im Auftrag der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft in diesem Bereich beschäftigt. Plötzlich rutsche das Erdreich und mindestens ein Baufahrzeug geriet ebenfalls ins Rutschen.

Acht Familien kamen zum Teil bei Angehörigen und zum Teil in einem Hotel unter. Wirtschaftsminister Jörg Felgner (SPD) war umgehend nach Nachterstedt gefahren, um sich ein Bild vom Geschehen zu machen.

 In den frühen Morgenstunden rutschen am teilgefluteten Tagebaurestloch Concordia-See etwa 4,5 Millionen Kubikmeter Erdreich ab. Zwei Häuser der Wohnsiedlung „Am Ring“ werden 100 Meter in die Tiefe gerissen.

Die Einwohner dürfen wichtige Gegenstände aus ihren Häusern holen, ehe sie wieder in Ferienwohnungen oder bei Bekannten unterkommen.

Die Suche nach den drei Verschütten im Alter von 48, 50 und 51 Jahren wird eingestellt.

Die Bergbaubehörde Sachsen-Anhalts gibt bekannt, dass das Unglücksgebiet vermutlich nie wieder bewohnt werden kann.

Die Sicherheitsvorkehrungen um den See werden verstärkt, weil neue Abbrüche drohen. Zufahrtsstraßen zu dem 350 Hektar großen Gewässer werden gesperrt.

Spezialisten der Harzer Bergwacht holen Erinnerungsstücke aus den verlassenen Häusern. Die früheren Bewohner hatten zuvor Listen mit Dingen angefertigt, die ihnen besonders am Herzen liegen.

Der Abriss beginnt. Zwölf Doppelhaushälften, ein Einfamilienhaus und 48 Nebengebäude müssen weichen. Das Gelände ist bis heute gesperrt.

Zwei Gutachten zu den Ursachen des Erdrutsches werden vorgestellt. Beide besagen, dass hoher Druck in Grundwasserschichten unterhalb des Kohleflözes Hauptauslöser des Unglücks war. Der Concordia-See bleibt gesperrt.

Die Staatsanwaltschaft stellt ihre Ermittlungen zu dem Erdrutsch ein. Der Verdacht einer fahrlässigen Tötung habe sich nicht erhärtet. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine Verletzung der Sorgfaltspflicht bei der Errichtung oder Pflege der abgerutschten Böschung.

Das Erdreich gerät an einem noch nicht sanierten Teil der Böschung wieder in Bewegung. Zwei schwere Baugeräte rutschen ab, ein Arbeiter kann sich mit leichten Verletzungen retten.

Das Ereignis weckte Erinnerungen an den verheerenden Erdrutsch im Juli 2009, als drei Menschen ums Leben kamen und 41 Nachterstedter ihr Zuhause verloren hatten. Seitdem ist der Concordiasee gesperrt. Ursprünglich sollte er  touristisch erschlossen werden. Eine geplante Teilfreigabe   muss nun überprüft werden. (mz)