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  7. Ob Craft Beer oder traditionell: Mathis Seliger aus Nachterstedt lebt seine Leidenschaft für Bier: "Ich will über den Horizont hinausschauen"

Ob Craft Beer oder traditionell Mathis Seliger aus Nachterstedt lebt seine Leidenschaft für Bier: "Ich will über den Horizont hinausschauen"

Von Kristina Hammermann 10.07.2020, 09:56
Bierbrauer Mathis Seliger prüft das Endprodukt.
Bierbrauer Mathis Seliger prüft das Endprodukt. Seeliger

Nachterstedt/Berlin - Deutschland gilt als eine der Biernationen schlechthin. Viele große Brauereien sind historisch gewachsen und hegen eine lange Tradition. Doch daneben haben sich in den letzten Jahren auch viele kleine gegründet - sogenannte Craft Beer (zu deutsch: Handwerk-Bier) Brauereien.

„Die sind eigentlich nicht unbedingt handwerklicher“, erklärt Bierbrauer Mathis Seliger die Trend-Bewegung, die aus den USA herübergeschwappt ist. „Aber diese Brauereien sind innovativer. Sie trauen sich mehr und experimentieren mit Rohstoffen, vor allem mit Hopfen“, so der gebürtige Nachterstedter.

Aktuell arbeitet er selbst in einer Berliner Craft Beer Brauerei, kennt aber auch die großen Traditionellen sehr gut. Ursprünglich wollte Mathis Seliger Bankkaufmann werden. „Weil ich damals zu Abi-Zeiten nicht wirklich wusste, was ich sonst werden sollte“, gesteht der 29-Jährige.

Bei einem Berufsorientierungsangebot am Ascherslebener Fachgymnasium hatte er sich beraten lassen, aber „eigentlich hatte ich keinen Bock, bei einer Bank zu arbeiten.“ Durch einen Bekannten, der beruflich Kälteanlagen in Brauereien wartet, kam der Nachterstedter erst auf die Idee, sich zum Brauer und Mälzer ausbilden zu lassen, denn Bier mochte er schließlich damals schon.

Mathis Seliger absolvierte bei Radeberger eine Berufsausbildung

Und so zog er nach seinem Schulabschluss 2011 nach Dresden und begann seine dreijährige Ausbildung bei der größten Brauerei Sachsens: Radeberger.

Von der Rohstoffannahme bis hin zur Flaschenabfüllung und Qualitätskontrollen in Restaurants und Bars - Mathis Seliger durchlief verschiedenste Stationen und lernte dabei alles rund ums Bier - sowohl in der Berufsschule, als auch in der Praxis.

„Vom ersten Tag an ist man voll dabei und arbeitet in den alltäglichen Schichten mit“, erzählt der Nachterstedter. Von der Größe der Brauerei war er damals überwältigt, vor allem weil er sich erst einmal in das System und seine Rolle hineinfinden musste.

Aber die Ausbildung hat ihm viel Spaß gemacht und bisher hat er nie bereut, genau diesen Weg eingeschlagen zu haben. Nach seiner Ausbildung blieb er noch ein halbes Jahr in seinem Lehrbetrieb und wollte dann in einer kleinen Brauerei in den USA arbeiten.

Im Jahr 2015 wechselte er zur Paulaner-Brauerei in München

„Das war aber gar nicht so leicht wie gedacht“, gesteht Mathis Seliger, der sich dann auf eine Stelle bei Paulaner in München bewarb und 2015 dorthin wechselte. Der Wunsch, ins Ausland zu gehen, blieb aber bestehen, auch wenn es ihm in München sehr gefallen hatte:

„Ich wollte über den Horizont hinausschauen, mein Englisch verbessern und einfach mal wissen, wie Bier in einem anderen Land gebraut wird“, so der 29-Jährige, der dann seine Fühler damals sogar bis nach Australien ausstreckte.

Als Mathis Seliger eine Zusage auf eine Initiativbewerbung bekam, die er an eine Craft Beer Brauerei in Schottland namens „BrewDog“ geschickt hatte, zog er im Februar 2016 nach Aberdeen. Dort traf er auf ein junges und internationales Team, das nationale Einflüsse in verschiedene Bierkreationen fließen lassen konnte.

„Der Brauprozess ist eigentlich überall gleich. Aber die Technik, Mischung und Philosophie unterscheiden sich“, erklärt der 29-Jährige. Dieses experimentelle Umfeld fand der deutsche Bierbrauer extrem spannend, und aus Arbeitskollegen wurden schnell Freunde.

Seit 2018 arbeitet Seliger in einer Brauerei in Berlin

Etwa einmal pro Monat besuchte Mathis Seliger in Deutschland Freunde und Familie. 2017 lernte er dabei die Dresdnerin Maxi kennen, in die er sich verliebte. Weil eine Fernbeziehung auf Dauer nicht ideal war, ergriff er im Juni 2018 die Chance und nahm einen Job in der Berliner Brauerei „BRLO“ an, für die er heute noch arbeitet, und zog zurück nach Deutschland.

In Berlin liebt er die Kulturlandschaft und Bierszene. „Hier gibt es viele kleine Brauereien und weil diese oft zusammenarbeiten, statt miteinander zu konkurrieren, kennt man sich und tauscht sich viel aus. Das ist echt schön“, erzählt der 29-Jährige.

In seiner Wahlheimat Berlin lebt er nun mit Freundin Maxi und den Zwillingen Juna und Jonte, die im März 2019 auf die Welt kamen. Ob es ihn und seine kleine Familie irgendwann wieder zurück in die Region ziehen wird?

„Aktuell nicht. Wenn, dann nur für eine kleine Brauerei mit innovativem Konzept und Gastronomie, die nicht nur Pils und Weizen brauen. Sonst reizt mich das nicht mehr.“ (mz)