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Jubiläum für Sabine Eckert  Jubiläum für Sabine Eckert : 25 Jahre einfach durchgehalten

Von Marko Jeschor 09.07.2017, 07:55
Sabine Eckert ist mit ihrem Marktcenter eine Institution geworden.
Sabine Eckert ist mit ihrem Marktcenter eine Institution geworden. Frank Gehrmann

Cochstedt - Was müssen das für Zeiten gewesen sein, damals, Anfang der 1990er Jahre, als die Menschen von dieser Euphoriewelle getragen wurden, die vieles möglich zu machen schien trotz des gesellschaftlichen Umbruchs nach dem Mauerfall, trotz der damit verbundenen Schließung etlicher Betriebe.

In die Selbständigkeit mit dem Marktcenter

Sabine Eckert jedenfalls knipste sozusagen das Licht im Konsum in der Cochstedter Friedensstraße aus, um wenig später ihren eigenen Laden zu eröffnen: das Marktcenter in der Böklinger Straße.

Denn Arbeitslosigkeit war für die heute 57-jährige gebürtige Königsauerin keine Alternative.

Bereut hat sie den Schritt in die Selbstständigkeit nicht. Zumindest erinnert sie sich gern zurück an die Zeiten, als die Leute bei ihr noch Schlange standen und sie trotz zweier Kassen kaum mit dem Kassieren hinterher kam.

Von der Euphorie ist nicht mehr viel geblieben

Heute, fast 25 Jahre später, ist von diesem Gefühl der Euphorie nicht mehr viel geblieben - und doch gibt es Sabine Eckert und ihr Marktcenter noch, was schon eine außergewöhnliche Leistung ist, wenn man sich in den anderen Dörfern in der Region umschaut, wo es eben kein Grundangebot an den notwendigsten Dingen gibt.

„Ich habe einfach durchgehalten“, sagt Eckert schulterzuckend. In den Jahren ging es gefühlt oft abwärts mit dem Markt - erst die Eröffnung eines Discounters im Nachbardorf, der natürlich andere Preise anbieten kann als sie.

Dann zählt sie den Euro auf, Hartz IV, die Versorgung der Tafel und schließlich seien viele Kunden einfach gestorben.

Immer den neuen Bedingungen angepasst

Und trotzdem verstand es Sabine Eckert in den zweieinhalb Jahrzehnten ganz offensichtlich, sich den neuen Rahmenbedingungen anzupassen.

Natürlich: Mittlerweile arbeitet Claudia Sperling aus Aschersleben, immerhin seit der Jahrtausendwende dabei, nur noch als Stundenkraft bei ihr und die zweite Kasse ist längst verwaist.

Den Einkauf auch nach Hause liefern

Den notwendigen Umsatz, um zumindest einigermaßen über die Runden zu kommen, erwirtschaftet Eckert auch dank des Services, den sie anbietet: „Ich kaufe für die Kunden ein und bringe ihnen sogar das Essen nach Hause.“

Wer selbst zwischen montags und samstags vorbei kommt, der findet nicht nur ein Grundangebot an Nahrungsmitteln, Getränken und Blumen sowie einen Anlaufpunkt, um Pakete zu verschicken, der bleibt meist auch für ein nettes Schwätzchen. Zumindest duzt Sabine Eckert die meisten ihrer Kunden.

Marktcenter ist auch zum Treffpunkt geworden

Das Marktcenter ist für die Cochstedter aber nicht nur deshalb mehr als die letzte verbliebene Einkaufsmöglichkeit im Ort.

Es ist eben auch ein Treffpunkt geworden: für die Karnevalisten, die in der ersten Etage der ehemaligen Möbelfabrik seit der Sperrung des Volkshauses vor Jahren proben dürfen, für den Heimatverein, für die Frauen des Frauenkommunikationszentrums, das derzeit nicht besetzt ist, für die Frauen der Volkssolidarität sowie für die sogenannten Montagsfrauen, die jeweils einmal im Monat vorbeikommen, um bei Kaffee und Kuchen zu plaudern.

Außerdem engagiert sie Eckert beim Eichenfest und für die Hofweihnacht. Cochstedts Ortsbürgermeister Wolfgang Weißbart zollt Eckert für ihr Engagement und ihr Durchhaltevermögen deshalb höchsten Respekt: „Ohne sie wäre das Leben in Cochstedt leer und traurig.“ (mz)