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Jobcenter Salzlandkreis Jobcenter Salzlandkreis: Betrog Bildungsträger um 400.000 Euro?

Von Marko Jeschor 18.02.2017, 10:45
Ein Arbeitsvermittler berät in einem Jobcenter einen potenzielle Umschüler.
Ein Arbeitsvermittler berät in einem Jobcenter einen potenzielle Umschüler. dpa

Aschersleben/Bernburg - Es ist ein einmaliger Vorgang. Der Salzlandkreis will eine Firma auf Schadensersatz verklagen, die Langzeitarbeitslose für den Arbeitsmarkt fit machen soll. Der Vorwurf: Gelder sollen nicht zweckentsprechend eingesetzt worden sein. Nach MZ-Informationen geht es um über 400.000 Euro.

Laut internen Dokumenten waren bei einer Kontrolle des freien Bildungsträgers Anfang 2015 in Schönebeck „erhebliche Mängel“ festgestellt worden. Die Rede ist auch von Urkundenfälschung. Deshalb läuft auch ein Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer. Der weist die Vorwürfe jedoch zurück.

Kosten-Risiko beim Prozess

Auch deshalb lief der Landkreis dem Geld in den vergangenen Jahren bereits vergeblich hinterher. Nun will die Kreisverwaltung vor das Landgericht Magdeburg ziehen. Der mögliche Prozess ist dabei nicht nur für den Landkreis von erheblicher Bedeutung, sondern auch für das Bundessozialministerium, das immerhin einen großen Teil der Kosten für die sogenannten Qualifizierungsmaßnahmen von Langzeitarbeitslosen trägt.

Denn: Sollte sich der Verdacht des Kreises bestätigen, werden die Kosten nicht erstattet. Zudem sei ein derartiger Rechtsstreit in dieser Konstellation und in diesem Umfang bundesweit bislang noch nicht geführt worden, heißt es in einem Beschlusstext, den der Kreistag in Bernburg im März in nicht-öffentlicher Sitzung beschließen soll.

Firma war in Schönebeck aktiv

Der Bildungsträger, der seinen Sitz nicht im Salzlandkreis hat, war von Mai 2014 bis Ende Oktober 2015 in Schönebeck aktiv. In dieser Zeit überwies das Jobcenter über sogenannte Gutscheine dem Bildungsträger die Kosten für die Fortbildung - unter anderem Bewerbungstraining und die Vermittlung von Praktika. Je nach Art und Umfang solcher „Qualifizierungsmaßnahmen“ können pro Teilnehmer bis zu 2.500 Euro fällig werden.

Trotz der Bedeutung lässt der Landkreis offen, um welche erheblichen Mängel es sich handeln soll. Auch auf MZ-Anfrage äußert sich das Landratsamt nicht. Der Geschäftsführer spricht lediglich davon, dass am Tag der Kontrolle aufgrund eines extrem hohen Krankenstandes viele Mitarbeiter nicht im Dienst gewesen seien.

Er erklärte, dabei handele es sich jedoch nicht um erhebliche Mängel: „Das Unternehmen hat die ihm eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme genutzt und die behaupteten Beanstandungen ausgeräumt.“ Er kritisierte zugleich das Vorgehen: Anhand dieser Kontrolle auf die gesamte Arbeit zu schließen, sei unverhältnismäßig. Zumal es vorher nie Beanstandungen gegeben habe.

Zertifizierungsstelle stellt Missbrauch fest

In dem internen Dokument des Landkreises heißt es weiter, dass für eine der Maßnahmen kein gültiges Dokument vorgelegen habe. Daraufhin habe die für die Zulassung des Bildungsträgers zuständige Zertifizierungsstelle, die CertEuropa GmbH, wegen „nachweislich missbräuchlicher und irreführender Verwendung“ die Zulassung entzogen. Davon will der Geschäftsführer jedoch nichts wissen.

Das Unternehmen sei „durchgängig seit der Erstzertifizierung im Jahr 2012 im Besitz von wirksamen Träger- und Maßnahmezulassungen“. Auch seien keine Urkunden wie Zertifikate gefälscht worden. Die Zertifizierungsstelle selbst wollte sich nicht äußern. Der Landkreis beendete jedenfalls die Zusammenarbeit. Der Bildungsträger schloss den Standort in Schönebeck, um sich neu auszurichten, wie der Geschäftsführer betonte. Die Entscheidung habe nichts mit den Vorwürfen zu tun.  (mz)