Interview mit Staatssekretär Schellenberger Interview mit Staatssekretär Schellenberger: "Denkmalschutz wird zu negativ diskutiert"

Alsleben/Bernburg - Häuser zerfallen, Straßenzüge müssen gesperrt werden - der Denkmalschutz bereitet Probleme im Salzlandkreis. Zuletzt klagte die Bürgerinitiative „Wir sind Alsleben“ im Kreistag darüber. Danach gab es zwar eine breite Diskussion. Aber der wohl wichtigste, weil als Kultusstaatssekretär und Umweltausschuss-Vorsitzender im Kreistag in zweierlei Hinsicht zuständige Politiker, fehlte: Gunnar Schellenberger (CDU). MZ-Redakteur Marko Jeschor sprach mit ihm.
Wo waren Sie, als über den zunehmenden Verfall von Gebäuden diskutiert worden ist?
Schellenberger: Ich war dienstlich als Staatssekretär unterwegs. Das hat Vorrang vor dem Ehrenamt als Kreistagsmitglied.
Warum musste sich erst eine Bürgerinitiative darüber beklagen, sich von der Politik im Stich gelassen zu fühlen?
Schellenberger: Die Bürgerinitiative hätte es nicht geben müssen. Die Frage im konkreten Fall ist aber, ob sich die Leute mit den Behörden in Verbindung gesetzt haben und ob die richtigen Anträge gestellt worden sind. Aus Alsleben sind bisher keine Anträge auf Überprüfung der Denkmaleigenschaften beim Landesamt für Denkmalpflege eingegangen. Im Gegenteil: Ich weiß, dass mehrere Strafverfahren laufen, weil ein Bürger in Alsleben Gebäude ungenehmigt abgerissen hat. Generell haben die Kommunen die Planungshoheit. Deshalb müssen die Probleme von Leerstand und Verfall auch auf kommunaler Ebene gelöst werden, zum Beispiel über Städtebauförderung oder Leader-Projekte.
Hätte sich der Kreisumweltausschuss nicht mit dem Problem befassen können?
Schellenberger: Die Zuständigkeit des Kreistages und damit des Ausschusses ist laut Landesgesetz nicht gegeben. Für den Denkmalschutz ist im übertragenen Wirkungskreis die Kreisverwaltung zuständig. Und selbst wenn: Bisher hat sich niemand mit dem Problem an den Ausschuss gewandt. Aus Alsleben oder Bernburg war niemand beim Landesamt für Denkmalschutz.
Haben die zuständigen Behörden stets richtig gehandelt?
Schellenberger: Diese Frage ist pauschal weder zu bejahen noch zu verneinen. Doch zeigt allein die Statistik, dass 98 Prozent der Anträge auf denkmalrechtliche Genehmigung so beschieden werden wie gestellt. Das ist ein Indiz dafür, dass das reale Konfliktpotenzial geringer ist als das gefühlte.
Also alles gut?
Schellenberger: Nein. Wenn Eigentümer ihre Immobilien verfallen lassen und damit die öffentliche Sicherheit gefährden, dann verstoßen sie gegen das Denkmalschutzgesetz und gegen die Landesbauordnung. Als Ausschuss-Vorsitzender sage ich: Stimmt, es gibt Probleme. Um die muss sich aber der Landrat kümmern. Als Staatssekretär sage ich: Der Denkmalschutz wird zu negativ diskutiert. In den vergangenen Jahren sind dank des Denkmalschutzes attraktive Stadtkerne entstanden.
Die CDU-Fraktion im Landtag hatte den Denkmalschutz als lebensfremd bezeichnet.
Schellenberger: Es ist keine Frage der Gesetzgebung. Wir werden aber Verwaltungsvorschriften gegebenenfalls an die Praxis anpassen. (mz)