Heiligabend Heiligabend in Gatersleben: Das erste Mal

Gatersleben - Weihnachten ist in die Häuser eingezogen, auch in die Wohnungen der zwölf jugendlichen Flüchtlinge in Gatersleben. An Wänden und Fenstern hängen Sterne, auf den Tischen stehen kleine Schneemänner und Plätzchen und als Höhepunkt befindet sich im gemeinsamen Wohnzimmer ein bunt geschmückter Weihnachtsbaum.
Die Bewohner haben gemeinsam mit ihren Betreuern die Tanne aufgestellt und dekoriert. Mit Topflappen gegen die piksenden Nadeln bewaffnet, versuchten sie, den Baum in dem Ständer zum Stehen zu bringen. „Es war sehr lustig, der Weihnachtsbaum ist zuerst immer wieder umgefallen“, erzählt Gruppenleiterin Daniela Kannenberg.
Für die jungen Bewohner ist alle vollkommen neu
Die jungen Bewohner im Alter von 14 bis 17 Jahren feiern in diesem Jahr zum ersten Mal in ihrem Leben Weihnachten. Alles, was für uns selbstverständlich zu dem Fest dazugehört, ist neu für sie.
„Der Geruch von dem Tannenbaum war ihnen völlig fremd“, berichtet Kannenberg. Aber die Jugendlichen seien neugierig und „gespannt wie ein Kind“ auf das, was sie erwartet. Die Bewohner, die unter anderem aus Gambia, Afghanistan, Benin oder Kurdistan stammen, sind alle Muslime. Das bedeutendste Fest in ihrem Heimatländern ist das Zuckerfest, das den Abschluss des Fastenmonats Ramadan bildet.
Dieses gab auch den Anlass, den Jugendlichen unsere Feiertage näher zu bringen. „Wir haben angefangen, den Jungs zu erklären, dass wir im Christentum Weihnachten feiern“, sagt Daniela Kannenberg, fügt aber direkt hinzu: „Die Jugendlichen sind ganz weltoffen und wissen, dass es bei uns andere Sitten und Bräuche gibt.“
Weihnachtsmärkte besucht und gebacken
In der Vorweihnachtszeit haben die Flüchtlinge bereits verschiedene Traditionen kennen gelernt, die für uns mit dem Fest verknüpft sind: Sie haben Plätzchen gebacken und Lebkuchen gegessen, waren auf Weihnachtsmärkten und haben am 6. Dezember Nikolaus gefeiert.
„Daniela hat gesagt, wir müssen die Schuhe putzen und vor die Tür stellen, dann kommt der Nikolaus“, erzählt einer der Bewohner mit einem Lachen. Überhaupt wird viel gelacht in dem Gespräch, zwei junge Afghanen, deren Namen zu ihrem Schutz nicht genannt werden sollen, erzählen offen von ihren Erlebnissen - auf Deutsch, darauf wird hier viel Wert gelegt.
„Deutsch ist das Bindeglied zwischen den Jugendlichen aus den verschiedenen Nationen“, sagt René Strutzberg, Geschäftsführer der Schloss Hoym Stiftung, die Träger des Wohnprojekts in Gatersleben ist.
Gemeinsam Zeit verbringen ist wichtig
Das Schönste an Weihnachten sind für die Jugendlichen aber nicht die Weihnachtsmärkte, die verschiedenen Kekse oder die glitzernde Deko. Es ist schlicht das Zusammensein, das merkt man in der Unterhaltung schnell. „Es ist schön, dass die Familie an den Tagen zusammen bleibt und gemeinsam Spaß hat“, sagt einer der Bewohner.
An Heiligabend findet für die Flüchtlinge eine klassische Bescherung am Weihnachtsbaum statt, mit Geschenken und Weihnachtstellern. Danach wird gemeinsam gekocht.
Weil viele der Bewohner aus Afghanistan kommen, gibt es ein landestypisches Gericht: Qabili Palau. „Das ist Reis mit Hähnchen und Rosinen“, erklärt einer der Jugendlichen. Gegessen wird dann ebenfalls auf eine Weise, wie sie es aus ihrer Heimat kennen: Auf dem Boden. „Es werden Decken ausgelegt und es gibt viele kleine Schüsseln, aus denen man sich sein Essen selbst zusammenstellen kann“, berichtet Daniela Kannenberg. „Das ist Gemütlichkeit.“ (mz)