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Sachsen Sachsen: Landtag beschließt Versammlungsgesetz

Von Romy Richter 20.01.2010, 15:58

Dresden/ddp. - Der Landtag hat am Mittwoch das umstritteneVersammlungsgesetz verabschiedet. Danach sollen künftigDemonstrationen unter anderem an bestimmten Orten wie der DresdnerFrauenkirche und dem Leipziger Völkerschlachtdenkmal verhindertwerden, wenn Ausschreitungen drohen. Erleichterungen vonVersammlungsverboten sollen auch zum Jahrestag der alliiertenLuftangriffe auf Dresden am 13./14. Februar für die gesamte nördlicheAltstadt und die südliche innere Neustadt in Dresden gelten.

Das Gesetz werde am 13. Februar zu einem würdevollen Erinnernbeitragen, sagte Justizminister Jürgen Martens (FDP) in Dresden. Mitder neuen Regelung habe man auf die immer bedrohlicher werdendeSituation reagiert. Rechtsextremisten wollten provozieren und hetzen.Das würde eine angemessene Erinnerung und die Würde der Opferbeeinträchtigen.

Zum Jahrestag der Luftangriffe marschieren jährlich TausendeRechtsextremisten in Dresden auf, 2009 waren es 6000 Neonazis. MitBlick auf das Ausmaß der Demonstrationen 2009 sagte Martens, indiesem Jahr «droht wesentlich Schlimmeres», zumal der Jahrestag aufein Wochenende falle und es bereits entsprechende Ankündigungen gebe.Martens betonte, Erinnerungsorte würden nicht zu Tabuzonen erklärt,nur dürfe die Würde der Opfer nicht beeinträchtigt undGewalttätigkeiten müssten ausgeschlossen werden.

68 Abgeordnete stimmten für den Entwurf der Fraktionen von CDU undFDP, 58 Abgeordnete stimmten dagegen. Mehrere Änderungsanträge vonGrünen und Linken wurden mehrheitlich abgelehnt. Die Opposition hältdas Versammlungsgesetz für verfassungswidrig. Die Linke hat bereitseine Klage vor dem Verfassungsgerichtshof in Leipzig angekündigt.Linke-Fraktionschef André Hahn forderte Landtagspräsident MatthiasRößler (CDU) auf, das Gesetz nicht in Kraft treten zu lassen, da esaus seiner Sicht einen unverhältnismäßigen Eingriff in dasDemonstrationsrecht darstellt und willkürlich in die Meinungsfreiheiteingreift.

Die rechtsextreme NPD sorgte in der Debatte um das Gesetz mitHetzreden erneut für einen Eklat. NPD-Fraktionschef Holger Apfelverglich unter anderem den Widerstand gegen Rechtsextremisten mit derJudenverfolgung im Nationalsozialismus. Der rechtspolitische Sprecherder CDU-Fraktion, Marko Schiemann, warf der NPD daraufhin Zynismusvor. Weitere Abgeordnete protestierten.

Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) begrüßte das neueVersammlungsgesetz. Es sei «Grundlage für ein friedliches Erinnern andie Zerstörung Dresdens.» Zwar biete das Gesetz «keine generelleGrundlage, Aufmärsche von Neonazis zu verbieten», aber es versetzeDresden in die Lage, das stille Gedenken der Bürger zu schützen. DasGesetz soll bereits zum 13. Februar Grundlage für die Koordinationder verschiedenen Versammlungsanmeldungen sein.

Vor dem Landtag in Dresden demonstrierten rund 40 Unterstützer desBündnisses «Nazifrei». Dessen Räume waren am Dienstag durchsucht undPlakate beschlagnahmt worden. Die Gruppierung hatte dazu aufgerufen,den Aufmarsch der Rechtsextremisten am 13. Februar in Dresden zublockieren.