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Gestiegene Abbruchquoten Sachsen-Anhalt verpasst Personalziel von 7.000 Polizisten bis zum Jahr 2026

Sachsen-Anhalt will bis zum Jahr 2026 mindestens 7.000 Vollzugsbeamte im Dienst haben. Doch der Plan gilt als nicht mehr zu schaffen: vor allem aufgrund der gestiegenen Durchfallquote an der Hochschule.

Von Jan Schumann 23.06.2024, 14:00
Sachsen-Anhalt wollte bis zum Jahr 2026 mindestens 7.000 Polizeivollzugsbeamte im Dienst haben. Das Ziel wird wohl verfehlt.
Sachsen-Anhalt wollte bis zum Jahr 2026 mindestens 7.000 Polizeivollzugsbeamte im Dienst haben. Das Ziel wird wohl verfehlt. (Foto: Klaus-Dietmar Gabbert)

Magdeburg/MZ - Sachsen-Anhalts größte Polizeigewerkschaft hält das Ziel der Landesregierung, die Landespolizei bis zum Jahr 2026 auf 7.000 Vollzugsbeamte aufzustocken, für nicht mehr einlösbar. „Das Koalitionsversprechen wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden können“, sagte Uwe Bachmann, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), der MZ.

„Wir haben derzeit rund 6.350 Kollegen im Dienst. Wir müssten also in zwei Jahren 650 Kollegen hinzugewinnen.“ Das sei rechnerisch nicht zu schaffen, erklärte der Gewerkschafter. Damit wackelt eine zentrale Zielsetzungen der Koalition aus CDU, SPD und FDP im Bundesland.

Pro Jahr verlassen 250 bis 300 Polizisten den Dienst Richtung Ruhestand

Das Landesinnenministerium unter Tamara Zieschang (CDU) bestätigte die Prognose auf MZ-Anfrage. Es betonte aber, an der formulierten Zielzahl werde „nicht im Ansatz gerüttelt“. Im Koalitionsvertrag von 2021 hatte das schwarz-rot-gelbe Regierungsbündnis noch versichert: „Unser Ziel ist, binnen fünf Jahren mindestens 7.000 Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamte in der Polizei Sachsen-Anhalt im aktiven Dienst zu haben.“

Angesichts aktueller Personalentwicklungszahlen ist das laut Gewerkschafter Bachmann mittlerweile aber illusorisch. Zwar seien derzeit 1.200 Anwärter an der Polizeihochschule in Aschersleben (Salzlandkreis) in der Ausbildung. „Wir haben aber seit Jahren hohe Abgängerzahlen von 20 und mehr Prozent pro Jahrgang“, mahnt Bachmann. Gleichzeitig würden pro Jahr 250 bis 300 Polizisten den Vollzugsdienst aus Altersgründen verlassen.

Abbruchzahlen seit 2016 deutlich gestiegen

Vor allem die Abbruchzahlen treiben den Gewerkschafter um: Jeder Fünfte verlasse die Polizei-Hochschule derzeit ohne Abschluss, bis 2016 sei es dagegen nur rund jeder Zehnte gewesen. „Von den Abgängern schafft etwa die Hälfte die Prüfungen oder geforderte Sportnormen nicht“, sagte Bachmann. „Da kann man auch kein Auge zudrücken, wir brauchen fundiert und gut ausgebildete Polizisten.“

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Eine mögliche Ursache für die erhöhten Durchfallquoten sei, dass die Vorauswahl bei Bewerbern vor Jahren noch strenger gewesen sei, so Bachmann. Seiner Dokumentation zufolge gab es im Jahr 2010 noch mehr als 6.200 Bewerber für 121 Neueinstellungen – zehn Jahre später gab es nur noch 2.500 Bewerber für die gleichzeitig gestiegene Zahl von 450 Einstellungen. Der Arbeitsmarkt biete jungen Erwachsenen heute mehr Chancen, glaubt der Gewerkschafter. „Manche orientieren sich auch in der laufenden Ausbildung beruflich um und verlassen die Polizei – das gab es früher nicht.“

Innenministerium hält weiter an 7.000er-Ziel fest

Das Innenministerium bestätigte auf MZ-Anfrage, dass die Zahl von 7.000 Vollzugsbeamten bis zum Jahr 2026 „wohl unterschritten wird“. Sie bleibe aber „angesichts der Sicherheitslage und des intensiven polizeilichen Einsatzgeschehens im Land die absolut notwendige Mindestzielzahl“. Im Ministerium werde aktuell sogar geprüft, „ob diese Zielzahl nicht aufgrund der polizeilichen Herausforderungen weiter erhöht werden muss“, sagte Sprecher Lars Fischer.

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Er betonte, dass es trotz Abbruch- und Aussteigerquoten von 20 Prozent keine Abstriche in den Qualitätsstandards geben werde. „Um die Bewerberzahlen hoch zu halten, wird die im Jahr 2017 gestartete Kampagne ,Nachwuchsfahndung’ zur Nachwuchsrekrutierung kontinuierlich weiterentwickelt und intensiviert“, so Fischer.

Gewerkschafter Bachmann betonte aber, die Landespolizei sei auch bei einem Verfehlen des 7.000-Mann-Ziels auf einem guten Weg. „Wir erwarten von der Politik, dass die bisherige Ausbildung für die Polizei genauso auf hohem Niveau weitergeführt wird“ – dafür müsse weiter Geld zur Verfügung gestellt werden. Das Ziel dürfe auch bei klammen Haushaltskassen nicht aus dem Auge geraten, so Bachmann.