Kampf gegen Geldverschwendung Sachsen-Anhalt schickt Finanzprüfer in die Rathäuser
Der Landesrechnungshof darf künftig auch die Bücher kleiner Kommunen untersuchen. Das soll Misswirtschaft aufdecken – bei vielen Bürgermeistern aber kommt der Schritt gar nicht gut an.

Magdeburg/MZ - Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt werden umfangreicher auf mögliche Steuergeldverschwendung überprüft. Der Landesrechnungshof bekommt ab Januar das Recht, auch in Kommunen mit weniger als 20.000 Einwohnern Kontrollen vorzunehmen. Das hat der Landtag mit Stimmen aller Parteien beschlossen.
Bislang durfte der Landesrechnungshof lediglich größere Städte unter die Lupe nehmen. Dabei deckte er immer wieder unsachgemäßen Umgang mit Steuergeld auf. In der vergangenen Woche etwa prangerte er an, dass die Stadt Wernigerode (Landkreis Harz) den Neubau einer Grundschule für rund neun Millionen Euro in einem rechtswidrigen Verfahren hatte ausschreiben lassen. Dadurch drohten unter anderem Schadensersatzansprüche, warnte die Prüfbehörde.
Rechnungshof will bei Problemen in Kommunen aktiv werden
Rechnungshofpräsident Kay Barthel begrüßt die Erweiterung der Prüfrechte. „Wir werden davon Gebrauch machen, wenn wir ein Problem erkennen oder wenn wir gebeten werden“, sagte er der MZ am Mittwoch. Zusätzliches Personal soll der Rechnungshof allerdings nicht erhalten.
Der Städte- und Gemeindebund hatte die Ausweitung der Kontrollen scharf kritisiert. Verbandspräsident Andreas Dittmann (SPD) und Landesgeschäftsführer Bernward Küper argumentierten, bundesweit werde über eine Abschaffung von Auflagen, Kontroll- und Berichtspflichten diskutiert. „Sachsen-Anhalt aber will diese noch ausbauen und verschärfen. Ein Jahr vor der Landtagswahl solche Zeichen zu setzen, grenzt an Realitätsverweigerung“, rügte der Verband.
Bürgermeister empfinden Gesetzesänderung als Misstrauenssignal
Vor der Landtagsentscheidung machten zudem mehr als 50 Bürgermeister mit einem offenen Brief Druck auf die Landtagsabgeordneten. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die Stadtoberhäupter von Harzgerode und Quedlinburg (Landkreis Harz), Eisleben (Mansfeld-Südharz) und Mücheln (Saalekreis).
„Der Vorstoß ist ein pauschales Misstrauensvotum gegen Kommunen“, kritisierten sie. Ohnehin würden die Kommunen mit weniger als 20.000 Einwohnern bereits vom Rechnungsprüfungsamt des jeweiligen Landkreises überprüft. Es entstehe so zusätzliche Bürokratie.
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Die nun beschlossene Gesetzesänderung will das allerdings ausdrücklich verhindern. Die Kontrolleure des Landkreises und jene des Landes „stimmen ihre Prüftätigkeiten ab und stellen sicher, dass keine Doppelprüfungen erfolgen“, heißt es wörtlich.
Auch AfD, Linke und Grüne stimmen für mehr Kontrollen
Rechnungshofpräsident Barthel erwartet dabei keine Probleme. Schon bislang gebe es Abstimmungen zwischen beiden Instanzen. Außerdem seien die Aufgaben unterschiedlich: „Die Rechnungsprüfer der Landkreise sehen nach, ob alle Belege komplett sind und die Daten stimmen. Wir prüfen, ob das Finanzgebaren der Kommune auch wirtschaftlich und sparsam ist.“
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Die Gesetzesänderung wurde von den Koalitionsfraktionen CDU, SPD und FDP in den Landtag eingebracht, fand aber eine ungewöhnlich breite Mehrheit. Auch die Oppositionsfraktionen AfD, Linke und Grüne stimmten zu.
Ein einzelner Abgeordneter votiert mit Nein - Unmut gibt es aber auch bei anderen
„Dieses Gesetz ist kein Symbol, es ist ein wirksames Instrument, um Vertrauen in staatliches Handeln zurückzugewinnen“, sagte der AfD-Innenpolitiker Hagen Kohl. Andreas Schmidt (SPD) nannte die bisherigen Kontrollen unzureichend, weil bei der Kommunalaufsicht „immer noch in hohem Maße Unkenntnis“ herrsche.
Die CDU-Fraktion folgte bei der Abstimmung ihrem Vorsitzenden Guido Heuer, der sich seit Jahren für mehr Kontrollen einsetzt. Nicht überzeugt sind allerdings mehrere CDU-Innenpolitiker, die den Plenarsaal vor der Abstimmung verließen.
Die einzige Nein-Stimme kam von dem CDU-Abgeordneten Daniel Sturm aus Naumburg (Burgenlandkreis). Teil des beschlossenen Pakets ist, dass der Rechnungshof auch Sozialverbände prüfen darf, soweit diese Steuergeld einsetzen.