Koalitionsvertrag Sachsen-Anhalt: Entwurf des Koalitionsvertrages der neuen Landesregierung ist fertig

Magdeburg - Die Spitzen von CDU, SPD und Grünen haben sich in Magdeburg auf die Bildung einer gemeinsamen Regierung geeinigt und einen vorläufigen Koalitionsvertrag festgezurrt. Nach elfstündiger Beratung bis in die Nacht zum Samstag sprach Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) von einem „historischen Tag“. SPD-Landeschef Burkhard Lischka sagte, es sei „eine gute Grundlage“ für eine stabile schwarz-rot-grüne Landesregierung gelegt worden.
Auch Grünen-Vorsitzende Cornelia Lüddemann zeigte sich zufrieden nach den Verhandlungen, in denen es „durchaus noch Streitpunkte gab“. Am Dienstag wird über Ministerposten verhandelt, am Wochenende entscheiden die Parteitage. Die MZ listet die Kernpunkte des vorläufigen Koalitionspapiers auf und zeigt, was das Land von Schwarz-Rot-Grün erwarten kann.
Inneres, Bildung und Finanzen
Inneres: Die Polizei wird aufgestockt. Statt derzeit knapp 6.000 sollen spätestens in fünf Jahren 6 400 Polizisten im Landesdienst arbeiten. Die Koalition wird zudem eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten in geschlossenen Einsätzen - etwa Demonstrationen - einführen. Das Wahlrecht wird hingegen nicht angefasst. Grüne und SPD hatten Vorstellungen zu Absenkungen des Wahlalters für Kommunal- und Landtagswahlen eingebracht.
Änderungen sind im Bereich der Geheimdienste geplant. Die Parlamentarische Kontrollkommission, das Kontrollgremium des Landtags für den Verfassungsschutz, soll künftig - soweit möglich - öffentlich tagen. Bisher waren selbst die Tagungsorte top secret.
Bildung: Das Land bekommt mehr Lehrer. Die Parteispitzen vereinbarten, dass bis 2021 zwischen 3 500 und 4 000 Lehrer eingestellt werden sollen. So soll der Ausfall an den Schulen reduziert werden. Im Vertrag ist fixiert, dass die künftige Lehreranzahl eine Unterrichtsversorgung von 103 Prozent gewährleisten soll. Außerdem sollen Grundschulen künftig organisatorisch zu Verbünden zusammengelegt werden können, um Kosten zu sparen - vor allem auf dem Land. Nicht durchgesetzt hat sich die CDU mit der Forderung, die Schullaufbahnempfehlung von Lehrern für Grundschulkinder wieder verbindlich zu machen.
Finanzen: Die Kenia-Partner setzen Prioritäten, für die künftig mehr Geld aus der Landeskasse fließen soll. Den Kommunen werden per Finanzausgleichsgesetz 1,6 Milliarden Euro jährlich zugesagt, Kürzungen sind ausgeschlossen. Einig sind sich die Verhandlungspartner zudem, dass die Altersgrenze für den Ruhestand von Polizisten, Feuerwehrmännern und Justizvollzugsbeamten in Zukunft auf 62 Jahre angehoben werden soll - in einigen Fällen, je nach Besoldungsstufe, soll der Ruhestand in diesen Berufen auch noch mit 61 Jahren möglich sein.
Integration, Wirtschaft und Arbeit und Soziales
Integration: Die Obergrenze hat es in eine Formulierung des Vertrags geschafft - jedoch nicht als belastbare Vereinbarung: „Wir akzeptieren daher, dass die CDU angesichts (der) nicht unbegrenzt zur Verfügung stehenden Ressourcen in diesem Zusammenhang von objektiven Integrationsobergrenzen spricht und diese auch zahlenmäßig definiert.“ Der Passus darf als verhandlungstaktisches Entgegenkommen von Grünen und SPD gewertet werden. Im Vertrag wird der Integrationswille von Migranten „verbindlich“ eingefordert.
Wirtschaft: Bürokratie soll abgebaut, Kultur- und Kreativwirtschaft mit „überdurchschnittlichen“ Investitionen gefördert werden. Kleine und mittlere Unternehmen können auf Hilfe hoffen, wenn sie ihre Produktion auf Erneuerbare Energien umstellen. Um Betrieben die Nachwuchsgewinnung zu erleichtern, wird es Gutscheine für Schülerpraktika geben. Auf Bundesebene will sich die Koalition dafür einsetzen, dass Firmen für Forschungsausgaben einen Steuerbonus erhalten. Die Landesmarketing-Gesellschaft IMG soll komplett neu ausgerichtet und effektiver werden.
Arbeit und Soziales: Es wird ein Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose geben. Wie viel Geld die Landesregierung dafür in die Hand nimmt, ist nicht fixiert - nach SPD-Vorstellungen etwa elf Millionen Euro. Zudem sollen Plätze in Kindertagesstätten günstiger werden. Wie genau dies geschehen soll, steht nicht im Vertrag - helfen soll das Betreuungsgeld vom Bund.
Hochschulen, Umwelt und Landwirtschaft
Hochschulen: Laut Koalitionsvertrag sollen die Hochschulen zuverlässig versorgt werden: Ab 2017 fließen jährlich zusätzlich 30 Millionen Euro - 15 Millionen für die Grundfinanzierung, weitere 15 Millionen für begleitende Projekte wie etwa Nachwuchsförderung.
Umwelt und Landwirtschaft: Im Vertrag steht ein neues Klimaschutzziel: Die CO2 -Emission soll 31,3 Millionen Tonnen jährlich nicht überschreiten. Außerdem soll der Ökolandbau in Sachsen-Anhalt ausgebaut werden. Sein Anteil soll künftig 20 Prozent betragen. Vom Tisch ist ein Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände, gegen das sich die CDU gewehrt hatte.
Kultur, Energie, Justiz und Gleichstellung
Justiz und Gleichstellung: Im Finanzstreit um den Gefängnisneubau in Halle hat sich die CDU durchgesetzt: Es wird neu geprüft, in welchen Dimensionen das Großgefängnis gebaut wird. Im Justizvollzugsdienst werden 100 zusätzliche Beamte eingestellt. SPD und Grüne müssen zurückstecken, was die Gleichstellungspläne von Homosexuellen angeht: So ist nicht Teil des Vertrags, dass sich die Regierung für die Öffnung der Ehe für Homosexuelle und ein Volladoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare einsetzen wird. Hingegen soll die Diskriminierung aufgrund sexueller Identität künftig per Landesverfassung verboten sein.
Energie: Das Bündnis einigt sich auf ein Ausstiegsszenario aus der Braunkohleindustrie. „Keine neuen Tagebaue für die energetische Nutzung und keine neuen Kohlekraftwerke“ steht im Vertragsentwurf. Ein Kenia-Bündnis wird keine Planungen und Vorbereitungen neuer Tagebaue unterstützen. Geprüft werden soll ein Exportverbot von Braunkohle aus dem Bundesland Sachsen-Anhalt.
Kultur: Die gute Nachricht für die Kultureinrichtungen: Einschnitte sind nicht geplant. 100 Millionen Euro jährlich sollen für das Ressort fließen, die bisherige Theater- und Orchesterförderung bleibt bestehen. (mz)