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Ordner auf Nazidemo Robert Möritz: Ordner auf Nazidemo: Fall Möritz in der CDU wird zur Koalitionskrise

Von Jan Schumann 14.12.2019, 16:17

Magdeburg - Der Fall des unter Rechtsextremismus-Verdacht geratenen CDU-Kommunalpolitikers Robert Möritz kocht zur Koalitionskrise in Sachsen-Anhalt hoch. SPD und Grüne werfen der CDU-Führung fehlende Abgrenzung nach Rechtsaußen vor. Möritz war 2011 Ordner auf eine Neonazi-Demo in Halle („Es war ein Fehler“), trotzdem sprach sein CDU-Kreisvorstand in Anhalt-Bitterfeld ihm am Freitag das Vertrauen aus. Möritz bleibt damit Mitglied der Kreisspitze, ein Parteiausschlussverfahren wird es nicht geben. 

Vehement kritisierten die Grünen diese Entscheidung am Samstag. Die Landesvorsitzenden Susan Sziborra-Seidlitz und Sebastian Striegel rügten die „Nicht-Reaktion“ des Koalitionspartners CDU: „Wir können und wollen uns nicht vorstellen, dass eine Christlich Demokratische Union auf Landes- und Bundesebene jetzt Mitglieder in Kreisverbandsvorständen akzeptiert, die an rechtsextremen Demonstrationen als Ordner teilnahmen, Werbung für Uniter machen und in der Vergangenheit eine eindeutige SS-Tätowierung zur Schau gestellt haben und bis heute tragen.“

Robert Möritz trägt eine sogenannte Schwarze Sonne auf dem Arm, eine unter Rechtsextremen verbreitete Tätowierung. Sie besteht aus Hakenkreuzen. CDU-Kreischef Matthias Egert hatte der MZ am Freitag gesagt, Möritz sei die Bedeutung des Tattoos damals nicht klar gewesen. „Er trägt das Symbol aus Interesse an der keltischen Mythologie.“

Die Grünenspitze empört diese Erklärung. „Die ‚Schwarze Sonne‘ ist ein Element des Nationalsozialismus und ein Weltanschauungssymbol der SS“, erklärten Sziborra-Seidlitz und Striegel. „Sie besteht aus zwölf in Ringform gefassten gespiegelten Sig-Runen oder drei übereinander gelegten Hakenkreuzen. Wir fragen: Wieviel Hakenkreuze haben Platz in der CDU?“

Daraufhin stellte Sven Schulze, CDU-Generalsekretär in Sachsen-Anhalt, am Samstagnachmittag die Koalition in Frage. „Inakzeptabel“ sei dieser Beitrag der Grünen, er und Landeschef Holger Stahlknecht forderten umgehend eine Entschuldigung. „Ohne diese ist eine Fortsetzung der Koalition kaum denkbar“, schrieb Schulze auf Twitter.

Nicht nur die Grünen, auch die SPD reagiert indes verständnislos auf den Umgang der CDU mit dem Fall Möritz. SPD-Landeschef Burkhard Lischka sagte, seit Holger Stahlknecht CDU-Vorsitzender in Sachsen-Anhalt sei, irrlichtere die Partei „immer verrückter durch das politische Niemandsland, und keiner hat offensichtlich die Zügel in der Hand, um einen vernünftigen Kurs zu halten“. Auf Twitter schrieb der Sozialdemokrat, er vermisse den „Aufschrei der Anständigen“ in der CDU. „Die müssten jetzt mal laut und unmissverständlich sagen: Jetzt ist Schluss mit dem ganzen Geflirte nach Rechtsaußen."

Möritz bedauert sein Engagement bei Neonazi-Demo

Zudem halten die Grünen Möritz‘ Behauptung einer jugendlichen Verfehlung für unglaubwürdig. Bei einem Bruch mit der Szene hätte der CDU-Kommunalpolitiker sich das Tattoo entfernen lassen und sich im Internet nicht weiter positiv über extrem rechte Bands geäußert.

Die Grünen-Vorsitzenden Sziborra-Seidlitz und Striegel appellierten an die CDU-Führung: „Es braucht eine klare Antwort der demokratischen Kräfte in der CDU. Wir sehen den Parteivorsitzenden Holger Stahlknecht und Ministerpräsident Haseloff in der Pflicht, sich als klares Bollwerk gegen jeden Rechtsextremismus zu positionieren.“

Am Freitag hatte Möritz sein Engagement bei der Neonazi-Demo bedauert und als Fehler bezeichnet. „Gestehen Sie mir zu, dass auch ich mich als Persönlichkeit und Mensch weiterentwickelt habe“, schrieb er in einer Stellungnahme. Der Kreisvorstand Anhalt-Bitterfeld sprach ihm einstimmig das Vertrauen aus. Der 29-Jährige muss nicht mit Konsequenzen rechnen. (mz)