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  7. Razzia im Magdeburger Landtag: CDU, SPD und AfD betroffen

Umstrittene Zahlungen Mit Video: Razzia im Magdeburger Landtag - Büros von CDU, SPD und AfD werden vom LKA durchsucht

Sachsen-Anhalts Parlament ist in Aufruhr: Am Dienstagvormittag sind Beamte des Landeskriminalamts zur Razzia im Landtag erschienen. Es geht um den Verdacht der Untreue.

Von Hagen Eichler Aktualisiert: 01.07.2025, 18:01
Der Landtag ist von Polizeiwagen umstellt, im Inneren durchsuchen Dutzende Beamte Büros.
Der Landtag ist von Polizeiwagen umstellt, im Inneren durchsuchen Dutzende Beamte Büros. (Foto: Hagen Eichler)

Magdeburg/MZ - Die Staatsanwaltschaft Magdeburg hat am Dienstag Büros im Landtag von Sachsen-Anhalt durchsuchen lassen. Laut Landeskriminalamt waren mehr als 100 Beamte im Einsatz. Ziel der Razzia waren die Fraktionen von CDU, AfD und SPD, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Magdeburg sagte.

Juristisch geht es um den Verdacht der Untreue – die drei Fraktionen sollen einzelnen Abgeordneten mit herausgehobenen Funktionen aus Steuergeld rechtswidrig Zulagen zu ihren Diäten gezahlt haben.

Video: Sachsen-Anhalt: Razzia im Landtag - Verdacht der Untreue

(Kamera: Matthias Fricke; Schnitt, Torsten Grundmann)

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Razzia im Landtag: Verdacht der Untreue gegen mehrere Fraktionen

Auslöser ist eine Strafanzeige des Bunds der Steuerzahler im Jahr 2023. „Der Anfangsverdacht hat sich in solchem Maß erhärtet, dass das Amtsgericht Magdeburg Durchsuchungsanordnungen erlassen hat, die wir zurzeit mit dem Landeskriminalamt vollziehen“, sagte Frank Baumgarten, Sprecher der Staatsanwaltschaft Magdeburg.

Nach MZ-Informationen suchten die an der Razzia beteiligten Staatsanwälte und Polizisten unter anderem Fraktionssatzungen, Kontoauszüge und Sitzungsprotokolle.

Mehr als 100 Polizeibeamte des Landeskriminalamts und der Bereitschaftspolizei hat die Staatsanwaltschaft in Marsch gesetzt. Kurz nach zehn Uhr, sagt eine Landtagssprecherin, seien dem Parlament die Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse vorgelegt worden. Landtagspräsident Gunnar Schellenberger (CDU) habe daraufhin die Zustimmung erteilt.

Untreue bei Fraktionen im Landtag? Es geht um fünfstellige Summen allein bei der CDU

Die betroffenen Fraktionen sind von der massiven Polizeipräsenz eiskalt erwischt und eingeschüchtert. „Unsere Mitarbeiter fühlen sich wie Schwerkriminelle behandelt, sie wissen gar nicht, was sie jetzt tun sollen“, heißt es aus einer Fraktion.

Die AfD ist die erste, die sich äußert – mit Kritik an dem Einsatz. „Ich halte diesen Aufwand für absolut unangemessen“, sagt Fraktionschef Oliver Kirchner, als er mittags vor dem Landtagsportal eintrifft. Man habe aber alle angeforderten Unterlagen übergeben.

Zahlungen in Höhe von 66.000 Euro bei der CDU

Bei den Untreue-Ermittlungen geht es um Zulagen, die die Fraktionen von CDU, AfD und SPD an Abgeordnete mit besonderen Ämtern gezahlt haben. Laut Bund der Steuerzahler flossen bei der CDU im Jahr 2021 insgesamt 66.000 Euro, bei der AfD rund 25.600 Euro und bei der SPD 7.500 Euro.

Gleichwohl zahlte etwa die CDU weiterhin auch Zulagen an die Vize-Fraktionschefs, an die stellvertretende Parlamentarische Geschäftsführerin und an die Vorsitzenden der Arbeitsgruppen. Auch bei AfD und SPD gab es Aufschläge – allerdings nur bis 2021. Die SPD zahlte dem Vize-Fraktionschef zuletzt 750 Euro monatlich.

Steuerzahlerbund: "Aus unserer Sicht strafrechtlich relevant"

Der Bund der Steuerzahler lobt den Einsatz der Staatsanwaltschaft. „Wir freuen uns, dass das jetzt gründlich untersucht wird“, sagt Verbandschef Ralf Seibicke der MZ. Ob es am Ende auch für eine Verurteilung reiche, müsse man abwarten. „Wir haben ja in der Vergangenheit gesehen, dass der Untreue-Paragraf nicht sehr belastbar ist. Aber aus unserer Sicht sind die Zulagen Steuergeldverschwendung und auch strafrechtlich relevant.“

Lesen Sie auch den Kommentar: Diese Zulagen bringen den Landtag in Verruf

Die CDU-Fraktionsspitze ist am Dienstag bei einer Tagung in Süddeutschland und will sich vorerst nicht äußern. Am späten Nachmittag heißt es in einer Erklärung, die Fraktion habe der Staatsanwaltschaft „mehrfach angeboten, alle zum Fortgang des Verfahrens benötigten Unterlagen bereitzustellen". Und weiter: „Warum die Staatsanwaltschaft diese Kooperationsangebote ausgeschlagen und eine Akteneinsicht verweigert hat und nun eine Durchsuchung im Landtag durchgeführt hat, wird sie nur selbst erklären können."

"Aufwendungen" sollen weiter möglich sein, heißt es in einem Gutachten

Aus CDU-Kreisen heißt es zudem, zur Zulässigkeit der Zahlungen gebe es unterschiedliche Rechtsauffassungen. Dem Vernehmen soll ein Gutachten der Landtagsjuristen gegen die Praxis keine Einwände erhoben haben.

Die Landtagsverwaltung bestätigt das am Abend. Nach der geltenden Rechtslage dürften die Fraktionen Mitgliedern für die Ausübung besonderer Aufgaben „weiterhin Aufwendungen erstatten“, zitiert eine Sprecherin aus dem Gutachten.