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Kommentar zum Amphibien-Sterben in Sachsen-Anhalt Lurch ohne Lobby

Fast alle in Sachsen-Anhalt heimischen Amphibien-Arten sind vom Aussterben bedroht. An vielen Tümpeln sind sie bereits vollständig verschwunden. Doch das Massensterben von Fröschen, Kröten und Molchen wird wenig beachtet. Dabei betrifft es auch den Menschen.

Von Max Hunger 03.04.2024, 18:00
Max Hunger meint, dass das Amphibien-Sterben zu wenig Beachtung findet.
Max Hunger meint, dass das Amphibien-Sterben zu wenig Beachtung findet. (Foto: MZ / Stedtler)

Halle/MZ - Amphibien sind so stark bedroht wie keine andere Wirbeltiergruppe. In Sachsen-Anhalt gelten fast alle heimischen Arten als gefährdet, in vielen langjährigen Habitaten sind Frösche, Kröten und Molche bereits ausgestorben. Das klingt dramatisch, und laut Biologen ist es das auch. Viel Beachtung findet das Massensterben trotz seiner Brisanz bislang allerdings nicht. Ohne eine starke Lobby aber haben die Lurche auf Dauer schlechte Chancen.

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Denn es ist nicht nur der Klimawandel, der ihnen zusetzt. Für den rapiden Bestandsrückgang gibt es ein Potpourri an Gründen. Straßenbau, Waschbär, Fischbesatz, Dünger. Viele Probleme bestehen seit Jahrzehnten, andere sind relativ neu. Es ist die Kombination, die die Lage verschärft. Das bedeutet auch: Der Schutz ist kleinteilig und braucht das Mitwirken vieler.

Die runzeligen Amphibien stehen nicht sehr weit oben auf der Beliebtheitsskala.

Max Hunger / Reporter

Den Autor erreichen Sie unter: [email protected]

Doch die runzeligen Amphibien stehen offenbar nicht sehr weit oben auf der Beliebtheitsskala. Das Befinden von Wolf, Luchs und Seeadler bindet regelmäßig mehr Aufmerksamkeit als das der Rotbauchunke. Im Ökosystem nehmen die Amphibien aber eine wichtige Rolle ein. Als Futter für Vögel, als Fressfeind von Mücken.

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Die Warnung der Wissenschaftler gilt es daher ernst zu nehmen: Stoppt der Mensch das Sterben der Amphibien nicht, wird das auch für ihn Folgen haben. Die Einzelfälle des West-Nil-Virus sind erste Hinweise darauf. Noch spüren die meisten Menschen aber nichts vom Rückzug der Erdkröte. Ist eine Art aber verschwunden, kehrt sie in der Regel nie zurück.

Um das zu verhindern, müssen Bauern, Behörden und Biologen an einen Tisch gebracht werden. Nur so lässt sich ein Weg finden, ausreichend Raum für die komplexe Lebensweise der Lurche zu schaffen. Denn Waschbärenjagd oder Düngergesetze mögen in einem Habitat etwas ausrichten, können anderswo aber wirkungslos sein. Eines gilt indes überall: Ohne die Hilfe des Menschen blicken die Frösche in eine düstere Zukunft.