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Leere im Klassenraum Leere im Klassenraum: Warum der Osten vom Lehrermangel besonders betroffen ist

Von Tobias Peter und Jan Schumann 11.10.2018, 06:00
Fehlende Lehrer sind in einigen Bundesländern ein großes Problem.
Fehlende Lehrer sind in einigen Bundesländern ein großes Problem. dpa-Zentralbild

Berlin/Magdeburg - An Deutschlands Schulen fehlen tausende Lehrer. Bundesweit sei bis 2030 mit einem durchschnittlichen Einstellungsbedarf von knapp 32 000 Lehrern pro Jahr zu rechnen, wie die Kultusministerkonferenz errechnet hat. Das bedeute, „dass voraussichtlich im jährlichen Durchschnitt 1 200 Stellen nicht besetzt werden können“, heißt es in der Prognose zum Lehrereinstellungsbedarf und -angebot für 2018 bis 2030, die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Das ist eine Lücke von 3,6 Prozent. Derzeit arbeiten nach Angaben der Minister mehr als 798 000 Lehrer an deutschen Schulen.

Zu viele an den Gymnasien

Die Probleme betreffen nicht alle Schulformen gleichermaßen. Die größten Engpässe sind bei den Berufsschulen und den Lehrern mit sonderpädagogischer Ausbildung zu erwarten. Aber auch bei den Grundschulen gibt es erhebliche Probleme. Bei den Lehrern für das Gymnasium gehen die Kultusminister hingegen „generell von einem deutlichen Bewerberüberhang“ aus.

Auffällig ist der Unterschied zwischen Ost und West: In den westdeutschen Ländern übersteigt das Angebot an Lehrern den Bedarf in dem genannten Zeitraum um 3,5 Prozent. In den ostdeutschen Ländern fehlen jährlich im Schnitt etwa 2 000 Lehrer. Die „Unterdeckung“, wie es die Kultusminister nennen, beläuft sich hier auf 29 Prozent.

Einen besonders hohen Einstellungsengpass gibt es in Berlin, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern. „Sofern bei den zukünftigen Studienanfängern kein größeres Interesse am Lehrerberuf geweckt werden kann, wird sich in den ostdeutschen Ländern die Mangelsituation auf dem Lehrerarbeitsmarkt noch verstärken“, heißt es bei der Kultusministerkonferenz.

In Sachsen-Anhalt hatte sich die Lage zu Beginn des aktuellen Schuljahres erneut verschärft - laut Bildungsminister Marco Tullner (CDU) kann das Personal derzeit 99,4 Prozent des vorgesehenen Unterrichts abdecken. Im Jahr zuvor waren es noch 101 Prozent. Trotz 1000 geplanten Neueinstellungen allein in diesem Jahr verschärfte sich die Situation also - dabei strebt die Landesregierung bis 2021 einen Wert von 103 Prozent an, um verlässlich Krankheitsausfälle, Elternzeiten und ähnliches ohne Unterrichtsausfall abzufangen.

Die aktuelle Prognose der Kultusministerkonferenz weicht erheblich von derjenigen ab, welche die Kultusministerkonferenz im Jahr 2015 für die Zeit bis 2025 vorgelegt haben. Die Minister führen die starke Veränderung auf steigende Geburtenzahlen und Zuwanderung zurück. Damit sei der Bedarf an Lehrern erheblich angestiegen – deutschlandweit im Schnitt um etwa 9 700.

Gehälter sind schon Spitze

Generell bedeutet der Lehrermangel, dass die Bundesländer überlegen müssen, wie sie den Beruf für ambitionierte Studenten attraktiv machen können: Vorstellbar sind natürlich finanzielle Anreize. Die OECD hat allerdings gerade wieder vorgerechnet, dass Deutschland bei den Lehrergehältern im internationalen Vergleich mit an der Spitze liegt.

Bildungsforscher weisen da schon eher darauf hin, dass in Deutschland die Lehrer am Gymnasium am besten bezahlt werden – und beispielsweise nicht Grundschullehrer, die in einem Viertel mit besonders großen sozialen Problemen und Herausforderungen durch Migration arbeiten. Bezahlt wird also dort am besten, wo es ohnehin einen Bewerberüberhang gibt.

Offiziell beschließen wollen die Minister das Papier am Donnerstag. Es beruht auf zusammengefassten Modellrechnungen der einzelnen Bundesländer. Bildungsgewerkschaften haben zuletzt immer wieder vor Problemen gewarnt, die durch eine zu geringe Zahl von Lehramtsstudenten entstehen können. (mz)