Anträge bleiben Monate liegen Kommentar zum Antragsstau beim Wohngeld: Kommunen sind überfordert mit der Bundespolitik
Die Wohngeld-Reform legt offen, wo Bundes- und Kommunalpolitik nicht zusammenpassen. Statt unkomplizierter Hilfe bekamen viele Sachsen-Anhalter monatelange Unsicherheit, kommentiert MZ-Redakteur Jan Schumann.

Magdeburg/MZ - Es gibt Dinge in der Politik, die sind gut gedacht – und dann trotzdem nicht gut gemacht. Die Wohngeld-Reform ist einer dieser Fälle, in denen man hin-und hergerissen sein muss. Der Grundgedanke, Geringverdiener gegen steigende Energiekosten und Mieten zu schützen, war richtig.
Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP sorgte nicht nur dafür, dass Wohngeldbezieher pro Monat spürbar höhere Zuschüsse erhalten konnten – seit Anfang 2023 können zudem deutlich mehr Sachsen-Anhalter diese Art der Unterstützung beantragen.
Kleine Kommunen müssen die große Bundespolitk umsetzen
In Deutschland ist es aber so: Häufig sind es die kleinen Kommunen, die die große Bundespolitik an der Basis umsetzen müssen. Und Reformen wie das Wohngeld haben in den vergangenen Jahren ein ums andere Mal gezeigt, wo die lokalen Verwaltungen ihre Schwächen haben. Etwa in der Personalausstattung.
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Die Folge: Es konnte vergangenes Jahr bis zu 36 Wochen dauern, bis Behörden über eingehende Wohngeldanträge entschieden – das ist etwa ein Dreivierteljahr. Für eine Familie, die Anspruch auf 400 Euro hätte, sind das viele harte Monate ohne Unterstützung. Zumal es auch Haushalte mit Anspruch auf 500 oder gar 600 Euro gibt.
36 Wochen Wartezeit sind definitiv zu lang
Keine Frage, mit der Reform kam es zu einer außergewöhnlichen Antragsflut in den Kommunalverwaltungen, viele Leute wollten das neue Wohngeld. Und so mancher Antrag wird fehlerhaft gewesen sein und kompliziert in der Bearbeitung. Doch selbst wenn man diese Umstände einbezieht, ist klar: Ein Dreivierteljahr Bearbeitung ist bei diesem existenziellen Zuschuss zu lang. Das ist das Gegenteil der eigentlich gewollten unkomplizierten Hilfe.
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All das zeigt, dass so manche Kommune längst überfordert ist mit den Anforderungen, die die Bundespolitik stellt. Manchmal liegt es an fehlendem Personal, manchmal an fehlendem Geld. Das muss als Problem erkannt und geändert werden. Sonst verpufft die beste Reform.