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Kindesmissbrauch in der Kirche Kindesmissbrauch in der Kirche - 18 Opfer in Sachsen-Anhalt - neue Studie

Von Hagen Eichler 25.09.2018, 17:56
Die katholische Kirche in Deutschland hat eingeräumt, dass kirchliche Machtstrukturen den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen begünstigen.
Die katholische Kirche in Deutschland hat eingeräumt, dass kirchliche Machtstrukturen den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen begünstigen. imago stock&people

Magdeburg - Die katholische Kirche in Deutschland hat eingeräumt, dass kirchliche Machtstrukturen den Missbrauch von Kindern und Jugendlichen begünstigen. Allzu lange habe man „geleugnet, weggeschaut und vertuscht“, sagte Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), am Dienstag in Fulda. Dort wurde eine von der DBK in Auftrag gegebene Studie vorgestellt.

Nach Auswertung von Akten aus dem Zeitraum von 1946 bis 2014 gibt es laut Studie Missbrauchshinweise gegen 1670 Priester. Im Bistum Magdeburg, das im Wesentlichen mit dem Land Sachsen-Anhalt identisch ist, sind acht Geistliche verdächtig.

Drei davon hätten ihre Schuld eingestanden, sagte in Magdeburg Generalvikar Bernhard Scholz, „in den anderen Fällen halten wir die Vorwürfe für plausibel“. Scholz sprach als Vertreter für Bischof Gerhard Feige, der an den Beratungen in Fulda teilnahm.

Missbrauch in der Kirche - Rahmenbedingungen begünstigten Taten

„Es ist nicht nur das Versagen Einzelner, es sind bestimmte kirchliche Rahmenbedingungen, die Missbrauch begünstigt haben“, räumte Scholz ein. Insgesamt wurden im Bistum Magdeburg die Akten von 677 Priestern überprüft.

Sieben der acht Beschuldigten waren Gemeindepfarrer, einer war als Ordenspriester in der Krankenhausseelsorge eingesetzt. Der erste aktenkundige Missbrauchsfall stammt aus dem Jahr 1953, der bislang letzte von 1991.

18 zur Tatzeit minderjährige Opfer sind bekannt, darunter acht Jungen und zehn Mädchen. Allerdings vermutet das Bistum, dass es weitere Opfer gibt. „Viele melden sich erst Jahre später“, sagte Personalreferent Thomas Kriesel.

Zwei der acht übergriffigen Priester leben noch heute. Einer, ein früherer Gemeindepfarrer, wurde von der Kirche mit einem Tätigkeitsverbot belegt und ist mittlerweile pensioniert; der andere wurde aus seinem Orden ausgeschlossen, die Priesterweihe wurde zurückgezogen.

Die Studie zum Missbrauch durch Priester bescheinigt der katholischen Kirche einen problematischen Umgang mit Sexualität, mit Homosexualität und mit der Beichte. Dies sowie die erzwungene Ehelosigkeit und die Machtposition von Priestern hätten ihren Anteil an der hohen Zahl von Vergehen, sagte der Leiter der Studie, Harald Dreßing. Das Risiko bestehe daher weiter fort, sagte er. Magdeburgs Generalvikar Scholz vermied Aussagen zu nötigen Strukturreformen. Nicht die Ehelosigkeit von Priestern an sich sei problematisch, sondern wenn ihr unreife Menschen unterworfen würden, sagte Scholz.

Missbrauch in der Kirche - Weniger beschuldigte Priester in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt liegt der Prozentsatz beschuldigter Priester (1,2 Prozent) deutlich niedriger als im Bundesschnitt (4,4 Prozent). Das könnte Folge davon sein, dass zwischen Altmark und Zeitz sehr wenige Katholiken über eine große Fläche verteilt leben. „Klerikale Auswüchse wie einen sehr engen Korpsgeist der Priester hat es hier so nicht gegeben“, sagte Generalvikar Scholz.

Die Verfasser der Studie betonen, die ermittelten Fälle seien lediglich die Spitze des Eisbergs. Auch spreche nichts dafür, dass die Zahl der Missbräuche zurückgehe. „Es handelt sich hier nicht um ein historisches Problem, das abgeschlossen ist“, sagte Studienleiter Dreßing. Nach den Ergebnissen der Wissenschaftler ging es in der Mehrzahl aller Fälle um sexuell getriebene Berührungen, in rund 16 Prozent der Fälle um Penetration. (mz)