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Extremismusverdacht Extremismusverdacht: Fall Möritz spaltet die CDU - in Sachsen-Anhalt und bundesweit

Von Hagen Eichler 16.12.2019, 21:56
Robert Möritz (Bildmitte mit heller Armbinde) als Ordner beim Naziaufmarsch am 1. Mai 2011 in Halle (Saale).
Robert Möritz (Bildmitte mit heller Armbinde) als Ordner beim Naziaufmarsch am 1. Mai 2011 in Halle (Saale). Monitorex

Magdeburg - Der Streit um den christdemokratischen Kreispolitiker Robert Möritz stellt die Partei vor eine Zerreißprobe - innerhalb Sachsen-Anhalts und bundesweit. SPD und Grüne hatten hart kritisiert, dass der CDU-Kreisvorstand Anhalt-Bitterfeld Möritz trotz seiner rechtsextremen Vergangenheit das Vertrauen ausgesprochen hatte. Daraufhin drohte der CDU-Landesvorstand mit dem Ende der schwarz-rot-grünen Regierungskoalition in Magdeburg, war aber am Montag öffentlich um Deeskalation bemüht. Dagegen beharrten die CDU-Kreisverbände Harz, Burgenlandkreis und Salzwedel darauf, dass sich die Grünen förmlich entschuldigen müssten. Der CDU-Landesvorstand plant für Donnerstag nun eine Krisensitzung mit den Kreisvorsitzenden. Die Werte-Union, ein Zusammenschluss der Parteirechten, fordert einen CDU-Sonderparteitag und ein Ende der Koalition.

Kritik am Festhalten an Möritz gibt es nicht nur bei SPD und Grünen, sondern inzwischen auch in anderen CDU-Landesverbänden. Der Chef der CDU-Landesgruppe Sachsen im Bundestag, Marco Wanderwitz, empfahl den Parteifreunden in Sachsen-Anhalt die Lektüre von Geschichtsbüchern und Verfassungsschutzberichten. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) forderte im Spiegel eine „klare Distanzierung und lückenlose Aufklärung“. Und auch die SPD erhöhte den Druck. SPD-Bundesvorsitzende Saskia Esken nannte es „wirklich schockierend“, dass sich die CDU in Sachsen-Anhalt vor klaren Konsequenzen drücke. Das gelte gerade jetzt nach dem rechten Terroranschlag von Halle ganz besonders.

In der CDU Sachsen-Anhalts selbst ist die Stimmung allerdings in weiten Teilen gänzlich anders. Zwar warf Marco Tullner, Chef der CDU Halle und Landesbildungsminister, Möritz eine Salamitaktik im Umgang mit seiner Vergangenheit vor. Aber der Fall sei auch ein Beleg dafür, dass die Union Menschen „in die Mitte des politischen Spektrums zurückholen“ könne, so Tullner.

Viele CDU-Funktionsträger sehen sich vor allem durch eine kritische Pressemitteilung des grünen Koalitionspartners verunglimpft. „Wir fragen: Wie viel Hakenkreuze haben Platz in der CDU?“, hatten die beiden Landesvorsitzenden Susan Sziborra-Seidlitz und Sebastian Striegel am Sonnabend öffentlich gemacht. „Ich verbitte es mir, dass sich andere Parteien einmischen und uns Rechtsradikale nennen“, sagte Salzwedels Kreisvorsitzender Peter Fernitz der MZ. Ohne eine Entschuldigung der Grünen sei er für ein Ende der Koalition. „Dann sage ich: ,Raus, es reicht.‘“ Unterstützung bekam er vom Harzer CDU-Kreischef Ulrich Thomas: „Ich erwarte von den Grünen die Aussage: Wir entschuldigen uns für diesen Generalverdacht gegen die ganze CDU, das war nicht in Ordnung.“

Tullner: Kein Interesse an Ende der Koalition

Andere CDU-Politiker bremsten hingegen. „Wir haben kein Interesse, die Koalition an so einer Personalie platzen zu lassen“, sagte etwa Marco Tullner. Und CDU-Landesgeneralsekretär Sven Schulze mühte sich, ein weiteres Aufschaukeln des Konflikts zu verhindern. Im ZDF erklärte er, die Grünen seien bereits zurückgerudert. Tatsächlich hatte Grünen-Chef Striegel klargestellt, es gebe keinen Generalverdacht gegen die CDU, sondern Kritik an einer konkreten Person. In der Sache blieben die Grünen bei ihrer Position.

„Wir erwarten von der CDU einen Klärungsprozess. Hakenkreuze am Ellbogen gehen für einen Funktionär einer demokratischen Partei nicht“, erklärte Striegel. Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann: „Wir erwarten eine Reaktion von der Führungsebene der CDU.“ CDU-Landeschef Holger Stahlknecht kündigte eine Stellungnahme für den Donnerstagabend an. Der Fall bedürfe zunächst „einer eingehenden Prüfung“, sagte er. (mz)