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Landesregierung Burkhard Lischka: Strafanzeige gegen SPD-Landeschef wegen Geheimnisverrats

Von Markus Decker 02.12.2016, 10:46
Da war die Welt für Kenia noch in Ordnung, heute zeigt sie Risse: CDU-Chef Thomas Webel, die Grünen-Vorsitzende Cornelia Lüddemann und SPD-Landeschef Burkhard Lischka unterzeichnen am 24. April 2016 Jahres den Koalitionsvertrag.
Da war die Welt für Kenia noch in Ordnung, heute zeigt sie Risse: CDU-Chef Thomas Webel, die Grünen-Vorsitzende Cornelia Lüddemann und SPD-Landeschef Burkhard Lischka unterzeichnen am 24. April 2016 Jahres den Koalitionsvertrag. Montage: MZ/dpa

Dessau/Magdeburg - In Sachsen-Anhalt steht die im Frühjahr geschlossene „Kenia-Koalition“ aus CDU, SPD und Grünen vor der Zerreißprobe. Grund ist die ursprünglich geplante Teilnahme von Innenminister Holger Stahlknecht (52/CDU) an einer Podiumsdiskussion im Theater Magdeburg mit dem rechtsextremistischen Ideologen Götz Kubitschek (46).

Burkhard Lischka protestiert, Ministerpräsident Reiner Haseloff sagt Diskussion ab, Holger Stahlknecht sieht seine Freiheit eingeschränkt

Nach einem Protest des SPD-Landesvorsitzenden Burkhard Lischka, der Stahlknechts Teilnahme „unfassbar“ genannt hatte, ließ Ministerpräsident Reiner Haseloff (62/CDU) erklären, die Diskussion werde nicht stattfinden. Stahlknecht erklärte: „Es wird versucht, meine Freiheit einzuschränken. Damit nimmt das politische System Schaden. Ich mache mich doch nicht mit Herrn Kubitschek gemein. Ich will die Chance nutzen, argumentativ gegenzuhalten.“

Haseloff rechtfertigte sein Vorgehen Freitag im Gespräch mit der MZ. „Bei Kubitschek handelt es sich nicht um irgendeinen kleinen, harmlosen Verleger“, sagte er. „Er leitet einen rechten Thinktank, er ist der Chefideologe für Rechtsextreme, bei ihm im Institut gehen viele vom Verfassungsschutz beobachtete Personen ein und aus. Mit so jemandem kann man sich als Vertreter der Landesregierung nicht in einem Format zusammensetzen, durch das man mit ihm auf Augenhöhe debattiert und so ihn und seine Ideologie geadelt hätte.“

Burkhard Lischka wehrt sich unterdessen gegen eine Strafanzeige

Lischka erklärte der MZ: „Bis zuletzt galt es als selbstverständlich, dass man sich nicht mit Rechtsextremisten an einen Tisch setzt. Mich bekümmert, dass dieses Tabu zumindest in Sachsen-Anhalt nicht mehr gilt. Hier hat sich eine Grenze verschoben. Ich werde diese Grenze dennoch weiterhin ziehen – egal ob gegenüber Rechtsextremisten, Linksextremisten oder Islamisten.“

Der SPD-Landeschef, im Hauptberuf innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, wehrt sich unterdessen gegen eine Strafanzeige wegen des „Verdachts auf Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht“. Diese war am Donnerstag bei der Staatsanwaltschaft Dessau eingegangen. Verfasser ist Burker-Wieland Jüngling (73). Früher SPD-Landtagsabgeordneter, heute parteilos, aber Berater der AfD-Landtagsfraktion.

Burkhard Lischka nennt Götz Kubitschek einen „vom Verfassungsschutz beobachteten Rechtsextremisten“

Der Grund: Lischka hatte Götz Kubitschek am Mittwoch als einen „vom Verfassungsschutz beobachteten Rechtsextremisten“ bezeichnet – „und zwar vollkommen zu recht“. Sachsen-Anhalts CDU-geführtes Innenministerium zeigte sich auf MZ-Nachfrage irritiert über diese Aussage. Welche Personen beobachtet würden, teile der Verfassungsschutz grundsätzlich nicht mit, sagte Sprecher Christian Fischer.

Fakt ist: Im Juli dieses Jahres hatte Jochen Hollmann, der Chef des Verfassungsschutzes, Kubitschek zwar nicht als Rechtsextremisten bezeichnet, aber u.a. der MZ und dem MDR erklärt, der Verfassungsschutz wolle „durch öffentlich zugängliche Informationen herausfinden, ob die Aktivitäten in Schnellroda gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verstoßen“ – das Rittergut Schnellroda ist Sitz von Kubitscheks rechter Denkfabrik…"

Wie uneins die „Kenia-Koalition“ derzeit ist, bringt Die Linke auf den Punkt. Der Parlamentarische Geschäftsführer Stefan Gebhardt (42) sagt: „Es reicht – regiert endlich.“ (mz)