1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Saalekreis
  6. >
  7. Zieht Gemeinderat die Reißleine?: Teutschenthals Skandal-Bürgermeister Ralf Wunschinski droht Abwahl

Zieht Gemeinderat die Reißleine? Teutschenthals Skandal-Bürgermeister Ralf Wunschinski droht Abwahl

Von Oliver Müller-Lorey 04.02.2019, 08:52
Ralf Wunschinski,  Bürgermeister der Gemeinde Teutschenthal
Ralf Wunschinski,  Bürgermeister der Gemeinde Teutschenthal Silvio Kison/Archiv

Halle (Saale) - Dem Bürgermeister der Gemeinde Teutschenthal, Ralf Wunschinski (CDU), droht nach zahlreichen umstrittenen Vorgängen in seiner Verwaltung ein Abwahlverfahren. Wie mehrere Fraktionsvorsitzende des Gemeinderates der MZ übereinstimmend bestätigen, wollen sie sich in den kommenden Tagen zusammensetzen, um über den Schritt zu diskutieren. Womöglich könnten die Teutschenthaler am Tag der Kommunalwahl am 26. Mai über die Absetzung ihres Bürgermeisters entscheiden.

Grund sind zum einen die Vorwürfe gegen Wunschinski, aus privaten Gründen in Verwaltungsabläufe eingegriffen zu haben, zum anderen die anstehenden Kommunalwahlen, bei denen die Parteien massive Stimmverluste fürchten, weil die Bürger ihnen Untätigkeit vorwerfen.

Vielfältige Vorwürfe: Hat Wunschinski Kündigung befreundeter Kita-Leiterin verhindert?

„Anfang der Woche wurde ich von anderen Vorsitzenden angesprochen, ein Treffen zu organisieren, weil wir die größte Fraktion sind“, sagt Tilo Eigendorf von der Fraktion der Unabhängigen Bürgervereinigung Teutschenthal (UBV). Die Gründe für die Entscheidung sind vielfältig.

So sieht sich Wunschinski seit Wochen dem Vorwurf ausgesetzt, er habe aus persönlicher Motivation verhindert, dass einer ihm vertrauten Kita-Leiterin gekündigt wird. Diese Leiterin zweier Kindertagesstätten soll, so Eltern in einem anonymen Brief an die MZ, kaum in den Einrichtungen gewesen sein. Wunschinski habe davon gewusst, weil er gemeinsam mit ihr in einer Gaststätte kellnere.

Gemeinde und Kita-Leiterin widersprechen den Vorwürfen

Die Gemeinde sah sich inzwischen gezwungen, auf ihrer Website Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen und sie zu dementieren. So sei der Kita-Leiterin nicht gekündigt worden. Die Verwaltung prüfe jedoch eine anonyme Beschwerde über die Arbeit der Frau, die eine Genehmigung der Gemeinde für eine Nebentätigkeit in einem eigenen Unternehmen habe.

Auch die Leiterin selbst erklärt gegenüber der MZ, während ihrer Arbeitszeit nicht in der Gaststätte gearbeitet zu haben und nicht gekündigt worden zu sein. Sie sehe sich Behauptungen, Lügen, Gerüchten und Hassreden ausgesetzt, die ihre eigene und die Existenz ihrer Kinder zerstöre.

Wunschinksi steht vor Abwahlverfahren: „Irgendwann reicht’s“

Dennoch sei dieser jüngste Vorfall der Tropfen, der das Fass nun zum Überlaufen gebracht habe, sagt der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Frank Leske. Damit schwindet für Wunschinski nun auch der Rückhalt seiner eigenen Partei. „So kann es nicht weitergehen. Es hört ja einfach nicht auf und irgendwann reicht’s“, begründet Leske die Überlegungen über eine Abwahl.

In der Vergangenheit war Wunschinski bereits mehrfach wegen seiner Amtsführung kritisiert worden, etwa wegen der Kündigung zweier Kita-Betreuungsplätze, der sogenannten Kamera-Affäre, bei der zwei Mitarbeiter fälschlicherweise bezichtigt wurden, Kollegen zu bespitzeln und wegen seiner Vergabe von einem 200.000 Euro teuren Auftrag an ein Planungsbüro für den Bau eines Kindergartens, vorbei am Gemeinderat.

Gemeinderat sieht auch eigenen Ruf wegen Wunschinski-Affären beschädigt

Die Fraktionsvorsitzenden treibt aber auch die Angst um, die Wähler könnten das Vertrauen in den Gemeinderat verlieren, weil er Wunschinski so lange gewähren ließ. Leske sieht dafür schon erste Anzeichen: „Im Internet kursieren Aufrufe, nicht die CDU und die UBV zu wählen. Der Ruf der Partei ist heruntergezogen worden“, sagt er.

Ähnlich äußerte sich auch Sabine Falke von der CDU-TSV-Fraktion. „Die Bürger fragen uns: Warum macht ihr nichts? Dabei sind wir selbst verärgert, dass sich die Sache mit der Kommunalaufsicht so lange hinzieht.“

Disziplinarverfahren bei der Kommunalaufsicht zieht sich hin

Die Kommunalaufsicht hatte im Spätsommer 2018 ein Disziplinarverfahren gegen Wunschinski aufgenommen, das noch immer nicht abgeschlossen ist. Einige Gemeinderäte vermuten, dass sich die beim CDU-geführten Landkreis ansässige Kommunalaufsicht scheut, den Christdemokraten Wunschinski zu bestrafen. „Ich will nicht unterstellen, dass der Eindruck entsteht, dass die Angelegenheit parteipolitisch bereinigt werden soll“, sagt dazu der Gemeinderatsvorsitzende, Günter Scholz, dem das Verfahren auch zu lange dauert. Von der Kommunalaufsicht heißt es, die Ermittlungen würden noch geführt.

Wunschinski ließ über seine Pressesprecherin verlauten, er wolle sich zu den Fragen der MZ derzeit nicht äußern. (mz)